Atomare Laufzeitverlängerungsdebatte gefährdet Endlagersuche – Atommüll im Bundestag

Atomare Laufzeitverlängerungsdebatte gefährdet Endlagersuche – Atommüll im Bundestag

Söder ist in jeder Hinsicht ein Hit: Er blockiert seit vielen Jahren den Ausbau der Windenergie in Bayern, bei der Endlagersuche für hochradioaktiven Atommüll ist klar, dass ein Standort in Bayern unter absolut gar keinen Umständen möglich wäre – aber in jedem Fall sollen marode Atommeiler mit verlängerten Laufzeiten noch mehr Atommüll erzeugen, um den sich andere kümmern sollen. Dass ist eine politische Interessenvertretung, die nicht weit von rechteren Parteien entfernt ist! Unfassbar, wie wenig Medien diese billige, faktenfreie und gefährliche Ego-Shooter-Haltung skandalisieren oder mindestens hinterfragen. Lindner und die FDP machen deutlich, welche Regierung sie wirklich wollen. Atommüllberge ohne Ende, für die es nur temporäre oberirdische Lager gibt, die jederzeit militärisch und terroristisch mit katastrophalen Folgen angreifbar sind. Das ist neben dem Super-Gau-Risiko eine materielle Drohung – über die nicht bzw. wenig gesprochen wird.

Nicht nur hat Russland in der Ukraine mit der Drohung des Einsatzes von Atomwaffen und mit Angriffen auf Tschernobyl und andere Nukleareinrichtungen gezeigt, was möglich ist. In Frankreich steht fast die halbe Atomflotte still, weil Risse in Rohrleitungen möglicherweise zur nuklearen Mega-Katastrophe werden könnten. Auch in den bundesdeutschen AKWs gibt es Risse (siehe unten). Damit der hochradioaktive Atommüll nach rund 50 Jahren Atomenergie endlich unter die Erde kommt, ist der Atomausstieg zur Grundlage gemacht worden. Nur wenn klar ist, dass kein neuer Atommüll nachkommt, wäre ein Endlager auch ohne bürgerkriegsähnliche Konflikte wie seinerzeit in Gorleben machbar. Das hatten zuletzt die Beteiligten Institutionen bei einem Fachgespräch zur Endlagersuche im Bundestag unterstrichen. Auch Klaus Brunsmeier vom Nationalen Begleitgremium und früheres Vorstandsmitglied beim BUND hatte das betont. Das Wortprotokoll der Sitzung ist nun online verfügbar.

Anlass der Sitzung war auch der Tätigkeitsbericht des Nationalen Begleitgremiums, das einige Kritik an dem Vorgehen der zuständigen Behörde BASE und des staatlichen Endlager-Such-Unternehmens BGE anführte.  Auf der Seite des Bundestags heißt es zum Fachgespräch vom 11. Mai 2022:  „Klaus Brunsmeier, NBG-Vertreter und Mitglied des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), mahnte daher eindringlich, an dem Ausstieg festzuhalten. Es dürfe keine längeren Laufzeiten für noch am Netz befindliche Atomkraftwerke geben. Für das Weiterbestehen des Vertrauens in den Prozess der Endlagersuche sei es zentral, dass der mit dem Standortauswahlgesetz gefundene „gesellschaftliche Konsens“ nicht infrage gestellt werde.

  • An diesem Wochenende wird in Loccum an der evangelische Akademie über die Endlagersuche debattiert. Siehe dazu auch unten das Programm als Dokumentation.

Zudem drängte Brundmeier angesichts der kriegsbedingt gestiegenen Gefahren für Atomanlagen auf eine „schnellstmögliche tiefengeologische Lagerung“  radioaktiver Abfälle. Die Lagerung in einem verschlossenen Bergwerk stelle die im Vergleich  zu anderen Lageroptionen sicherste Lösung dar. Weiter regte er im Gespräch mit dem Abgeordneten an, schon jetzt auch ein partizipatives Verfahren zur Zwischenlagerung zu beginnen. „Die Menschen wollen zu Recht wissen, wie es weitergehen soll.“ Die Genehmigungen liefen Mitte des kommenden Jahrzehnts aus, und es sei schon jetzt absehbar, dass dann noch kein Endlager zur Verfügung stehen werde. Bis 2031 soll allerdings, so schreibt es das Standortauswahlgesetz von 2017 vor, ein geeigneter Standort für ein Endlager gefunden werden.“

Unter dem genannten Link befindet sich auch ein Video von dem Fachgespräch, sowie die Stellungnahmen der Beteiligten – auch hier eingebunden:

https://dbtg.tv/cvid/7535875

Dokumentation:

Ev. Akademie Loccum 2022: Die Suche nach einem Lager für hochradioaktive Abfälle

In der Schweiz und in Deutschland

24.06.2022 – 26.06.2022

Thema

Eine möglichst breite Öffentlichkeit soll die gesamte Suche in beiden Ländern engmaschig begleiten. Trotz der Unterschiede zwischen den Verfahren gibt es identische Fragen und Herausforderungen. Wie können sich Bürgerinnen und Bürger organisieren, dem wissenschaftsbasierten Prozess folgen und sich einbringen? Was lässt sich voneinander lernen? Was wissen wir überhaupt voneinander? Die Veranstaltung will der Zivilgesellschaft aus der Schweiz und aus Deutschland ein Forum für einen Austausch bieten.

Ihre Gesundheit ist uns wichtig. Bitte beachten Sie daher die aktuellen Hygienevorschriften der Ev. Akademie Loccum. Vielen Dank.

Programm

15:30 Uhr

Kaffee, Tee und Kuchen

16:00 Uhr

Begrüßung

Dr. Monika C. M. Müller, Ev. Akademie Loccum

16:10 Uhr

Was ist für mich von Interesse am Schweizer, am deutschen Verfahren?

Austausch in Kleingruppen mit kleiner Pause

17:15 Uhr

Wie sind die Verfahren in der Schweiz und in Deutschland aufgestellt? Teil I

Stefan Jordi, Leiter Regionale Partizipation, Bundesamt für Energie – BFE, Bern, CH
Prof. Meinert Rahn, Sektionschef Geologie, Eidg. Nuklearsicherheitsinspektorat – ENSI, Brugg, CH
Dr. Tim Vietor, Leiter Bereich Sicherheit, Geologie & Radioaktive Materialien, Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle – Nagra, Zürich, CH
Ueli Müller, Präsident Regionalkonferenz Jura Ost, CH (online)
Steffen Kanitz, Mitglied der Geschäftsführung, Bundesgesellschaft für Endlagerung – BGE, Peine
Karl Hochholzner, Abteilung Aufsicht, Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung – BASE, Berlin
Christian Schwöbel, Abteilung Öffentlichkeitsbeteiligung, BASE, Berlin
Dr. Manfred Suddendorf, Mitglied Nationales Begleitgremium – NBG, Dönkendorf
Martin Steinebrunner, Deutsche Koordinationsstelle Schweizer Tiefenlager, Waldshut-Tiengen (Moderation)

18:30 Uhr

Abendessen

19:30 Uhr

Wie sind die Verfahren in der Schweiz und in Deutschland aufgestellt? Teil II

Bisher nur im Schweizer Verfahren: Nachbarschaftliche Begleitung

Ulrike Elliger, FG Sicherheit der Regionalkonferenz Zürich Nordost, Jestetten

21:00 Uhr

Ausklang auf der Galerie

Mehr zum Thema

Eine Aufgabe – zwei Länder – zwei Wege?

In der Schweiz und in Deutschland wird jeweils ein Lager für hochradioaktive Abfälle gesucht.
Die Schweiz startete 2008, Deutschland 2017.

In beiden Ländern läuft die Suche auf Hochtouren. In beiden Ländern spielt die Beteiligung der Öffentlichkeit eine große Rolle. Manche sagen, die Verfahren bzw. die in diesem Verfahren engagierten Menschen könnten voneinander nichts lernen, weil die Verfahren, die politischen Gegebenheiten, der Umfang der Suche, die Mentalitäten, das Verhältnis der Bürger:innen zu den Institutionen usw. zu unterschiedlich seien.

Dennoch bewegen Akteure und Zivilgesellschaft in beiden Ländern ähnliche Themen, Fragen und Herausforderungen: Sicherheit, Forschung und Entwicklung, Information, Kommunikation, Transparenz, Beteiligung und vieles mehr. Vermutlich ließe sich doch etwas voneinander lernen.

Folgende und weitere Fragen sollen gemeinsam erörtert werden:

  • Was wissen wir überhaupt voneinander?
  • Wie agieren die Akteure miteinander – innerhalb und zwischen den Ländern?
  • Was ist Sicherheit und wie wird diese sichergestellt?
  • Wie wird Öffentlichkeitsbeteiligung organisiert und praktiziert?
  • Wie können Bürger:innen dem wissenschaftsbasierten Prozess folgen und sich aktiv einbringen?
  • Was lässt sich durch finanzielle Unterstützung lösen, was wird dadurch aber evtl. auch schwieriger?
  • Blick nach vorn: was folgt daraus für die nächsten Schritte?

Die Veranstaltung will Akteuren und zivilgesellschaftlich engagierten Personen aus der Schweiz und aus Deutschland ein Forum für einen Austausch bieten.

Wir laden Sie herzlich ein, diesen Austausch aktiv mit zu gestalten und Ihre Erfahrungen, Wünsche und Erwartungen in die Diskussionen einzubringen.

Dr. habil. Monika C. M. Müller, Tagungsleiterin
PD Dr. Verena Grüter, Akademiedirektorin

 

Dirk Seifert