Anhörung Atommüll ASSE II: Kritik am Vorgehen des Bundesamts für Strahlenschutz (mit Video der Anhörung)
„Auf beiden Seiten musse sich etwas tun, damit die Rückholung der radioaktiven Abfälle aus dem maroden Atommülllager ASSE II unter Beteiligung der betroffenen Region erfolgreich funktionieren kann“, stellte Hubertus Zdebel, Sprecher für Atomausstieg der Bundestagsfraktion DIE LINKE nach der gestrigen Anhörung im Umweltausschuss fest. „Auf Seiten der Begleitgruppe braucht es Klärungen über die jeweiligen Rollen und Strukturen. Aber auch das Bundesamt muss seine Arbeitsweise gegenüber den VertreterInnen der Region verbindlicher und nachvollziehbarer gestalten. Die Geschichte gerade der ASSE hat gezeigt, dass auch die Stimmen einzelner von großer Bedeutung bei der Beurteilung der Sicherheit sind. Daher müssen Bedenken und Kritik intensiv diskutiert und nachvollziehbar bewertet werden, bevor Entscheidungen getroffen werden.“
- Hier die Liste der Experten sowie die zur Anhörung eingereichten Stellungnahmen: Umweltausschuss: Fachgespräch zur Rückholung radioaktiver Abfälle aus Asse II
- Broschüre bestellen: Bis in alle Ewigkeit – Atommüll quo vadis?
Während der Anhörung zur Situation im Atommülllager ASSE II bei Wolfenbüttel kritisierten die geladenen VertreterInnen des Begleitgruppe (A2B) das Vorgehen des Bundesamts für Strahlenschutz bei der vorgesehenen Verfüllung von Bereichen auf der 750-Meter-Sohle in dem maroden Salzstock. Argumente und Vorschläge aus den Reihen der wissenschaftlichen Berater der Begleitgruppe wären vom BfS nicht ausreichend beachtet worden. Außerdem formulierten sie die Sorge, dass diese Maßnahmen sowohl die spätere Rückholung erschweren und bei einem unkontrollierten Wassereinbruch die Risiken sogar vergrößern könnte. Das Bundesamt für Strahlenschutz widersprach dieser Kritik.
Die knapp zweistündige Anhörung ist hier als Video aus der Mediathek des Bundestags:
Bericht über die Sitzung von der Homepage des Deutschen Bundestags: Kritik an Notfallvorsorge in der Asse
Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Anhörung – 18.01.2017 (hib 24/2017)
Berlin: (hib/EB) Mitglieder der Asse-II-Begleitgruppe haben das Vorgehen des Bundesamtes für Strahlenschutzes (BfS) bei der Rückholung radioaktiver Abfälle in der havarierten Schachtanlage Asse II kritisiert. In einem öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit forderten sie insbesondere, dass das BfS Maßnahmen der Rückholung und der Notfallvorsorge besser abstimmen und die kritischen Stellungnahmen der Begleitgruppe stärker berücksichtigen solle.
In dem Kali- und Salzbergwerk bei Wolfenbüttel sind rund 47.000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktiver Abfälle eingelagert. Probleme sind eindringende Zutrittswässer sowie die Instabilität des Grubengebäudes. Auf der Grundlage des sogenannten „Lex Asse“ aus dem Jahr 2013 hat der Betreiber BfS die Aufgabe, die Asse nach der Rückholung des Abfalls stillzulegen.
„Wenn es kein Gesamtkonzept gibt, kann es zu irreversiblen Fehlentscheidungen kommen“, sagte Ralf Krupp, Mitglied der Asse-II-Begleitgruppe. Unkoordinierte Notfallmaßnahmen wie das sogenannte „Topfkonzept“ und die Befüllung der südlichen Richtstrecke mit Beton erschwerten die Rückholung der Abfälle und erhöhten radiologische Risiken, argumentierte er.
Einen Masterplan zur Rückholung des Atommülls forderte auch die Wolfenbütteler Landrätin und Vorsitzende der Asse-II-Begleitgruppe, Christiana Steinbrügge. Die Rückholung des Atommülls sei nicht als Leitziel erkennbar. „Drängen Sie auf eine zügige Rückholung“, sagte sie in Richtung BfS.
Kritische Stimmen seien ignoriert worden, bemängelte Heike Wiegel von der Asse-II-Begleitgruppe. Um staatliches Handeln nachvollziehbar zu gestalten, sollten Stellungnahmen auch im Genehmigungsverfahren schriftlich beantwortet und dokumentiert werden.
Der Vorsitzende der Strahlenschutzkommission (SSK), Joachim Breckow, sagte, dass das „Lex Asse“ Grundsätze des Strahlenschutzes einschränke und eine Langzeitsicherheitsanalyse verhindere.
Jörg Tietze vom BfS erwiderte, dass die Behörde im ständigen Austausch mit der Öffentlichkeit stehe und Entscheidungen öffentlich dokumentiert würden. Durch das Befüllen mit Beton werde das Bergwerk stabilisiert, im Notfall könnten die Abfälle dadurch eingeschlossen werden, begründete er die Notfallmaßnahmen. Nur in einem gesicherten Bergwerk ließen sich die Abfälle bergen, betonte er.
Die Landesregierung unterstütze die Priorität der Rückholung uneingeschränkt, sagte der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel (Bündnis 90/Die Grünen). Die Argumente der Begleitgruppe seien sorgfältig bewertet worden. „Die Baumaßnahmen an der südlichen Richtstrecke des Bergwerks stellten einen Kompromiss dar“, sagte er.