LNG-Fracking Terminals im Hamburger Hafen und anderswo: Klimakatastrophe oder Ende Gelände
Nachdem sich diverse Umweltverbände und Klimaschützer:innen schon gegen die geplanten (mobilen) Flüssig#Fracking#Gas bzw. LNG-Terminals positioniert haben, hat nun auch der BUND Hamburg eine Stellungnahme veröffentlicht, die der AK Energie des Verbandes erarbeitet und der Vorstand beschlossen hat: „Der BUND Hamburg lehnt ein übereiltes und faktenfreies Genehmigungsverfahren zum Bau von LNG–Terminals in Deutschland unter Ausschluss der aktuell rechtsgültigen Verfahrensschritte, insbesondere der Umweltverträglichkeitsprüfung und des zivilgesellschaftlichen Beteiligungsverfahren, ab. Die unter diesen Bedingungen geplanten LNG–Terminals in Deutschland werden vom BUND Hamburg entschieden abgelehnt. Der BUND Hamburg unterstützt den Widerspruch des Bundesverbandes gemeinsam mit NABU und WWF gegen die Genehmigung des LNG–Terminals in Wilhelmshaven. Auch für den BUND Hamburg gilt das Wort der „klaren Kante“ gegen die provokanten Planungen und abgekürzten Verfahren.“ Klare Ansage. In einer Presseerklärung hatte der BUND Hamburg festgestellt: „Überteuert, intransparent und an Klimazielen vorbei: BUND kritisiert Hamburgs LNG-Pläne – Gasbedarf kann über bestehende mitteleuropäische Infrastruktur gedeckt, und auch von Hamburg noch massiv reduziert werden.“ Der Bundesverband spricht sogar von einer „LNG-Terminals werden zur politischen Irrfahrt“. Klagen sind angekündigt. Wichtig aber auch: Den gesellschaftlichen Widerstand öffentlich auf die Straße zu bringen.
- Die PM des BUND ist hier online und gleich unten dokumentiert. Die Stellungnahme des BUND ist hier beim Verband online (PDF) und auch hier direkt als PDF.
- Stephan Jersch von der Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft hatte zuletzt eine Kleine Anfrage zum Thema „Ein schwimmendes LNG-Terminal in Hamburg“ (PDF) gestellt. Darin erklärt der Senat, dass er einen solchen Terminal am Standort des ehemaligen Kohlekraftwerks Moorburg für grundsätzlich möglich hält, räumt aber ein, dass Sicherheitsfragen noch nicht abschließend untersucht sind.
- Brunsbüttel hochexplosiv und radioaktiv: LNG Terminal meets Atommüll
Hamburgs grüne Umweltbehörde und der sozialdemokratische Bürgermeister hatten neue – mobile – LNG-Terminals als Mittel, um von russischen Gaslieferungen aufgrund des Angriffs gegen die Ukraine, wegzukommen, begrüßt. Ernsthafte Prüfungen, darauf hat nicht nur der BUND Hamburg jetzt hingewiesen, ob man neue Terminal überhaupt brauche, hat es bislang nicht ernsthaft gegeben. Ebensowenig wird von der Bundesregierung oder dem rot-grünen Senat in Hamburg thematisiert, dass mit den LNG Planungen nicht nur Milliarden-Investitionen anstehen, sondern Tür und Tor für extrem umwelt- und klimaschädliches Fracking-Gas geöffnet wird. Damit feuert man im wahrsten Sinn die Klimakatastrophe an. Beteiligungsrechte und auch Rechtsstandards in der EU sollen für diese Maßnahmen einer Kriegswirtschaft entsprechend der Beschlüsse im Bundestag massiv eingeschränkt werden. Die Deutsche Umwelthilfe (LNG) und der Bundesverband des BUND haben daher bereits Klagen angekündigt. Der grüne Wirtschaftsminister Habeck hat schon mal die Verbände gewarnt !! gegen diese Grundrechtseinschränkungen zu klagen (wir haben ja Krieg, siehe hier NDR).
Für den Standort in Hamburg sind – siehe oben – Sicherheitsprüfungen noch nicht abgeschlossen. LNG-Schiffe stellen wegen der Explosionsgefahren ein extrem hohes Risiko dar. Die Schiffe müssten bis zum Hamburger Hafenstandort bei Moorburg nicht nur die gesamte Elbe hinauf an vielen Städten vorbei, sondern im Hamburger Hafen durch faktisch mitten durch die Millionenmetropole. Außerdem ist in der Diskussion, ob es eine Sperrung auf der Elbe für andere Schiffs-Verkehre geben muss, wenn diese befüllten Gas-Tanker Moorburg anlaufen. Die Explosion im Hafen von Beirut im Jahr 2020 hat zuletzt deutlich gemacht, welche extreme Zerstörungskraft von Gefahrstoffen ausgehen kann, von denen es schon ohne LNG genug im Hamburger Hafen gibt. Mit Blick auf die bis heute nicht absehbare weitere Entwicklung des Kriegs Russland in der Ukraine muss auch berücksichtigt werden, das solche Schiffstransporte auch zu Angriffszielen von Terrorkommandos oder Staaten werden können. Russland hat zuletzt mit dem Angriff auch gegen Atom-Standorte wie Tschernobyl und andere AKWs in der Ukraine gezeigt, wie schnell „zivile“ Infrastruktur angegriffen und im Zweifelsfall mit katastrophalen Wirkungen zerstört werden könnte. Mehrfach hat Russland dazu im Krieg gegen die Ukraine z.B. Infraschall-Raketen eingesetzt. Diese Raketensystem gelten derzeit als nicht verteidigbar.
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Ende Gelände und andere Organisationen mobilisieren angesichts dieser Planungen, die die fossile Energiewirtschaft im Schatten des Krieges für Jahrzehnte stabilisieren könnten, zu Gegen-Aktionen. Statt über irrwitzige Verfassungsänderungen mit „Sondervermögen“ für die Aufrüstung die Schuldenbremse fortzusetzen braucht es in jedem Fall eine Klimakatastrophen-Bremse!
Dokumentation:
Per Beschluss des Deutschen Bundestags von letzter Nacht ermöglicht das sogenannte LNG-Beschleunigungsgesetz deutschlandweit zwölf Terminals, fest und schwimmend, davon eines in Hamburgs Hafen. Die Bundesregierung hat bis heute keine validen Daten zum Gasbedarf vorgelegt. „Vor Installation eines schwimmenden Terminals in Hamburg erwarten wir vollständige Transparenz über den tatsächlichen Gasbedarf. Ein schwimmendes LNG-Terminal kostet €200.000 pro Tag. Angesichts dieses Wahnsinns kann keine einzige verfügbare Einsparmaßnahme an Geldfragen scheitern“, sagt Lucas Schäfer, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg. Sämtliche geplanten Terminals werden mit der Daseinsvorsorge der Bevölkerung begründet. Dabei ist es die Industrie, die etwa die Hälfte des Erdgasverbrauchs in Deutschland verursacht, darunter maßgeblich die petrochemische Plastik-Industrie. LNG-Terminals bringen zudem eine extreme Klimaschädlichkeit mit sich, sobald LNG aus Fracking-Technologie importiert wird.
Studien des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und Berechnung von Artelys[1] zeigen auf, dass bereits die bestehenden Pipelines und Terminals in Mitteleuropa ausreichen, um die Versorgungssicherheit mit Erdgas, unabhängig von Russland, sicher zu stellen. Möglichkeiten aus Zeebrugge (Belgien) und den Niederlanden (u.a. Rotterdam), die bereits dort vorhandene Infrastruktur für einen vorübergehenden LNG-Import mitzunutzen, anstatt in Deutschland eine Überkapazität aufzubauen, werden jedoch von allen deutschen Nordbundesländern ignoriert und der Aufbau einer neuen Infrastruktur forciert. „Das übereilte und faktenfreie Genehmigungsverfahren für LNG-Terminals ist inakzeptabel“, so Schäfer. Der BUND Bundesverband geht gemeinsam mit NABU und WWF juristisch in Widerspruch gegen die Genehmigung des LNG-Terminals in Wilhelmshaven. Auch für das schwimmende Terminal in Hamburg gilt das Wort der „klaren Kante“ gegen die überstürzten Planungen.
„Bevor Bürgermeister Tschentscher und Umweltsenator Kerstan sich überhaupt reinen Gewissens für neue fossile Infrastruktur wie LNG-Terminals aussprechen können, müssen sie sämtliche in öffentlicher Hand der Stadt Hamburg liegenden Einsparmöglichkeiten prüfen“, mahnt Schäfer. Der Senat kann u.a. auf den Gasverbrauch in der Fernwärme direkt Einfluss nehmen. Hier müssen Großwärmepumpen massiv stärker eingesetzt werden. Die für den Standort Dradenau geplante Wärmepumpe wurde absurderweise in ihrer Leistung immer weiter reduziert von einst 60 MW auf zuletzt nur noch 20 MW. Konsequenter Ausstieg aus dem Heizen mit Gasheizungen sowie energetische Gebäudesanierungen sind weitere bisher zu wenig genutzte Hebel. Über 50 Prozent des Gasbedarfs kommt aus der Industrie und dort insbesondere aus der petrochemischen Plastik- und Kunstdünger-Industrie. In der Verpackungsindustrie und in der konventionellen Landwirtschaft bestehen diesbezüglich noch erhebliche Einsparpotenziale.
Für Rückfragen:
BUND Hamburg, Lucas Schäfer, Tel. 040 600 387 11
[1] Artelys: Does phasing-out Russian gas require new gas infrastructure? https://elperiodicodelaenergia.com/wp-content/uploads/2022/05/Artelys-Russian-gas-phase-out.pdf (2022, finanziert durch European Climate Foundation)
„Die LNG-Nutzung widerspricht dem Klimaneutralitätsziel der Bundesregierung. Statt politischer Schnellschüsse braucht es ein belastbares Konzept für den Import erneuerbarer Energien. Die Landesregierung in Schleswig-Holstein sollte nicht in blinden Aktionismus verfallen, sondern Sorgfalt walten lassen. Es braucht eine umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit und eine Überprüfung der Klimabilanz von LNG-Terminals.
Die Landesregierung in Schleswig-Holstein begibt sich mit der Änderung des Wasserrechts auf denselben Irrweg wie die Bundesregierung: Sie meidet die öffentliche Diskussion und verkürzt die demokratischen Verfahren. Damit wird eine riskante Politik der vollendeten Tatsachen etabliert. Die aufschiebende Wirkung von Klagen gegen Planfeststellungsbeschlüsse wird unmöglich. CDU, Grünen und FDP entmündigen die Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein.
Es braucht dringend mehr Beteiligung, um die zukünftigen Gasimportinfrastrukturen mit den Zielen der Energiesouveränität und Klimaneutralität zu vereinbaren. Die Energieversorgung ganz allgemein zum öffentlichen Interesse zu erklären, geht an der Komplexität des heutigen Energiesystems völlig vorbei.“
Mehr Informationen
- LNG-Importe stehen im Verdacht, teilweise klimaschädlicher zu sein als die Kohlenutzung, da Transport und Verflüssigung sehr energieintensiv sind und zu hohen Methanemissionen führen. Die Lieferverträge für LNG werden voraussichtlich eine Laufzeit über 20 Jahre und mehr haben – weit über die derzeitige Krisensituation hinaus. Stationäre LNG-Terminals, die erst Mitte der 2020er Jahre in Betrieb gehen, tragen somit kurzfristig nicht zu einer besseren Versorgungssicherheit bei.
- Ein vom BUND vorgelegtes Papier „Einsparungen jetzt! Für Energiesouveränität und ein krisenfestes Ernährungssystem“ fordert von der Bundesregierung angesichts des Krieges in der Ukraine Sofortmaßnahmen in unterschiedlichen Sektoren.
- Alle BUND-Positionen zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine
- Kontakt: Oliver Powalla, BUND-Energieexperte (Gas), Tel. (030) 2 75 86-436, Mobil: 01 63 / 6 85 43 24, oliver.powalla(at)bund.net sowie BUND-Pressestelle (Sigrid Wolff / Daniel Jahn / Clara Billen / Lara Dalbudak), Tel. (030) 2 75 86-497 / -531 / -464 / -425, presse(at)bund.net