Grüner Staatssekretär Tidow zur Stilllegung der Uranfabriken Gronau und Lingen: „Das haben wir in diesem Koalitionsvertrag so nicht verankern können.“

Grüner Staatssekretär Tidow zur Stilllegung der Uranfabriken Gronau und Lingen: „Das haben wir in diesem Koalitionsvertrag so nicht verankern können.“

Auf einer Veranstaltung der Bundestagsfraktion DIE GRÜNEN aus Anlass des Tschernobyl-Jahrestages räumte der zuständige Umwelt-Staatssekretär Stefan Tidow Ende April ein: Die „Komplementierung“ des Atomausstiegs, die Einstellung der Produktion der immer noch vom Atomausstieg ausgenommenden Uranfabriken in Gronau und Lingen, habe man „so nicht verankern“ können. Tatsächlich gibt es im Koalitionsvertrag keine Festlegungen, um entsprechende Maßnahmen, die von vorherigen Bundesregierungen erarbeitet wurden, weiter zu verfolgen. Die Grünen haben dort auf eine Stilllegung gegenüber der FDP komplett verzichtet. Tidow macht in seinem Statement klar, dass vom BMUV in dieser Frage nichts zu erwarten ist: „Wir können sie (die Uranfabriken) … von uns aus – die Produktion – nicht einfach einstellen, als BMUV“. Natürlich wäre vorher eine atomrechtliche Grundlage vom Bundestag zu verabschieden – aber es gibt eben keine ensprechende Vereinbarung, dass die Bundesregierung dem Bundestag entsprechende Formulierungshilfen vorlegen wird.

  • Das Video der Veranstaltung der Grünen Bundestagsfraktion – in der die militärischen Angriffe auf die ukrainischen Atomanlagen ausführlich zur Sprache kamen – ist hier bei Youtube online. Die Grüne Fraktion hat dieses Video freigegeben. (Zur Frage Uranfabriken Gronau und Lingen und Stilllegung nimmt Tidow in seinem zweiten Beitrag Stellung, etwa bei 125,12 Minuten. Da scheint ein technisches Problem vorgelegen zu haben, der Redner vor Tidow ist im Video abgeschnitten und der einleitende Satz von Tidow fehlt. Es empfiehlt sich, dieses Statement im Original anzuhören!) UmweltFAIRaendern hat das Statement „rausgeschrieben“ und sehr leicht sprachlich bearbeitet.
  • Atomkraftgegner:innen haben heute in Gronau im Rahmen einer Aktionswoche zwei Strommasten besetzt, die die Versorgung der Uranfabrik URENCO sichern. Siehe dazu hier auf dieser Seite „Urantransporte.de“. Berichtet wird auch über die sozialen Netzwerke.

Der Wortlaut des Beitrags von Stefan Tidow, Staatssekretär im BMUV, zur Frage, ob eine Stilllegung der Uranfabriken vom Bundesumweltministerium erfolgen wird: „…. Würde der Atomausstieg vollendet und komplementiert werden, wenn diese beiden Fabriken am Ende (auch zu sagen) die Produktion einstellen würden. Das haben wir in diesem Koalitionsvertrag so nicht verankern können. Ich glaube, langfristig bleibt es auf der Agenda. Wir müssen im Augenblick sehen, URENCO hat die Zusammenarbeit mit Russland eingestellt, wenn ich das richtig erinnere, und auch die Debatte über die nuklearen Abhängigkeiten, die ich angedeutet habe, wird wahrscheinlich noch mal im weiteren auch geführt werden, auch im bundesdeutschen Diskurs auch im europäischen Diskurs und soweit glaube ich muss man sehen, dass da auch Bewegung sein könnte, hoffentlich in die Richtung, wie Deutschland sich entschieden hat und dass wir mindestens mittel- oder langfristig darauf auch verzichten können. Wir können von uns aus die Produktion nicht einfach einstellen als BMUV. Auch das ist völlig klar. Insofern muss man mal sehen, ob was Framatome, was die Betreiber oder Besitzer selber noch mal für Konsequenzen ziehen. Jedenfalls unser eigentliches Ziel ist klar.“ – Bitte im Original im oben benannten Video selbst überprüfen!

Noch in der letzten Legislatur hatten DIE GRÜNEN und DIE LINKE im Bundestag die Stilllegung der beiden Uranfabriken mit Anträgen gefordert. Aus den jeweiligen Arbeitskreisen der Grünen waren entsprechende Vorlagen zur „Vollendung des Atomausstiegs“ in Richtung der Verhandlungskommission verfasst worden – Gronau, Lingen und auch Garching waren dabei als einzelne Standorte genannt worden. Auch im Wahlprogramm der Grünen finden sich entsprechende Forderungen. Dass es zwischen Grünen und der SPD sowie der FDP in der Frage des Atomausstiegs zu ernsthaften Kontroversen gekommen war, war zu keiner Zeit zu vernehmen. Das es zu keinerlei verbindlichen Aussagen im Koalitionsvertrag gekommen ist und offenbar die FDP alles dazu abgeräumt hat – vermutlich mit Unterstützung mindestens der SPD in NRW, ohne dass es wahrnehmbare Proteste der Grünen Verhandler:innen gegeben hat, hatte auch viele Grüne umgehauen.

 

Dirk Seifert