Hochradioaktive Endlagersuche und Teilgebiete: Das Verfahren in der Phase 1 – Abflauf – Mängel – Infoangebote

Rund 60 Jahre nach dem Beginn der Atomstromproduktion gibt es immer noch kein dauerhaftes (unterirdisches) Lager für die dabei entstandenen radioaktiven Abfälle. Willkürlich hatten Bundesregierung und Atomwirtschaft jahrzehntelang den Salzstock Gorleben „erkundet“. Jetzt soll im Rahmen eines angeblichen Neustarts erstmals in einem partizipativen, wissenschaftsbasierten, transparenten, selbsthinterfragenden, lernenden und vergleichenden Verfahren (§1 StandAG) ein Ort mit der bestmöglichen Sicherheit gefunden werden. Für DIE LINKE ist klar, dass es einen solchen Ort braucht. Die weitere oberirdische Zwischenlagerung der hochradioaktiven Abfälle muss beendet werden. Klar ist jetzt: Gorleben ist mit dem Salzstock nicht länger im Verfahren. Das begrüßt die LINKE ausdrücklich. (Pressemitteilung: Atommüll-Endlager-Suche: Gorleben endlich raus) Doch weiterhin bestehen deutliche Mängel, sei es bei der Transparenz der entscheidungsrelevanten Daten – sei es bei den Mitwirkungsmöglichkeiten für die Bürger*innen und Bürger. Für Betroffene und Interessierte geben wir im Folgenden einen Überblick über das Auswahlverfahren, die rechtliche Situation sowie über Mängel und Probleme und verweisen auf geeignetes Infomaterial.

Mit dem Atomausstieg nach der Fukushima-Katastrophe und angesichts der massiven Proteste gegen die Castor-Transporte nach Gorleben ist ein neuer Anlauf gestartet worden, um einen geeigneten Standort für die „Endlagerung“ der hochradioaktiven Strahlenabfälle zu finden. Nach einer ersten Beschlussfassung eines entsprechenden Gesetzes 2013 hatte eine von Bundesrat und Bundestag eingesetzte Endlager-Kommission mit gesellschaftlichen Vertretern von 2014 – 2016 eine Überprüfung durchgeführt und Vorschläge zum Standortauswahlgesetz entwickelt.

Obwohl immer wieder gefordert und im Sinne einer ernsthaften Öffentlichkeitsbeteiligung unverzichtbar, hat es weder im Vorfeld noch durch die Kommission ernsthafte Versuche gegeben, z.B. mit der Anti-Atom-Bewegung und ihren zahlreichen Initiativen und Verbänden zu einer gemeinsamen Arbeit zu kommen.

Die LINKE und der Umweltverband BUND stimmten dem Abschluss-Bericht der Endlager-Kommission nicht zu und legten Sondervoten vor. Der Abschlussbericht (Drs. 18/9100 (PDF)) wurde nach weiteren Beratungen im Bundestag schließlich zur Novellierung des Standortauswahlgesetzes im Sommer 2017 herangezogen.

Strukturen und Verantwortlichkeiten bei der Endlagersuche

Mit dem Standortauswahlgesetz (StandAG) sowie dem Gesetz zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung sind die Zuständigkeiten grundlegend neu geordnet worden. „Aufsichts- und Genehmigungsbehörde“ ist das zum Geschäftsbereich des Bundesumweltministeriums (BMU) gehörende „Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung“ (BaSE). Dieses Bundesamt ist im Rahmen des Suchverfahrens laut StandAG auch für die Öffentlichkeitsbeteiligung zuständig.

Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) ist als GmbH der Operateur und zuständig für die praktische Durchführung des Suchverfahrens. Außerdem gibt es die neue staatliche Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung mbH (BGZ), die für die „Sicherstellung der zuverlässigen und sicheren Zwischenlagerung“ verantwortlich ist.

Der Zwischenbericht Teilgebiete und die Konferenz

Im Rahmen des von der LINKEN kritisierten StandAG legt die BGE jetzt (28. September 2020) einen „Zwischenbericht Teilgebiete“ vor, in dem möglicherweise geeignete Regionen in der gesamten Bundesrepublik benannt werden. Diese Auswahl erfolgt für Regionen, in denen Granit, Salz oder Ton als Wirtsgestein vorkommen. Dabei werden geologische Daten (siehe unten) und festgelegte Kriterien (siehe unten) von der BGE angewandt.

Die Öffentlichkeit kann im Rahmen der „Teilgebiets-Konferenz“ diesen Bericht prüfen und eine Stellungnahme abgeben. Dafür kann sie laut Gesetz innerhalb von sechs Monaten drei Tagungen durchführen. Vier Wochen später muss eine Stellungnahme vorliegen. Diese ist jedoch von den Behörden nur zu „berücksichtigen“ (§9 StandAG). Eine rechtsverbindliche Wirkung hat die Stellungnahme nicht (mehr siehe unten).

Auftakt in Kassel oder per Video

BaSE hat auf seiner Homepage den folgenden Ablaufplan für die erste Veranstaltung nach der Veröffentlichung des Teilgebiete-Berichts vorgelegt, hier als PDF. Die Veranstaltung findet in Kassel am 17./18. Oktober statt. Allerdings sind lediglich maximal 200 Teilnehmende aufgrund der Corona-Pandemie zugelassen.

Dabei wird unterteilt, zu welcher Öffentlichkeit die Interessierten gehören, also ob kommunale Vertretung, Wissenschaft, Verband oder Bürger*in. Jeweils 50 Personen werden im Losverfahren ermittelt. Eine vorherige Anmeldung ist erforderlich! Alle nötigen Informationen sind hier bei BaSE zu finden.

Trotz der enormen Tragweite und der Fehler in Gorleben hat BaSE alle Forderungen abgelehnt, diese Veranstaltung (auch wegen der Corona-Krise) zu verschieben, um mehr reale Beteiligung zu ermöglichen. Das BaSE ist der Auffassung, dass eine „Beteiligung“ über Video eine Chance sein könnte.

Weitere Veranstaltungen der Teilgebietekonferenz folgen laut dem gewünschten Fahrplan von BaSE im Februar, April und Juni 2021. BaSE betreibt diese Infoplattform zur Endlagersuche. Zur Teilgebietekonferenz wird laut StandAG bei BaSE eine Geschäftsstelle eingerichtet. Deren Aufgaben wie auch der gesamte Ablauf der Teilgebietekonferenz müssen von den zu Beteiligenden – also der Öffentlichkeit – festgelegt werden. BaSE will deshalb in Kassel eine Geschäftsordnung als ENTWURF und Vorschlag präsentieren.

  • Kritische Informationen zu den Risiken der Atommülllagerung und des Suchverfahrens: Viele Organisationen kritisieren die nicht nur mangelnde Transparenz und Öffentlichkeitsbeteiligung der jetzt bevorstehenden ersten Phase der neuen Endlagersuche. Der Umweltverband BUND hat hier eine informative Übersicht zur Endlagersuche zusammengestellt. Dort finden sich auch Informationsbroschüren als PDF und zum Bestellen. Die Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt bietet hier Informationen zur Endlagersuche. Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow Dannenberg bietet unter diesem Link Stellungnahmen und Hintergründe. Das Fachportal „Atommüllreport liefert umfassende Informationen und Berichte über das gesamte Atommüllproblem, nicht nur mit Blick auf die hochradioaktiven Abfälle, sondern auch über die Gefahren bei der Lagerung des leicht- und mittelradioaktiven Atommülls. Äußerst informativ und sachkundig ist auch der Blog www.endlagerdialog.de von Dr. Michael Mehnert.

Das Nationale Begleitgremium als Kontroll- und Überwachungsinstanz

Mit dem StandAG (siehe §8) ist das Nationale Begleitgremium entstanden. Das NBG hat u.a. die Aufgabe, die korrekte Umsetzung des Gesetzes zu überwachen und im Falle von Konflikten zu vermitteln. Das NBG ist aus unabhängigen Personen zusammengesetzt, je zur Hälfte aus „Persönlichkeiten“ und per Auswahlverfahren ermittelten Bürger*innen. Dort ist auch der sogenannte Partizipationsbeauftragte angesiedelt. Das NBG hatte angesichts erheblicher Mängel in der Vorbereitung der Teilgebiete-Konferenz bereits im April eine Verschiebung gefordert.

Probleme in der Phase 1 der Endlagersuche: Zwischenbericht und Konferenz Teilgebiete

Hubertus Zdebel und die Fraktion DIE LINKE hatten bereits bei der Erarbeitung und Beschlussfassung des StandAG auf die Mängel der Phase 1 hingewiesen. (Siehe Sondervotum)

Problem 1: Mangelnde Partizipation – kein Rechtsschutz

Für die Auswahl bzw. Benennung möglicherweise geeigneter Standortregionen im „Zwischenbericht Teilgebiete“ werden nach Kapitel 3 StandAG Kriterien und Anforderungen angewandt. Hier geht es um Ausschlusskriterien, um Mindestanforderungen und so weiter. Wie diese gesetzlichen Vorgaben konkret erfolgen, hat die BGE in den letzten Monaten auf ihrer Homepage veröffentlicht. Diese müssen und können im Rahmen der Teilgebietekonferenz kritisch diskutiert werden.

Die Teilgebietekonferenz soll den Zwischenbericht Teilgebiete prüfen. Dafür kann sie innerhalb von sechs Monaten dreimal zusammentreten und nach weiteren vier Wochen eine Stellungnahme abgeben. Danach löst sich dieses Gremium auf. Eine weitere Beteiligung der Öffentlichkeit ist in der Phase 1, die mit der Festlegung der oberirdisch weiter zu untersuchenden Regionen per Bundestagsbeschluss beendet wird, nicht vorgesehen. Nicht nur die LINKE hat diese „verkürzte“ Bürgerbeteiligung kritisiert (siehe BUND).

Denn: Während die Teilgebietekonferenz nach den derzeitigen Plänen etwa im Juni 2021 mit der Abgabe einer (oder mehrerer rechtlich unverbindlicher) Stellungnahmen aufgelöst wird, geht das eigentliche Verfahren erst jetzt los:

Bei der eigentlichen „Ermittlung von Standortregionen für übertägige Erkundung“ (§14, siehe insgesamt Kapitel 2 Ablauf des Standortauswahlverfahrens) sind die Bürger*innen nicht weiter beteiligt. U.a. wegen dieser mangelhaften Bürgerbeteiligung hat die Bundestagsfraktion DIE LINKE dem Gesetz nicht zugestimmt! Am Ende dieser ersten Phase wird ein Beschluss des Bundestages festlegen, welche Regionen zunächst oberirdisch weiter untersucht werden sollen. Eine rechtliche Prüfung ist in dieser Phase nach dem StandAG – gegen die Forderungen von Linken und BUND in der Kommission – nicht vorgesehen.

Nach der Teilgebietekonferenz – deren Stellungnahme nur zu berücksichtigen ist und rechtlich keinerlei Bindungswirkung entfaltet – werden von der BGE aber auch die „Verordnungen über Sicherheitsanforderungen und vorläufige Sicherheitsuntersuchungen für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle“ angewandt.

Wichtig ist: Nach der Vorlage des Zwischenberichts Teilgebiete arbeitet die BGE weiter, um schließlich einen Vorschlag für die oberirdisch weiter zu untersuchenden Standortregionen zu ermitteln.

Problem 2: Mangelnde Transparenz – Problem Geodaten

In der Endlagerkommission und im StandAG wird Transparenz angeblich großgeschrieben. Alle Daten, die für Entscheidungen im Auswahlverfahren herangezogen werden, sollen als Lehre aus Gorleben von den Bürger*innen überprüft werden können. Dieser richtige Ansatz wird aber schon im ersten Schritt des Verfahrens nicht eingehalten bzw. deutlich unterlaufen: Denn einen Teil der geologischen Daten, die jetzt von der BGE für den Zwischenbericht Teilgebiete genutzt werden, können nicht veröffentlicht werden. Mit dem viel zu spät vorgelegten und dann in aller Eile verabschiedeten Geologie-Daten-Gesetz (PDF) werden die Rechte Dritter, z.B. der Öl- und Gasindustrie, höher bewertet als die Interessen der Bürger*innen an offenen Daten. Eine direkte Prüfung ist damit für die Öffentlichkeit nicht möglich (in einem komplexen Verfahren sollen Vertrauenspersonen für das NBG eine Prüfung durchführen können).

Problem 3: Augenhöhe – Fehlende Hilfestellung und fachliche Unterstützung

Transparenz, Partizipation, lernendes Verfahren. Das StandAG hat hohe Ziele formuliert. Damit die Öffentlichkeit –  worunter die betroffenen Kommunen und die Politik, Wissenschaftskreise, Verbände (nicht nur Umweltverbände) und schließlich auch die (betroffenen) Bürger*innen zählen –  aber in der Lage ist, in einem so komplexen Verfahren auch auf Augenhöhe mitzuarbeiten, braucht es (in unterschiedlichem Maße) Unterstützung.

Dazu gehört z.B. genügend Zeit – vor allem für Bürger*innen, die sich in ihrer Freizeit engagieren. Dies ist ein besonderes Problem – nicht nur, aber auch wegen der Corona-Pandemie.

Zum einen braucht es schlicht Zeit (und erhebliche Fachkunde), um den Teilgebiete-Zwischenbericht mit vielen hundert Seiten und Anhängen zu studieren – und z.B. in der Region mit anderen Betroffenen/Beteiligten zu diskutieren. Dieser Prozess sollte vor dem Beginn der Teilgebiete-Konferenz ermöglicht werden.

Auf der Teilgebietekonferenz werden eine Vielzahl unterschiedlicher Akteure der Öffentlichkeit zusammenkommen, die unterschiedlich an dem Verfahren teilnehmen. Kommunale Vertreter*innen haben andere Möglichkeiten, aber auch Verantwortung bzw. Aufgaben, als z.B. Bürger*innen oder Wissenschaftler*innen. Da die Teilgebietekonferenz gesetzlich in ihrer Zeitdauer begrenzt ist, müssen im Vorfeld Möglichkeiten geschaffen werden, sich auf den Bericht und den Ablauf der Konferenz mit den unterschiedlichen Akteuren zu verständigen. Versuche, dies in der Diskussion mit der für die Öffentlichkeitsbeteiligung zuständigen BaSE in einer Arbeitsgruppe herzustellen, sind laut Auskunft des BUND, aber auch nach Mitteilungen des NBG, nicht sonderlich konstruktiv verlaufen.

Ebenso gehört zur „Augenhöhe“ und Befähigung der Öffentlichkeit dazu,  Reise- und Hotelkosten erstattet zu bekommen, um an bundesweiten Tagungen und Veranstaltungen im Rahmen des gesetzlichen Verfahrens teilnehmen zu können. Erst als Ergebnis langer Diskussionen hat BaSE inzwischen erklärt, dass eine solche Kostenübernahme für die Teilnahme an den Konferenzen ermöglicht wird.

Gravierender aber sind natürlich auch inhaltliche und fachliche Möglichkeiten. Denn: Damit die Bürger*innen und andere Beteiligte die Möglichkeit bekommen, Experten zu verschiedenen Themen hinzuzuziehen, braucht es auch finanzielle Unterstützung. Dafür müssen – in einem geregelten Verfahren – aus Sicht der LINKEN die staatlichen Stellen auch finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. Nur so kann es gelingen, die Bürger*innen auf Augenhöhe zu beteiligen.

Problem 4: Corona-Einschränkungen

Schon ohne Corona hatte die Vorbereitung für die Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der Teilgebietekonferenz erhebliche Mängel, die dazu führten, dass verschiedene Akteure, darunter das Nationale Begleitgremium, eine Verschiebung der Veröffentlichung des Teilgebiete-Zwischenberichts und damit der nachfolgenden Konferenz auf Anfang 2021 gefordert hatten.

Durch Corona werden die Möglichkeiten für die Öffentlichkeit zur Beteiligung nun zusätzlich erheblich eingeschränkt. Das ist im Grunde mit den hohen Anforderungen an Partizipation, wie sie im StandAG formuliert sind und wie sie als Konsequenz aus den Fehlern von Gorleben umgesetzt werden sollten, nicht angemessen.

Angesichts der Bedeutung und der Betroffenheiten, wenn es um die Frage eines Standortes für die dauerhafte Lagerung von hochradioaktivem Atommüll geht, ist eine Verlagerung der Veranstaltungen von Präsent- zu Onlineveranstaltungen keine Grundlage. Die massive Einschränkung, zur Veranstaltung in Kassel Mitte Oktober lediglich 200 Menschen insgesamt zuzulassen und deren Teilnahme per Losverfahren zu ermitteln, wird der Thematik in keiner Weise gerecht und gefährdet schon zu Beginn das gesamte Verfahren. Bei allem Verständnis, dass es angesichts der Corona-Pandemie veränderte Umgangsformen braucht und diese möglicherweise auch entwickelt werden können: Auch für staatliche Träger des Suchverfahrens wäre eine Verschiebung sinnvoll, um mit gesellschaftlichen Akteuren gemeinsam eine neue und angemessene Form für Beteiligung zu erarbeiten.

Weitere Hintergründe und Good to know:

Unrealistischer Zeitplan

Der Zeitplan für das Endlagersuchverfahren sieht vor, dass eine Benennung des Standorts im Jahr 2031 (StandAG, §1(5)) „angestrebt“ wird. Eine Inbetriebnahme sollte dann etwa Anfang der 2050er Jahre erfolgen. Das wird von vielen Experten für unrealistisch gehalten. Auch die Endlager-Kommission hatte sich mit der Thematik befasst. In Expertenkreisen wird davon ausgegangen, dass frühestens ab 2080 mit einer Inbetriebnahme des Endlagers zu rechnen sein dürfte. Trotzdem waren CDU/CSU, SPD und Grüne nicht bereit, entsprechende Änderungen ins Standortauswahlgesetz aufzunehmen.

Problem verlängerter oberirdischer Zwischenlagerung hochradioaktiver Abfälle

Selbst wenn die im StandAG anvisierte Festlegung klappen sollte: In jedem Fall müssen die Genehmigungen für die bestehenden Zwischenlager für hochradioaktive Atomabfälle verlängert bzw. erneuert werden. Bereits Mitte der 2030er Jahre laufen die Genehmigungen für die Zwischenlager in Gorleben und Ahaus aus, Mitte der 2040er Jahre dann diejenigen der sogenannten Standortzwischenlager, die an fast jedem Atomkraftwerk ca. Mitte der 2000er Jahre genehmigt und gebaut wurden. Diese Zwischenlager und auch die (Castor-)Behälter, in denen das hochradioaktive Material eingelagert ist, sind aber nur für insgesamt 40 Jahre genehmigt.

Ob die Gebäude, die Behälter und das Inventar auch deutlich längeren Zwischenlagerzeiten standhalten, muss erst noch geprüft werden. Doch schon jetzt wachsen die Risiken bei der Zwischenlagerung dieser Abfälle. Das sorgt – auch angesichts wachsender Terror-Risiken bei der Zwischenlagerung – für erhebliche Unsicherheit an den betroffenen Standorten quer durch die Republik.

Statt diese Probleme konzeptionell anzugehen, findet seit Jahren ein Durchwursteln von Übergangslösung zu Übergangslösung statt, gepaart mit haltlosen Versprechungen gegenüber der örtlichen Bevölkerung. Das ist völlig inakzeptabel und muss aufhören.

Gleiches gilt für den Schacht Konrad in Salzgitter, der 2002 als Atommüllendlager für schwach- und mittelradioaktiven, nicht Wärme entwickelnden Atommüll genehmigt wurde. Der Protest dagegen besteht bis heute fort. Der Ausbau und die Inbetriebnahme von Schacht Konrad haben sich immer wieder verzögert und verteuert. Derzeit ist von 2027 die Rede.

Konzerne werden aus der Atommüll-Haftung entlassen

Einige Monate vorher, im Dezember 2016, war die Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung neu geordnet worden. Jahrzehntelang galt: die Atomkonzerne, die mit der Atomenergie Milliardengewinne gemacht haben, tragen als Verursacher die Kosten für die Atommülllagerung. Stattdessen sind sie seit 2017 dauerhaft von den Kostenrisiken der Atommülllagerung per Gesetz befreit. Die Kostenrisiken tragen jetzt die Steuerzahler*innen. Ein absoluter Skandal. Dies wurde 2016 mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und Grünen beschlossen. Eine geringe Einmalzahlung von rund 24,1 Milliarden Euro haben E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW an einen staatlichen Fonds überwiesen. Ich nenne ihn den Atommüllfinanzfonds, über den die Kosten für die Zwischen- und Endlagerung gedeckt werden sollen. Nicht einmal eine Nachschusspflicht für die absehbar nicht ausreichenden Mittel  wurde festgelegt. Vor diesem Hintergrund ist zu befürchten, dass die Sicherheit beim Umgang mit dem Atommüll weiterhin auch stark von Kostenfragen belastet sein wird und das Risiko, Billiglösungen zu bevorzugen, bestehen bleibt.

 Bayern erklärt sich als nicht geeignet

Die Bayerische Landesregierung hat vorsorglich in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen: „Wir sind überzeugt, dass Bayern kein geeigneter Standort für ein Atomendlager ist.“ Und das vor dem Hintergrund, dass kein anderes Bundesland so viel Atomstrom – und damit auch Atommüll – produziert hat. Damit konterkarieren CSU und Freie Wähler nicht nur den vorherigen Beschluss und die mühsam erreichte Einigung von Bund und Ländern. Auch das macht deutlich, vor welchen Herausforderungen wir stehen.

Gorleben ist raus aus dem Verfahren: Unsere Kritik an der bisherigen Sonderrolle von Gorleben: Politisch verbrannt – geologisch ungeeignet

Seit der Vorlage des Zwischenberichts Teilgebiete durch die BGE ist Gorleben mit seinem Salzstock nicht länger als Standort für ein Atomendlager im Verfahren. Das ist eine richtige und wichtige Entscheidung, die auf geologische Daten gestützt ist.

Der „Neustart“ bei der Endlagersuche war höchst umstritten, unter anderem, weil der Standort Gorleben trotz aller negativen geologischen Befunde weiterhin im Verfahren geblieben ist. Bis heute sind dort bereits rund 1,9 Mrd. Euro „verbaut“ worden. Für viele – auch für die Linksfraktion – ist Gorleben als Standort geologisch ungeeignet und aufgrund seiner Geschichte politisch verbrannt. Gorleben belastete damit weiterhin das Verfahren. Als einziger Standort war/ist Gorleben im Standortauswahlgesetz namentlich genannt (§36 Salzstock Gorleben).

 

Dse4Zdebel

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