Atomforschungsreaktor Garching – Weiterbetrieb mit russischem atomwaffenfähigem Uran
Noch immer ist der Atomforschungsreaktor in München Garching nach Störfällen und technischen Mängeln abgeschaltet. Jetzt deckten BUND Bayern, Umweltinstitut München und die Grünen im LT Bayern auf: Betreiber, Bundesforschungsministerium und die bayerische Landesregierung haben noch vor der letzten Bundestagswahl eine bislang geheime Vereinbarung geschlossen, die entgegen klaren Anforderungen zur überfälligen Abrüstung eine im Grunde unbegrenzte Dauerlizenz für den Betrieb mit extrem hochangereichertem atomwaffenfähigem Uran erlaubt. Auch vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges und den Angriffen auf Atomanlagen eine brisante Sache. Bedenklich aber auch, wie sich Betreiber, Aufsichts- und Genehmigungsbehörde und Teile der Bundesregierung verabreden. Der BUND in Bayern hat Klage gegen den Betrieb von Garching erhoben, weil seit vielen Jahren Genehmigungsauflagen vom Betreiber und Genehmigungsbehörde ignoriert werden. Aus dem Forschungsreaktor Garching sollen demnächst Atomtransporte mit hochradioaktivem Atomwaffen-Müll in das Zwischenlager Ahaus transportiert werden.
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Die Grünen im Landtag Bayern besuchen am 1. April das Zwischenlager Ahaus. Die dortige BI Ahaus hat eine entsprechende Einladung ausgesprochen. Mit zwei Fragen an die Regierung in Bayern hatten grüne Abgeordnete jüngst mehr zum kritischen Brennstoff in Garching wissen wollen. Die Antworten folgen gleich hier unten und dann die Dokumentation der heutige Presserklärungen zu dem brisanten Abkommen. Darin wird eine mögliche Reduzierung der Uran-Anreicherung auf unter 50 Prozent in Aussicht gestellt. Noch 2022 werden dazu Ergebnisse erwartet, 2023 sollen dann eventuell Maßnahmen auf den Weg gebracht werden. Passiert das nicht, kann der Reaktor aber auch mit den heutigen Atomwaffenfähigen-URAN-BEs weiterbetrieben werden. Für ca. 10 Jahre dürfte der vorhandene Brennstoff vor allem aus Russland noch ausreichen.
- Die Vereinbarung von Betreiber und Behörden ist hier als PDF. Eine Kommentierung hier – siehe außerdem unten die PM.
DOKUMENTATION
BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM
FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST
Anfrage der Abgeordneten Claudia Köhler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
zum Plenum vom 15. März 2022
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„Herstellung Brennelemente FRMII – Kooperation mit Russland
Im Zusammenhang mit der Herstellung der Brennelemente für den Garchinger
Forschungsreaktor FRM II auf Basis hoch angereichten Urans aus Russland frage
ich die Staatsregierung, welche vertraglichen Verpflichtungen die TU München in die-
sem Zusammenhang mit russischen Stellen eingegangen ist, wie lange die TU Mün-
chen die Kooperation mit Russland bei der Belieferung mit hoch angereichertem
Uran aufrecht erhalten will und wie die Bayerische Staatsregierung die Kooperation
zwischen Russland und der TU München angesichts der aktuellen Situation beur-
teilt?“
Antwort des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst:
Nach Auskunft der Technischen Universität München (TUM) bezogen sich die ver-
traglichen Verpflichtungen der TUM gegenüber Russland auf eine einzige Lieferung
von hochangereichertem Uran. Diese ist vollständig abgeschlossen. Es gibt diesbe-
züglich keine weitere Kooperation und auch keine weiteren Verhandlungen.
München, den 17. März 2022
BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM
FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST
Anfrage des Abgeordneten Dr. Markus Büchler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
zum Plenum vom 15. März 2022
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„Uran und Brennelement für FRM II Garching
Ich frage die Staatsregierung:
Im Zusammenhang mit der Versorgung des Garchinger Forschungsreaktors FRM II
mit hoch angereichertem Uran aus Russland und der Herstellung der Brennelemente
in Frankreich, welche Menge an für den FRM II bestimmten hoch angereichertem
Uran lagert aktuell in Frankreich, wie viele Brennelemente für den FRM II können da-
mit noch hergestellt werden und sind noch weitere Lieferungen aus Russland nach
Frankreich vereinbart?“
Antwort des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst:
Nach Auskunft der Technischen Universität München lagert aktuell in Frankreich
noch Uran für die Herstellung von 30 Brennelementen. Es sind keine weiteren Liefe-
rungen aus Russland nach Frankreich vereinbart.
München, den 17. März 2022
Dokumentation: Rückschlag für Einschränkung von atomwaffenfähigem Material
Grüne, Umweltinstitut und BN: Geheime CSU/CDU-Vereinbarung erlaubt Weiterbetrieb des Forschungsreaktors Garching mit hochangereichertem Uran
Die Umrüstung des Forschungsreaktors FRM II in Garching auf nicht-atomwaffenfähiges Uran verzögert sich immer weiter – auch mit Hilfe von CSU und CDU. Das zeigt eine Vereinbarung (Anhang) von Dezember 2020, die das Umweltinstitut München jetzt veröffentlicht hat. Das damals CDU-geführte Bundesforschungsministerium und das bayerische CSU-Wissenschaftsministerium erteilen der TU darin einen Freifahrtschein für den Weiterbetrieb mit hochangereichertem Uran (HEU), ohne einen verbindlichen Umrüstungstermin festzulegen.
Nach Ansicht von Rosi Steinberger, grüne Abgeordnete und Vorsitzende des Umweltausschusses im Bayerischen Landtag, ist das ein herber Rückschlag für den weltweiten Versuch, die Verbreitung von atomwaffenfähigem Material einzuschränken. „Während andere Hochflussreaktoren in Europa und weltweit schon voll in der Umsetzung der Umrüstung auf niedriger angereichertes Uran sind, versucht diese Vereinbarung alles auf die lange Bank zu schieben. Diese Vereinbarung kennzeichnet sich vor allem durch eine maximale Unverbindlichkeit und eine grenzenlose Zeitperspektive für die Umrüstung“, so Rosi Steinberger.
Mit der Vereinbarung versuchen die Söder-Regierung und die frühere Bundesregierung erneut die atomrechtlichen Bestimmungen zu unterlaufen. „Die neue Vereinbarung wurde ab 2016 offenbar satte vier Jahre verhandelt. Das Ergebnis ist ungeheuerlich: Der Wortlaut rechtfertigt es praktisch, die Umrüstung von hochangereichertem Uran auf niedrigere Anreicherung auf ewig hinauszuzögern“, so Hauke Doerk, Atomreferent beim Umweltinstitut München e.V.. „Geradezu typisch ist, dass die Bayerische Staatsregierung es nicht für nötig gehalten hat, die Öffentlichkeit zu informieren. Es ist tatsächlich peinlich, ein so schwaches Dokument vorzulegen, nachdem die zuletzt gesetzte Frist zur Umrüstung bis 2018 schon mehr als zwei Jahre abgelaufen war.“
Auch aus Sicht des BUND Naturschutz in Bayern e.V. ist diese Vereinbarung ein weiterer Versuch der TU München die Umrüstung weiter hinauszuzögern. „Dabei ist die Sache glasklar: Die atomrechtliche Genehmigung hat der TU einen Betrieb mit hochangereichertem Uran nur bis 2010 erlaubt. Seither versucht die TU München durch atomrechtlich unbedeutende Vereinbarungen die Umrüstung zu verzögern. Es erweckt den Eindruck, die beteiligten Ministerien und die TU würden gemeinsame Sache machen und keiner von beiden hat ernsthaft Interesse, die atomrechtlichen Bestimmungen umzusetzen. Und dabei wäre eine Umrüstung von hochangereichertem Uran auf niedrigere Anreicherung so einfach zu bewerkstelligen. Das einzufordern, erwarten wir uns eigentlich von einem Ministerium“, so Richard Mergner, Landesvorsitzender des BUND Naturschutz in Bayern. „Das Vorgehen der TU München und der beteiligten Ministerien bestärkt uns nur darin, die laufende Klage gegen den illegalen Betrieb des Reaktors weiter mit Nachdruck zu verfolgen.“