Nachgefragt: US-Export von hochangereicherten Uran-Kugeln aus Atomkraftwerk AVR Jülich zulässig?

Wie steht es um den geplanten Export von hochangereicherten frischen Uran-Kugeln aus dem ehemaligen Atomkraftwerk AVR Jülich in die USA? Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) prüft derzeit, ob ein solcher Export zulässig wäre. Der Betreiber hatte das BAFA jüngst auf Untätigkeit verklagt, weil der entsprechende Antrag bislang nicht entschieden war. Denn aktuellen Stand der Dinge will jetzt der Bundestagsabgeordnete Hubertus Zdebel (Fraktion DIE LINKE) mit einer „Mündlichen Frage“ von der Bundesregierung erfahren. Die Bewertung dieser Frage ist bedeutsam, weil insgesamt noch 152 Castoren mit hochradioaktiven AVR-Brennelementen in Jülich ohne ausreichende atomrechtliche Genehmigung lagern und möglicherweise in die USA exportiert werden sollen.

Bereits seit Juli 2014 ist amtlich, dass die hochradioaktiven Kugelbrennelemente des ehemaligen Versuchs-Atomkraftwerks AVR Jülich in ihren 152 Castor-Behältern keine ausreichende atomrechtliche Genehmigung zur weiteren Zwischenlagerung mehr haben und das Land NRW die unverzügliche Räumung angeordnet hat. Der Betreiber müsse Konzepte vorlegen, wie eine weitere sichere Lagerung erfolgen können.

Bis heute ist eine Lösung nicht in Sicht. Neben dem Neubau eines Zwischenlagers in Jülich oder einem Transport in das Zwischenlager Ahaus favorisieren die Betreiber aus der ehemaligen Kernforschungsanlage Jülich den Export in die USA, wo dieser spezielle Atommüll wiederaufgearbeitet werden soll. Ein technisches Verfahren dafür existiert aber noch nicht und befindet sich erst in der Entwicklung. Ob das gelingt, ist also offen.

Aus bundesdeutscher Sicht ist aber zunächst relevant, dass ein Export rechtlich nicht zulässig wäre, wenn der Einsatz der Brennelemente in einem kommerziell genutzten Atomkraftwerk erfolgte. Seit 2005 ist die Wiederaufarbeitung aber nicht mehr zulässig. Der AVR Jülich war zwar ein Prototyp und Versuchsreaktor, wurde aber von zahlreichen Stadtwerken zur Stromerzeugung betrieben.

Doch zwischen den zuständigen Behörden in NRW und dem Bundesforschungs- und Umweltministerium wird seit Jahren gerungen, ob ein Export zulässig oder sinnvoll wäre.

Um in den USA das technische Verfahren weiter entwickeln zu können, sollen nun zunächst frische, also unbestrahlte Brennelemente-Kugeln von Jülich aus dorthin transportiert werden. Da es sich um Kernbrennstoff bzw. hochangereichertes Uran handelt, muss die Bundesanstalt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle entscheiden, ob ein solcher Export rechtlich zulässig ist.

Das Wirtschaftsministerium in NRW ist der Auffassung, dass mit der Entscheidung über den Export dieser frischen BE-Kugeln auch über darüber entschieden wird, ob der Export sämtlicher 152 Castor-Behälter mit hochradioaktiven Kugeln zulässig wäre.

In einem „Sachstandsbericht der Landesregierung zur Entfernung der Kernbrennstoffe aus dem AVR-Behälterlager in Jülich“ vom 4. Juli 2018 heißt es: „Zwischenzeitlich wurde am 27. Juni 2018 ein Antrag auf Export der Kernbrennstoffe in die USA beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle(BAFA) gestellt.- Die Entscheidung über diesen Antrag wird die Frage der rechtlichen Zulässigkeit eines Exports dieser Kernbrennstoffe beantworten.“ (siehe hier den Bericht, PDF)

Im Februar wurde bekannt, dass die Jülicher Betreiber das BAFA wegen Untätigkeit verklagt hatten. Zdebel hatte dazu bereits die Bundesregierung entsprechend befragt.

Jetzt hakt der Bundestagsabgeordnete nach, wie es um die Exportgenehmigung steht. Zdebel und auch zahlreiche Anti-Atom-Verbände fordern den Neubau eines Zwischenlagers in Jülich und den Verzicht auf Atomtransporte egal ob nach Ahaus oder in die USA.

Es sollte sich bald abzeichnen, ob die Zwischenlagerung des Atommülls in Jülich möglicherweise vorübergehend wieder genehmigt werden könnte. Das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) prüft derzeit, ob die Betreiber den bislang fehlenden Nachweis einer Erdbebensicherheit erbringen konnten. Dazu hat des BfE hier eine Stellungnahme veröffentlicht.

Ungeklärt ist derzeit auch, ob Atomtransporte mit diesem brisanten Material überhaupt möglich sein werden. Speziell gepanzerte Fahrzeuge mit einem Eigengewichtg von deutlich über 100 Tonnen sind derzeit noch in der Fertigung. Die Kosten sind derart hoch, dass es vermutlich nur wenige dieser Fahrzeuge geben wird.

Zwei solcher Spezialfahrzeuge könnten zusammen vier Jülich-Castoren transportieren. Bei 152 Behältern würde Transporte nach Ahaus oder in die USA also Monate benötigen und für die Polizei und die Betroffenen entlang der Transportstrecken zu einer schweren Belastung führen.

Geplante Atomtransporte von München-Garching in das Zwischenlager Ahaus sind ebenfalls auf diese Panzer-Fahrzeuge angewiesen und verzögern sich derzeit. Siehe dazu:

Dokumentation: Die Mündliche Frage des MdB Hubertus Zdebel im Wortlaut:

„Hat die Bundesanstalt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) inzwischen die Genehmigung für den Export von hochangereicherten frischen Uran-Brennstoffkugeln des AVR Jülich in die USA erteilt, und bedeutet eine solche Ausfuhrgenehmigung aus Sicht der Bundesregierung auch, dass ein Export der bestrahlten Kugelbrennelemente aus dem AVR, die derzeit in 152 Castor-Behältern in Jülich ohne ausreichende atomrechtliche Genehmigung aufbewahrt werden, grundsätzlich rechtlich ebenfalls dann zulässig wäre (siehe: Sachstandsbericht von NRW-Wirtschaftsminister Pinkwart vom 27. Juni 2018, https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV17-931.pdf)?“

 

Korrektur: 4.6. 2019

Dse4Zdebel

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