Atommüll verstaatlicht: Gesetzentwurf zur Aufhebung der Verursacherhaftung auf dem Weg

Die Verstaatlichung der Atommüll-Lagerung und der damit verbundenen Kostenrisiken zum Vorteil der Atomkonzerne ist auf dem Weg. Heute wurden die entsprechenden Gesetzentwürfe gemeinsam von CDU/CSU, SPD und GRÜNEN offiziell in den Bundestag einbracht, bereits am Freitag folgt die dazu erforderliche Anhörung. In einem unverantwortlichen Tempo soll das Gesetzespaket jetzt durch den Bundestag gepeitscht und bereits am 15. Dezember verabschiedet werden. Hubertus Zdebel, Sprecher für Atomausstieg der Fraktion DIE LINKE machte in seiner Rede klar: „Mit uns ist eine Verlagerung der Kosten für den Atommüll auf die Bürgerinnen und Bürger nicht zu machen.“

Die Gesamte Debatte ist auf der Homepage des Bundestags hier online.

Die Rede Hubertus Zdebel (DIE LINKE) im Wortlaut

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Wenn die Atomkonzerne Eon, Vattenfall, RWE und EnBW ein Problem haben, springt nicht nur die Bundesregierung, sondern dieses Mal sogar fast das gesamte Parlament. Was unter dem verharmlosenden Titel einer Neuordnung der Atommüllentsorgung beschlossen werden soll, hat offensichtlich nur einen Grund: Den Atomkonzernen soll ein richtig großes, fettes Weihnachtsgeschenk unter den Tannenbaum gelegt werden.

(Hubertus Heil (Peine) (SPD): Das ist AfD-Niveau! – Weiterer Zuruf von der SPD: So ein Quatsch!)

Die Verantwortung für den Rückbau der Atommeiler soll zwar bei den Konzernen bleiben; aber gegen eine Einmalzahlung von etwas über 23 Milliarden Euro – mein Vorredner hat darauf hingewiesen – sollen die Atombarone von sämtlicher Verantwortung für ihren Atommüll befreit werden. Sie hatten die Gewinne; für die Bürger bleiben die Atommüllberge und die Kosten.

Seit vorgestern liegt der Gesetzentwurf von CDU/CSU, SPD und Grünen vor. Heute findet die erste Lesung dieses äußerst komplexen Artikelgesetzes im Plenum statt. Morgen ist die Anhörung mit den Experten, die den Entwurf bestenfalls überfliegen konnten. Schon in der nächsten Sitzungswoche wollen Sie dieses Artikelgesetz mit seinen kostspieligen Folgen verabschieden. Die ganz große Mehrheit des Parlaments macht sich selbst zur bloßen Abnickmaschine und veranstaltet so eine Farce. Das ist erschreckend.

(Beifall bei der LINKEN)

CDU/CSU und SPD und unter Trittin als Umweltminister auch die Grünen hatten Jahrzehnte Zeit, um die Probleme bei der Finanzierung der Atommülllagerung zu regeln. Das haben sie verpennt. Heute sagen sie – wir werden es sicherlich noch hören -, man müsse jetzt handeln, weil man einem nackten Mann, den Konzernen, nicht in die Tasche greifen könne, bzw. wenn man jetzt nichts tue, wäre das Geld weg. Unglaublich, was hier abgezogen wird! Die Konzerne stecken sicher in einer Strukturkrise; aber sie sind potent genug und haben genügend Substanz. Es gibt keinen vernünftigen Grund, sie aus der Nachschusspflicht und ihrer Verantwortung für die Kostenrisiken für die Atommülllagerung zu befreien.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Jahrzehntelang galt als Versprechen: Die Atomkonzerne zahlen die Atomzeche auch für die Atommülllagerung und den Rückbau der Meiler.

(Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU): Machen sie ja!)

Dieses Versprechen wird nun wie so viele in der miesen Geschichte der Atomenergienutzung gebrochen, erneut zum Schaden und auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger. Es ist erschreckend, dass es hierfür einen Schulterschluss der Großen Koalition mit den Grünen gibt. Sie wetten auf die Zukunft und setzen das Verursacherprinzip außer Kraft.

Die dem Gesetzentwurf zugrunde liegende Kostenschätzung ist auf Sand gebaut. Nach allen Erfahrungen werden die Kosten der Entsorgung steigen. Das zeigt ganz aktuell die Asse; das wissen Sie alle. Auch der Bundesrat hat sich in der letzten Woche klar geäußert.

(Hubertus Heil (Peine) (SPD): Da lag der Gesetzentwurf wohl doch schon vor, wenn sie sich schon geäußert haben!)

Ich habe sehr genau verfolgt, was insbesondere die grünen Minister dort vorgetragen haben. Die Länder wollen nicht auf den Mehrkosten sitzen bleiben und fordern, im Gesetz klipp und klar zu regeln, dass der Bund die Kostenverantwortung ohne Wenn und Aber übernimmt. Das ist eine sehr deutliche Aussage.

Ob die prognostizierte langfristige vierprozentige Verzinsung der in den Fonds einzuzahlenden 23 Milliarden Euro tatsächlich eintritt, weiß zum jetzigen Zeitpunkt niemand. Dabei geht es allerdings nicht um Peanuts, sondern um riesige Beträge in zweistelliger Milliardenhöhe. Es kann also für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler richtig dicke kommen. Eine Nachschusspflicht der AKW-Betreiber oder die Pflicht, Rücklagen zu bilden – das wäre eine Alternative dazu; wir reden bisher immer nur über die vermaledeiten Rückstellungen statt über Rücklagen -, besteht nicht und ist im Gesetzentwurf auch nicht vorgesehen. Einmal zahlen, und der Atommüll ist in den Bilanzen der Konzerne für immer vergessen. Hinzu kommt, dass jetzt die Brennelementesteuer ausläuft, wodurch die Konzerne zusätzlich entlastet werden sollen. Was mit der Trittin-Kommission anfing, wird hier fortgesetzt.

Es ist unglaublich dreist und skandalös, wie eine ganz große Koalition sehenden Auges das nächste Milliardengeschenk für die Stromkonzerne vorbereitet. Seien Sie gewiss: Mit uns ist eine Verlagerung der Kosten für den Atommüll auf die Bürgerinnen und Bürger nicht zu machen.

(Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU): Aber Sie haben nichts zu sagen!)

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Dse4Zdebel

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