Hamburger Wärme-Klima-Wende: Zoff um Wedel-Ersatz – Moorburg durch die Hintertür?
Zumindest kann sich niemand beklagen, dass es in der Hamburger Energiepolitik langweilig ist. Prallen – kurz vor einer Richtungsentscheidung der Hamburger Umweltbehörde im Dezember – die Fronten in der Debatte aufeinander? Die Frage: Wie wird künftig ohne das klima- und umweltschädliche Heizkraftwerk Wedel möglichst viel Fernwärme möglichst CO2-frei erzeugt und eingespeist? Ort der Kontroverse: Die vierte Sitzung des im Zuge der Umsetzung des Volksentscheids „Unser Hamburg – Unser Netz“ per Bürgerschaftsbeschluss entstandene Energienetzbeirat und die Reaktionen danach. Eine der Fragen: Kommt das neue Klima-Monster-Kraftwerk von Vattenfall in Moorburg möglicherweise durch zu treffende Entscheidung besser ins Spiel bzw. durch die Hintertür, wie die taz berichtete? Ebendort war die Rede von einem „Kampf um die Öko-Wärme„. Als gäbe es keine Klimakatastrophe jubilieren CDU und FDP, die Grünen bestreiten und widersprechen. Klimaschützer sind in Sorge. Auf der Homepage des Energienetzbeirats werden die Dokumente zur vierten Sitzung präsentiert, die Anlass der Debatte sind.
- Das Protokoll der vierten Sitzung des Energienetzbeirats wird auf der o.g. Seite in den nächsten Tagen veröffentlicht.
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Es ist die Präsentation der Umweltbehörde, die kurzfristig in die Tagesordnung der vierten Sitzung des Energienetzbeirats eingespeist wurde, um die die Wogen hoch schlagen, genauer: Das dort dargestellte Szenario Süd (PDF).
Hintergrund dieses Szenarios ist eine zu bauende (Großwärmepumpe und eine) Fernwärmeleitung über/unter die/der Elbe von der Müllverbrennungsanlage am Rugenberger Damm (MVR, Süden) zum westlichen Fernwärmnetz, wo bislang das zu ersetzende Heizkraftwerk Wedel einspeist. Ein Teil der Wärme aus der MVR, mit der bislang ein Industrieunternehmen versorgt wird, soll dann in die Fernwärme über die Elbe durch die neue Trasse umgeleitet werden.
- Hintergrund auch: Neben Strom und Gas soll die Fernwärmeversorgung nach dem Volksentscheid „Unser Hamburg – Unser Netz“ künftig vollständig rekommunalisiert werden, Vattenfall muss verkaufen. 2018 kann die Stadt eine Kaufoption dazu ziehen und zu 2019 die Fernwärme übernehmen. Aber natürlich kämpft Vattenfall um einen wichtigen Energiemarkt und versucht, sich in Position zu bringen. Vor allem für Umwelt- und Klimaktivisten hat Vattenfall als Atom- und Kohlekonzern irgendwie in der Energiewende keine Sympathisanten.
Die MVR ist derzeit noch mehrheitlich im Besitz von Vattenfall. Beteiligt ist aber auch die Stadtreinigung Hamburg. Die hatte jüngst von Vattenfall die Müllverbrennungsanlage an der Borsigstraße vollständig übernommen und auch eine Übernahme der MVR ist seit langem im Gespräch.
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Zur Klimafrage wird das, wenn nun das Kohlekraftwerk Moorburg die Versorgung mit Wärme für den bislang von der MVR belieferten Industriebetrieb Ölwerke Schindler übernimmt. Außerdem – unabhängig von dieser Übernahme durch Moorburg – wird das Vattenfall-Kohlekraftwerk auch künftig das Unternehmen Holborn mit Wärme beliefern. Für Vattenfall wichtig, um das Kohlekraftwerk Moorburg von der reinen Stromerzeugung auf Kraft-Wärme-Kopplung umzustellen und damit besser ins Geschäft zu kommen. Die Kritik aus Reihen z.B. des Hamburger Energietisches: Diese Variante öffnet Vattenfall Möglichkeiten, Moorburg als KWK-Anlage besser zu positionieren und damit dem Klimaschutz zu schaden.
Anzumerken ist: Ob und wie sich diese Varianten wirtschaftlich darstellen ist noch nicht weiter bewertet worden und müsste daher noch weiter untersucht werden.
Anzumerken auch: Eine Einspeisung von Wärme aus Moorburg ins Fernwärmenetz – und das wäre für die Umsetzung des Volksentscheids direkt relevant – erfolgt damit zunächst nicht. Die Befürchtung aber, die mit diesem Szenario verbunden ist: Kommt die Fernwärmetrasse aus dem Süden über die Elbe in den Nord-Westen, dann ist damit grundsätzlich – andere politische Mehrheiten unterstellt – eine Möglichkeit vorhanden, mit der Vattenfall in Zukunft darauf drängen könnte, die Wärme aus Moorburg auch in das Fernwärmenetz zu drücken.
- Für die genannten Sorgen, dass die Stadt Hamburg und hier vor allem die SPD-Spitze weiterhin an der Seite von Vattenfall aktiv sein könnte, spielt eine große Rolle, dass es die SPD-Führung war, die die Fernwärme-Übernahme entsprechend dem Volksentscheid auf den späten Termin 2018/19 legte. Die SPD-Spitze hatte diesen Termin so spät gelegt, weil sie von Vattenfall den Neubau eines Heizwerks vor der Rekommunalisierung wollte. Eine Absicht, die inzwischen keine Rolle mehr spielt. Volksentscheid Unser Netz: SPD-Senat verzögerte Fernwärme-Übernahme von Vattenfall
Allerdings wäre das eine Maßnahme, die den Zielen des erfolgreichen Volksentscheids „Unser Hamburg – Unser Netz“ klar widersprechen würde. Auch politisch anders aufgestellte Senate sind an diesen gebunden. In dem Beschluss heißt es nach der Umsetzung der vollständigen Rekommunalisierung der Energienetze für Strom, Gas und Fernwärme: „Verbindliches Ziel ist eine sozial gerechte, klimaverträgliche und demokratisch kontrollierte Energieversorgung aus erneuerbaren Energien.“ Das Kunststück, das Kohlekraftwerk Moorburg als klimaverträglich darzustellen, dürfte selbst für die CDU und FDP kaum möglich sein.
In ihrer eingangs genannten gemeinsamen Presseerklärung sprechen CDU und FDP davon, dass Moorburg für die Abdeckung von Spitzenlasten in der Fernwärme herangezogen werden solle: „Zum Ausgleich der Spitzenlasten soll ergänzend auch das Kraftwerk Moorburg eingebunden werden.“ Die Grünen dazu: „Die Grüne Bürgerschaftsfraktion widerspricht den Aussagen von CDU und FDP, es sei dabei diskutiert worden, Moorburg zu Spitzenlasten als Ausgleich einzubinden. Ziel sei es weiterhin, dass die Wärme zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien zu gewährleisten.“
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