Vattenfall sagt ab – Keine Informationen über neues Kraftwerk in Wedel

Heizkraftwerk Wedel: Wie kann es ersetzt werden? Bürger und Initiativen im Konflikt mit Vattenfall und der Stadt Hamburg. Foto: Dirk Seifert

Vattenfall hat heute überraschend eine Veranstaltung mit den Fraktionen in Wedel über den geplanten Neubau eines Kraftwerks platzen lassen. Das Wedel-Schulauer-Tageblatt hatte in seiner Ausgabe am 19.10. berichtet, dass ein “Informations-Treffen von Vertretern des Energie-Konzerns mit Wedels Ratsfraktionen, (das) für Montag, 22. Oktober, angesetzt sein soll”.

Für Empörung sorgte, dass dieses Treffen ausdrücklich unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden sollte. Während die BI gegen das MEGA-Kraftwerk protestierte und die Öffentlichkeitsbeteiligung einforderte, teilte Vattenfall gegenüber dem WST mit: “Man befinde sich im gesetzlich geregelten Genehmigungsverfahren mit strengen Vorgaben, weshalb dem Wunsch der BI nach detaillierten Antworten nicht entsprochen werden könne.”

Das muss man sich auf der Zunge (oder im Auge) zergehen lassen: Vattenfall verweigert im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens, in dem eine Öffentlichkeitsbeteiligung rechtlich vorgeschrieben ist, die Öffentlichkeit zu beteiligen. Unglaublich! Die Frage, was Vattenfall alles zu verbergen hat, wird immer größer. Schade, dass der Mitbetreiber, die Stadt Hamburg, bis heute zu dieser vollständigen Verweigerung von Vattenfall schweigt!

Heute hat Vattenfall dieses Treffen nun überraschend einfach abgesagt. Nach Informationen aus Kreisen der BI soll Vattenfall angeboten haben, den Fraktionen einzeln nach Terminabsprache für Informationsgespräche zur Verfügung zu stehen. Die Fraktionen könnten dann eigenständig entscheiden, die Sitzungen öffentlich zu machen.

Kurios eigentlich: Einerseits stellt Vattenfall fest, dass rechtliche Gründe es unmöglich machen, dass Vattenfall sich öffentlich zu weiteren Einzelheiten äußert. Andererseits dürfen die Fraktionen nun entscheiden, ob Vattenfall Rechtsbruch begehen soll oder nicht?

Das Unternehmen jedenfalls steht offenbar mächtig unter Druck: Insgesamt 1.600 Einwendungen gegen das von Vattenfall und der Stadt Hamburg geplante neue GuD-Kraftwerk sind im Rahmen der Frist bei der zuständigen Genehmigungsbehörde in Wedel eingegangen.

Und die Empörung wächst immer mehr: Denn sowohl Vattenfall als auch die mit 25,1 Prozent an der Fernwärme-Gesellschaft beteiligte Stadt Hamburg verweigern seit Monaten jeden Dialog mit den betroffenen Bürgern, erzählen offenkundige Halbwahrheiten und verweigern wichtige Informationen und Gutachten.

Für Empörung vor Ort sorgt konkret, dass das neue Kraftwerk fast mitten in ein reines Wohngebiet gebaut werden soll, mit erheblichen Konsequenzen während des Betriebs.  Anderseits wird kritisiert, dass das neue gasbetriebene Kraftwerk erheblich größer ausfallen soll, als das bisherige alte kohlebefeuerte Heizkraftwerk Wedel. Das aber sei zur Fernwärmeversorgung nicht erforderlich und auch für die Energiewende nicht. Deswegen fordern die örtliche Initiativen, aber auch zahlreiche Umweltorganisationen aus Hamburg ein Moratorium für das laufende Genehmigungsverfahren.

Konkrete Alternativen, wie eine angepasste Planung mit einem Maximum für die Fernwärmeversorgung und den Klimaschutz aussehen könnte, gibt es nicht. Hamburg und Vattenfall bezeichen – kommt einem irgendwie bekannt vor – das Kraftwerk als alternativlos.

Ein Streit könnte auch noch zwischen der SPD in Hamburg, Wedel und Schleswig-Holstein entstehen. Während die Hamburger SPD-Bürgerschaft mit ihren Beschlüssen für die jetzige Situation in Wedel sorgte, gehen die SPD-Politiker in SH und Wedel auf Distanz. Auf einer Veranstaltung der SPD in Wedel kritisierte der energiepolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Kieler Landtag, Olaf Schulze, die Pläne und das Vorgehen in Sachen Kraftwerk Wedel. Demnach teilt der SPD-Abgeordnete die Sorgen der Menschen in Wedel. Sinngemäß soll Schulze sich laut SPD-Wedel-Homepage so ausgedrückt haben:  “Ganz offensichtlich stehen diese Pläne im Widerspruch zu dem, was Schleswig-Holstein bisher an großen Erfolgen bei der Energiewende zu verzeichnen hat. Auch produziert ein Gas- und Dampfturbinen Kraftwerk dieser Größenordnung und bei Volllast große Mengen an klimaschädlichem CO2. Bei den Plänen Vattenfalls kann man davon ausgehen, dass die CO2 Belastung gegenüber dem alten Kohlemeiler sogar zunimmt.”

Außerdem hat Schulze versprochen, die Energiestaatssekretärin Ingrid Nestle einzuschalten und nach Wedel zurückzukommen, um einen Dialog mit Vattenfall einzuleiten.

Dadurch, dass das neue Kraftwerk erheblich größer sein wird, könnten trotz des Umstiegs von Kohle auf Gas am Ende im schlimmsten Fall sogar schlechtere Werte für die klimaschädlichen CO2-Emissionen dabei heraus kommen. Im WST sagte Kerstin Lueckow, Sprecherin der BI: “Jeder weiß, dass grundsätzlich Gaskraftwerke sauberer sind als Kohlekraftwerke. Nur hier steckt der Teufel im Detail. Vattenfall möchte doch bitte das unter Verschluss stehende Gutachten zur CO2-Belastung vorlegen.”

Das aber ist bislang weiter unter Verschluss. Stattdessen hat die Umweltbehörde ein “Hintergrundpapier” zu dieser Frage kürzlich unter dem vollmundigen Titel “Gutachten” veröffentlicht, in dem die Klimavorteile des neuen Kraftwerks dargestellt werden sollen. Doch dieses Papier basiert vor allem auf Annahmen und Unterstellungen, nicht aber auf konkreten Daten.

 

Dirk Seifert

2 Gedanken zu “Vattenfall sagt ab – Keine Informationen über neues Kraftwerk in Wedel

  1. Ein Gutachten , das von der FHH Ende 2011 in Auftrag gegeben worden war, kommt im Zusammenhang mit den CO2-Emissionen des geplantn GuD-Kraftwerks zu folgenden Ergebnissen:
    Das geplante GuD-Kraftwerk ist unter CO2-Gesichtspunkten die bestmögliche Erzeugungsalternative für die Hamburger Fernwärme.
    Gegenüber der bestehenden Energieproduktion des Altkraftwerks Wedel ergibt sich eine Reduzierung der gesamten CO2-Emissionen um rund 50 %.
    Der geplante Wärmespeicher führt zu einer verbesserten Integration von Strom aus Erneuerbaren Energien in das Gesamtsystem.
    Das geplante GuD-Kraftwerk ist hinsichtlich der CO2-Emissionen einer Lösung mit vielen kleinen KWK-Anlagen, die in das Netz einspeisen, vorzuziehen.
    Quelle: http://www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/3647902/2012-10-12-bsu-energiewende.html

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