AKW Brunsbüttel: Vom Rückbau und radioaktiven Problemen – Einwendungen werden erörtert

Atommülllagerung am AKW Brunsbüttel: Gericht hob die Genehmigung wegen fehlender oder falscher Sicherheitsnachweisen auf. Liegt die Verantwortung beim BMU? Foto: Dirk Seifert
AKW Brunsbüttel: Der Atommüll aus Beton, Stahl und Brennelementen soll umgepackt werden und für weitere Jahrzehnte in Zwischenlager-Hallen gestellt werden. Foto: Dirk Seifert

Vattenfall will das abgeschaltete AKW Brunsbüttel zurück bauen. Dazu braucht es eine umfassende Genehmigung, denn viele der Einrichtungen und Materialien in dem Atommeiler sind noch für Jahrtausende verstrahlt. Es braucht also hohe Sicherheitsstandards. Um die 900 Einwendungen sollen nun ab dem 6. Juli in Brunsbüttel erörtert werden. Der zuständige grüne Energieminister Robert Habeck will vor allem einen schnellen Abriss. Vattenfall – wirtschaftlich schwer angeschlagen – würde den gern preisgünstig haben. Örtliche Initiativen befürchten, dass der Abriss mit viel zu hohen Grenzwerten durchgewunken wird.

Kaum ein AKW hat mehr Probleme mit dem Atommüll als gerade Brunsbüttel. Der kommende Abriss macht diese nicht kleiner. Noch für viele Jahrzehnte wird der Atommüll in alten und neuen Zwischenlagern bleiben wo er ist: In Brunsbüttel.

Unterstützen und hinkommen: Der Erörterungstermin findet statt im Elbeforum Brunsbüttel, Von-Humboldt-Platz 5, 25541 Brunsbüttel, ab 6. Juli 2015, 9.30 Uhr

Verrostete Atommüllfässer und ein Castor-Lager für hochradioaktive Brennelemente, dem im Januar 2015 die Genehmigung entzogen wurde, werfen schon aktuell erhebliche Sicherheitsfragen über die Lagerung des Atommülls auf. Weil es weder für leicht- und mittelaktive Abfälle ein betriebsbereites Dauerlager gibt und für die hochradioaktiven Abfälle noch nicht mal einen irgendwie benannten Standort, ist klar: Der Abriss des Atommeilers wird bestenfalls eine Umpack-Aktion und mit dem Abbau entstehen vor allem neue Atommüll-Zwischenlager, die noch weitere Jahrzehnte in Betrieb bleiben und überwacht werden müssen.

MELUR-Eroerterung-Brunsbuettel2015Mit dem nebenstehenden Bildchen (klicken zum vergrößern) aus dem “Leitfaden” (PDF) macht das zuständige grün geführte Energieministerium in Kiel auf den Erörterungstermin in Brunsbüttel aufmerksam. Das könnte man gelinde gesagt als grobe Verharmlosung der bestehenden Probleme und Risiken bezeichnen. Allemal auch, weil schon in der Überschrift eigentlich deutlich wird, dass es auf lange Sicht keine “Grüne Wiese” in Brunsbüttel geben wird, sondern auf Jahrzehnte ein Zwischenlager für hochradioaktiven Atommüll und – einfach lesen – ein weiteres neues Lager für schwach- und mittelradioaktiven Atommüll, genannt LasmA. Es ist schon verwundernd, dass in dem grünen Habeck-Ministerium niemandem dieser verharmlosende Unsinn zwischen Bild und Text auffällt.

Über eines der brisantesten Probleme sprechen derzeit offenbar weder der Energieminister Habeck noch die Betreiber Vattenfall gern. Mit keinem Wort geht Habeck in der o.g. (und am Ende dieses Beitrags zitierten) Pressemeldung auf das Problem mit dem nicht mehr genehmigten Castor-Lager am AKW Brunsbüttel ein. Als eine der ersten Maßnahmen, bevor der eigentliche Rückbau losgehen kann, müssten die hochradioaktiven Brennelemente, die sich noch im AKW Brunsbüttel befinden, in Castoren verpackt und aus der Anlage geschafft werden. Da aber die Genehmigung für das Castor-Lager fehlt, ist derzeit unklar, wohin dieser Strahlenmüll eigentlich soll. Habeck hat das benachbarte Brokdorf ins Spiel gebracht, aber auch hier müsste – wenn Vattenfall diesen Weg gehen wollte – erst eine entsprechende Genehmigung beantragt werden.

Weder Vattenfall noch das Energieministerium liefern dazu klare Aussagen. Hinzukommt, dass noch Atommüll aus der Wiederaufarbeitung (WAA) von Deutschland zurückzunehmen ist. Nachdem Habeck für einen Teil der Castoren aus der WAA Sellafield das Lager in Brunsbüttel angeboten hatte, ist nach der Aufhebung der Genehmigung dort, von der Bundesregierung das Zwischenlager am noch in Betrieb befindlichen 20 km entfernten AKW Brokdorf ins Spiel gebracht worden. Sollte aber Vattenfall den Castor-Müll aus Brunsbüttel in Brokdorf unterbringen wollen, wäre das Lager in Brokdorf inkl. des dort bis 2021 noch produzierten Atommülls vermutlich zu klein.

Jenseits dieser Probleme zeigt sich mit Blick auf den kommenden Erörterungstermin in Brunsbüttel das ganze Desaster der Atommüll-Lagerung in bunter Farbenpracht. Weder bei der Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle, noch mit Blick auf die langfristige Lagerung ist irgendwas wirklich verlässlich und sicher geregelt.

Das zeigt sich auch in einem Bericht der SHZ über eine Veranstaltung von Vattenfall unter dem Titel „Klönschnack am Deich“. In der SHZ ist zu lesen: “Zwischenlager – aber ohne Erlaubnis” und: “Vattenfall erwartet Abbruchgenehmigung für stillgelegtes Kernkraftwerk Brunsbüttel bis Februar 2016 / Experte kritisiert Regierungskurs”. Der “Experte” ist der Geschäftsführer der GNS: “Ein Rückbau des Kernkraftwerks, so sagte der Entsorgungsexperte der Gesellschaft für Nuklearservice (GNS), Dr. Hannes Wimmer, sei allerdings nur sinnvoll, wenn es ein Endlager für hochradioaktive Stoffe gebe.”

Wimmer ist einer von denen, die damit immer noch den Salzstock in Gorleben meinen. Erst vor ein paar Wochen hatte dieser Wimmer auch am AKW Krümmel auf einer Vattenfall-Veranstaltung über Gorleben geschwärmt.

In Brunsbüttel ist er laut SHZ mit folgenden Äußerungen aufgefallen: “Wimmer erinnerte an das Atomgesetz, das vom Bund nicht im erforderlichen Maße umgesetzt werde. Darin sei festgeschrieben, dass der Kraftwerksbetreiber verpflichtet sei, die vom ihm erzeugten atomaren Abfälle schadlos zu entsorgen. Dem Bund sei dazu aber die Aufgabe übertragen worden, „die Anlagen zur Sicherstellung und zur Endlagerung der Atomabfälle einzurichten“. Dieser Verpflichtung sei der Bund bis heute nicht nachgekommen. Er sei immer noch auf der Suche nach einem geeigneten Standort. Dabei sei auch Gorleben noch nicht endgültig vom Tisch. Gorleben sei nicht aus technischen Gründen gescheitert, sondern wegen „der weitgehend nicht vorhandenen Akzeptanz in weiten Teilen der Bevölkerung“.

Wimmer weiter: „Einen Zick-Zack-Kurs der Politik können wir uns in der Endlagerung nicht mehr leisten.“ Es gehe nicht an, dass eine Bundesregierung etwas auf den Weg bringe, das dann von der Folgeregierung wieder gekippt werde. Dabei machten andere Länder wie die Schweiz, Finnland und Schweden vor, wie man es besser machen und längerfristig verbindlich planen könne.”

Ja, die Herren der Industrie haben es nicht leicht mit diesen Regierungen einerseits und dem dummen Volk andererseits, das einfach nicht die Akzeptanz beibringen will, wo die Wirtschaft doch das alles mit der Atomenergie und dem Müll so wunderbar im Griff und unter Kontrolle hat.

Wimmer geht von dem folgenden Szenario aus: “Der Redner ging davon aus, dass eine Standortentscheidung für ein Endlager frühestens 2031 getroffen werde, zehn weitere Jahre würden für die Genehmigungsverfahren ins Land gehen, ehe frühestens 2055 mit dem Bau begonnen werden könne. Die ersten Castoren könnten dann 40 Jahre später ins Endlager gebracht werden, so dass „der letzte Castor, wenn alles gut läuft, im Jahr 2100 unter der Erde verschwinden wird“. Wimmer weiter: „Solange wir kein Endlager haben, bleiben die Castoren hier!“ Er geht aber davon aus, dass schon in den nächsten sieben bis acht Jahren schwach- und mittelradioaktive Abfälle im Schacht Konrad bei Wolfenbüttel eingelagert werden können.”

Der Kraftwerksleiter Knut Frisch berichtete laut SHZ: “Frisch hatte eingangs auf zwei Transport-Bereitstellungshallen verwiesen, die für die Einlagerung von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen vorgehalten werden müssten. Dazu kündigte er für die Zeit vom 6. bis 8. Juli einen Erörterungstermin im Elbeforum Brunsbüttel an. Die ersten leeren Castoren für die Aufnahme der Abfälle würden in Kürze in Brunsbüttel angeliefert. Im Kernkraftwerk an der Unterelbe seien nach Aussage von Knut Frisch derzeit 370 Mitarbeiter beschäftigt – 250 bei Vattenfall und 120 bei der Werksfeuerwehr und im Wachdienst. 60 Mitarbeiter seien schon jetzt für die Vorbereitungen des Rückbaus tätig. Dabei könnten sie auf die Erfahrungen von zwei Fachleuten aus dem Kernkraftwerk Stade zurückgreifen, die jetzt in Brunsbüttel im Einsatz seien.”

Dokumentation: “Erörterungstermin Kernkraftwerk Brunsbüttel – Energiewendeminister Robert Habeck: “Das ist ein extrem wichtiger Schritt für den Rückbau”

Datum 22.06.2015

KIEL/BRUNSBÜTTEL. Der geplante Rückbau der Kernkraftwerks Brunsbüttel geht in die nächste Etappe: Vom 6. Juli an findet im Elbeforum Brunsbüttel der Erörterungstermin zu den Genehmigungsverfahren “Stilllegung und Abbau des Kernkraftwerks Brunsbüttel” sowie “Errichtung und Betrieb eines Lagers für schwach- und mittelradioaktive Abfälle (LasmA)” statt. Dabei werden Bedenken und Sorgen, die im schriftlichen Anhörungsverfahren geltend gemacht wurden, diskutiert.

Der Erörterungstermin ist der Höhepunkt der Öffentlichkeitsbeteiligung im förmlichen Verfahren und ein extrem wichtiger Schritt für den Rückbau“, sagte Energiewendeminister Robert Habeck heute (22. Juni 2015). “Um den Atomausstieg unumkehrbar zu machen, müssen wir das Kernkraftwerk zurückbauen. Das ist eine Mammutaufgabe, die auch Sorgen im Umfeld auslöst. Daher spielt die Beteiligung der Öffentlichkeit eine entscheidende Rolle.

Nähere Informationen zu dem Erörterungstermin enthält der “Leitfaden”, der auch zu finden ist unter:
http://www.schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung/V/_startseite/Artikel/150619_Eroerterungstermin_KKW_Brunsbuettel.html#

Der Leitfaden soll insbesondere Personen, die Einwendungen erhoben haben, zur Vorbereitung auf den Erörterungstermin dienen.

Hintergrund zum Rückbauverfahren:

Die Betreibergesellschaft des Kernkraftwerk Brunsbüttels hat Ende 2012 den Antrag auf Stilllegung und Abbau des Kernkraftwerks Brunsbüttel gestellt. Im weiteren Verlauf legte die Gesellschaft zahlreiche Unterlagen zu dem Genehmigungsantrag vor, u.a. einen Sicherheitsbericht, eine Untersuchung über die Umweltverträglichkeit und eine Kurzbeschreibung des Vorhabens. Die Betreibergesellschaft hat außerdem die Genehmigung einer Lagerhalle für schwach- und mittelradioaktive Abfälle (LasmA) beantragt.

Die schleswig-holsteinische atomrechtliche Genehmigungsbehörde, das MELUR, nahm die Antragsprüfung auf und schaltete Sachverständige ein. Nachdem das MELUR den Eindruck hatte, dass die Unterlagen das Vorhaben im Hinblick auf die Atomrechtliche Verfahrensverordnung ausreichend beschrieben, beteiligte die Behörde die Öffentlichkeit.
Im Anschluss reichten fast 900 Personen schriftliche Einwendungen gegen das Vorhaben ein. Diese Menschen können auf dem Erörterungstermin ihre Einwendungen mündlich näher erläutern. Das MELUR gibt der Betreibergesellschaft Gelegenheit zur Erwiderung und befragt ggf. auch Sachverständige zu den einzelnen Kritikpunkten. So soll bei der Genehmigungsbehörde ein Verständnis für die Einwendungen geschaffen werden, das ihr im Folgenden eine sachgerechte Prüfung ermöglicht. Über die Genehmigungsanträge wird voraussichtlich nicht vor 2017 entschieden werden.

Hinweis an die Medien
Beim Erörterungstermin handelt es sich gemäß der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung nicht um einen öffentlichen Termin. Die Personalien aller Teilnehmenden werden deshalb vor Beginn der Erörterung erfasst. Teilnahmeberechtigt sind zunächst – neben Angehörigen Energiewendeministeriums und weiterer für Teilbereiche zuständiger Behörden, der hinzugezogenen Sachverständigenorganisationen und der Betreibergesellschaft als Antragstellerin – nur diejenigen Personen, die fristgerecht Einwendungen erhoben haben. Der Verhandlungsleiter kann aber im Einzelfall weiteren Personen die Teilnahme gestatten, soweit dies den ordnungsgemäßen Ablauf nicht stört. Das kommt etwa bei Vertretern der Medien in Betracht. Soweit Medienvertreter sich im Vorfeld bei der Pressestelle des MELUR anmelden, erleichtert das diesen einen vereinfachten Zugang.

Verantwortlich für diesen Pressetext:

Nicola Kabel | Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume | Mercatorstr. 3, 24106 Kiel | Telefon | Telefax 0431 988-7137 | E-Mail: pressestelle@melur.landsh.de

 

Dirk Seifert

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