Terror-Abwehr: Mauerbau am Atommüll-Zwischenlager Ahaus und anderswo
„Das Brennelemente-Zwischenlager (BEZ) in Ahaus schottet sich weiter ab. Bis zum Jahr 2020 entsteht rund um die Lagerhalle eine zehn Meter hohe und insgesamt etwa 500 Meter lange Betonwand. „Das machen wir nicht, weil eine aktuelle Bedrohung vorliegt, sondern weil sich die Sicherheitslage insgesamt verändert hat“, sagt Burghard Rosen, Pressesprecher der Betreibergesellschaft GNS“, schreibt die Münsterlandzeitung. Auch an anderen Zwischenlagern mit hochradioaktivem Atommüll werden derzeit solche als „Härtungen“ bezeichneten Maßnahmen durchgeführt. Damit sollen die Risiken durch „Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter“ (SEWD) reduziert werden. Auch im Inneren der Zwischenlager erfolgen Maßnahmen, die das Eindringen möglicher Täter, die Folgen eines Beschusses mit panzerbrechenden Waffen sowie eines gezielten Flugzeugabsturzes mindern sollen.
Die Maßnahmen, die derzeit zur Terror-Abwehr an den Zwischenlagern und auch Atomkraftwerken laufen, gehen zurück auf eine im Jahr 2011 erfolgte neue Lageeinschätzung der zuständigen Atom- und Sicherheitsbehörden. Die Maßnahmen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und gelten als Geheimsache.
- Der Bundestagsabgeordnete Hubertus Zdebel berichtete jüngst darüber, was das Bundesumweltministerium dazu verlautbart. Über SEWD berichtet umweltFAIRaendern hier.
- Das Oberverwaltungsgericht Schleswig – und das Bundesverwaltungsgericht – haben die Genehmigung für das Zwischenlager am AKW Brunsbüttel aufgehoben, weil dort zahlreiche Nachweise entweder falsch oder mangelhaft erbracht worden sind. Dabei spielte die Geheimhaltung der Behörden eine große Rolle. Derzeit läuft die Öffentlichkeitsbeteiligung für den neuen Antrag von Vattenfall, für dieses Zwischenlager doch noch eine Genehmigung zu bekommen: Neue Genehmigung für Castor-Zwischenlager Brunsbüttel? BUND hat Einwände
Die Münsterlandzeitung berichtet über die jetzt anlaufenden Baumaßnahmen am Zwischenlager in Ahaus. Allerdings wird hier im Zusammenhang mit dem Mauerbau nur von einem gezielten Flugzeugabsturz gesprochen, nicht aber von panzerbrechenden Waffen.
- Beim Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle in Lubmin (Greifswald) wird es wegen der neuen Anforderungen an die Sicherheit wohl zu einem Neubau kommen müssen. Die geplanten Terror-Schutzmaßnahmen sind dort nicht umsetzbar und der staatliche Betreiber, die EnergieWerkeNord, mussten einen entsprechenden Genehmigungsantrag bereits im Sommer 2015 (!) zurück ziehen. Ein neuer Antrag liegt noch immer nicht vor. Fehlender Terrorschutz: Neues Atommülllager für hochradioaktiven Abfall in Lubmin/Greifswald?
- Über die neuen Terrorgefahren informiert die Physikerin Oda Becker in einer vom BUND beauftragten Studie (PDF) unter dem Titel “Atomstrom 2016: Sicher, sauber, alles im Griff? Aktuelle Probleme und Gefahren bei deutschen Atomkraftwerken und Zwischenlagern”. Die Studie liegt auch bei umweltFAIRaendern zum download bereit (PDF). Dort geht es nicht nur um Flugzeugabstürze, Innentäter und panzerbrechende Waffen. Becker berichtet auch über erhöhte Bedrohungssituationen durch Cyberattacken oder durch die Verwendung neuer Hilfsmittel wie Drohnen. (S. 45)
Eine Beton- und Monierbau-Firma aus Nordhorn, so die Münsterlandzeitung, würde nun die Tragkraft und Festigkeit des Bodens erproben. „Bislang gab es nur Berechnungen, wie die Erde rund um das BEZ in mehreren Metern Tiefe auf den Mauerdruck reagiert.“ Weiter heißt es dort: „“Jetzt wird konkret geprüft, was vorher berechnet wurde“, erklärt Rosen. Über acht Stunden laufen derzeit sogenannte Zugversuche. Mehrere Betonpfähle werden 13 Meter tief in die Erde gebohrt. Dann wird mit einem Druck von bis zu 250 Tonnen versucht, sie wieder hochzuziehen. Elf Zentimeter darf ein Pfahl maximal nachgeben, in ersten Versuchen waren es sechs Millimeter. Später wird die Mauer auf insgesamt 363, in Zweierreihe angebrachten Betonpfählen stehen. Die Betonmauer selbst wird vor Ort in mehreren Etappen gegossen. Die einzelnen Betonsegmente sind jeweils 50 Meter lang. Damit möglichst wenig Fahrzeuge aufs hochgesicherte Gelände müssen, richtet die Firma eine Betonpumpstation ein. Die Betonmischer halten auf einer eigens eingerichteten Schotterstraße vor dem Zaun, per unterirdischer Leitung fließt der Beton zur Baustelle.“
- An allen AKW-Standorten bzw. Zwischenlagern laufen derartige Maßnahmen. Hier z.B. wird über Ohu bei Landshut berichtet oder hier über Gundremmingen oder hier über Lingen (Emsland).
- AKW Brokdorf: Absturz einer A380 spielt keine Rolle – Grüner Minister Habeck lehnt Antrag auf Stilllegung ab
Zu den Hintergründen informiert die Zeitung: „Auslöser des Mauerbaus war der 11. September 2001. Gezielte Flugzeugabstürze zeigten ein neues Gefährdungspotenzial. Neue Formen des Terrorismus kamen hinzu. Die Schutzmauer soll als zusätzliche Barriere ein gewaltsames Eindringen ins Lager erschweren und der Polizei mehr Zeit zum Eingreifen gegeben. Bis die Mauer ihre Funktion vollständig erfüllen kann, dauert es noch drei Jahre. „Wir arbeiten bis dahin mit mehr Überwachungs- und Sicherheitstechnik“, erklärt Rosen. Als „temporäre Maßnahmen“ sind zwei Fahrzeuge auf dem Gelände im Einsatz, das Sicherheitspersonal wurde aufgestockt.“