Hochradioaktive Endlagerung: Bundestags-Anhörung über Anforderungen an die Sicherheit

Hochradioaktive Endlagerung: Bundestags-Anhörung über Anforderungen an die Sicherheit

Eher unbemerkt von der Öffentlichkeit hat der Umweltausschuss im Deutschen Bundestag am 29. Juni eine Anhörung zu den Verordnungen über die Sicherheitsanforderungen für die Endlagerung hochradioaktiver Atomabfälle durchgeführt. Der Deutsche Bundestag informiert über die zweistündige Sitzung per Video und mit einem Bericht über die wesentlichen Aussagen der Sachverständigen. Bis Anfang September hat der Bundestag nach dem Standortauswahlgesetz Zeit, Änderungen an der Vorlage der Bundesregierung zu verlangen. Über das Thema informiert auch der Endlagerdialog.de. Das Nationale Begleitgremium informiert hier. Eine vorherige Anhörung für die allgemeine Öffentlichkeit haben Bürgerinitiativen und der BUND im September letzten Jahres aus Protest gegen das Vorgehen des Bundesumweltministeriums abgebrochen. Das Ministerium verlängerte daraufhin die Einwendungsfrist.

Siehe auch:

Weitere Informationen: Stellungnahmen und Vorträge der geladenen Sachverständigen

Dokumentation des Berichts des Deutschen Bundestages:

Die von der Bundesregierung vorgesehenen nächsten Verfahrensschritte bei der Endlagersuche sind bei Experten trotz mancher Kritik im Detail überwiegend auf Zustimmung gestoßen. Dies wurde am Montag, 29. Juni 2020, bei einer öffentlichen Video-Anhörung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit unter Leitung von Sylvia Kotting-Uhl (Bündnis 90/Die Grünen) deutlich.

Es ging dabei um die Sicherheitsanforderungen und vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen im Zusammenhang mit der Endlagerung hochradioaktiver Abfälle. Konkret waren zwei Verordnungen der Bundesregierung dazu im Zusammenhang mit dem Standortauswahlgesetz (StandAG) angesprochen, die als Artikel 1 und 2 die „Verordnung über Sicherheitsanforderungen und vorläufige Sicherheitsuntersuchungen für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle“ der Bundesregierung bilden (19/19291).

Verordnungen der Bundesregierung

In den Verordnungen der Bundesregierung geht es darum, die sicherheitstechnischen Anforderungen an ein Endlager zu konkretisieren, das der Bund einrichten muss. Sie regeln die Durchführung von vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen im Standortauswahlgesetz.

Seit 2017 läuft das Standortauswahlverfahren für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle. Der Ablauf des Verfahrens wird dabei durch das StandAG geregelt: In drei aufeinanderfolgenden Phasen werden die Gebiete, die als möglicher Standort für ein Endlager infrage kommen, untersucht und die Auswahl weiter eingegrenzt. Eine wichtige Entscheidungsgrundlage im Auswahlverfahren sind vorläufige Sicherheitsuntersuchungen. In diesen wird in jeder der Phasen geprüft, ob ein mögliches Endlager in den untersuchten Gebieten die Sicherheitsanforderungen einhalten würde.

Diese Sicherheitsuntersuchungen fänden im Anschluss an den Zwischenbericht der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) statt, der für das dritte Quartal 2020 angekündigt sei, schreibt die Bundesregierung weiter. Haushaltsausgaben seien durch die Verordnung für Bund, Länder und Kommunen nicht zu erwarten.

„Entwürfe stehen im Einklang mit dem StandAG“

Für Jörg Mönig von der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) stehen die Verordnungsentwürfe im Einklang mit dem StandAG. Sie seien im Standortauswahlverfahren anwendbar. Bestimmte Wirtsgesteine würden nicht gegenüber anderen benachteiligt. Die Vorgehensweise sei zur Bewertung des Einschlusses der radioaktiven Abfälle angemessen. So seien die Dosiswerte als Indikatoren für den sicheren Einschluss angemessen und im internationalen Vergleich sehr niedrig.

Laut Rechtsanwalt Dr. Olaf Däuper enthält der Referentenentwurf eine Reihe unbestimmter Rechtsbegriffe. Die Normgestaltung halte er dennoch für zulässig und größtenteils sogar notwendig. Die verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe hielten sich sowohl hinsichtlich ihrer Anzahl als auch ihrer jeweiligen Bedeutung in einem vertretbaren Rahmen. Da sie einer objektiven Auslegung zugänglich seien, lasse sich ihr Inhalt im Einzelfall jedenfalls auf dem Rechtsweg letztgültig bestimmen. Somit bleibe ein transparentes Verfahren gewährleistet.

„Eine Million Jahre Überlebensdauer“

Der Diplom-Physiker Jan-Christian Lewitz setzte sich dafür ein, dass alle hochtoxischen Abfälle, die endgelagert werden, gleich zu behandeln seien – egal, ob es sich um chemotoxische oder radiotoxische Stoffe handle. Die getrennte Betrachtung sei nicht systematisch. Er setzte sich für einen wirklich einheitlichen Ansatz für alle Enddeponien ein.

Prof. Dr. Klaus-Jürgen Röhlig von der Technischen Universität Clausthal machte klar, dass es ein zentrales Ziel der Verordnung sei, Anforderungen zu formulieren, die ein Endlager zu erfüllen hat – unabhängig davon, in welchem Wirtsgestein es errichtet wird. Bei Auswahlverfahren im Rahmen von vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen sei mithin unter anderem zu ermitteln, welches Einschlussvermögen die Endlager an den zur Wahl stehenden Regionen oder Standorten hätten und wie integer und robust die jeweiligen Barrierensysteme wären. Teile des Systems sollten schließlich eine Million Jahre überleben.

Die Beteiligung der Öffentlichkeit

Für Dr. Michael Mehnert von der Plattform endlagerdialog.de sind die Verordnungen in der vorgelegten Fassung für die repräsentativen vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen weitgehend akzeptabel. Die Gültigkeitsdauer sei indes zu begrenzen. Die Verordnungen müssten spätestens mit der Entscheidung über die Standortregionen zur übertägigen Erkundung novelliert werden. Laut StandAG müssten Verordnungen spätestens alle zehn Jahre überprüft werden. Die Novellen seien, wohl ab 2024, entsprechend den Empfehlungen der Endlagerkommission unter Beteiligung der Länder und der Öffentlichkeit zu erarbeiten.

Prof. Dr. Armin Grunwald vom Nationalen Begleitgremium (NBG) setzte sich dafür ein, dass in zukünftigen Verfahren die umfassende Beteiligung der interessierten Öffentlichkeit eine zentrale Rolle einnehmen sollte. Dazu gehöre insbesondere die Wahrung angemessener Fristen, damit die Personen, die nicht am Verfahren beteiligt und somit nicht mit Fach- und Hintergrundwissen ausgestattet seien, genügend Zeit zur Einarbeitung bekämen. Dem Verfahren solle gesamtgesellschaftlich Vertrauen entgegengebracht werden. (fla/lbr/29.06.2020)

Liste der Sachverständigen

  • Steffen Kanitz, Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH (BGE)
  • Jörg Mönig, Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS)
  • Dr. Olaf Däuper, Rechtsanwalt
  • Jan-Christian Lewitz, Diplom-Physiker
  • Prof. Dr. Klaus-Jürgen Röhlig, Technische Universität Clausthal, Institut für Endlagerforschung
  • Dr. Michael Mehnert, endlagerdialog.de
  • Prof. Dr. Armin Grunwald, Nationales Begleitgremium (NBG)

Dirk Seifert