Uran-Exporte von Lingen nach Russland? Umweltorganisationen fordern Verbot
Umweltorganisationen aus Emsland, Münsterland, sowie .ausgestrahlt und Ecodefense fordern jetzt das Bundesumweltministerium sowie die zuständige Genehmigungsbehörde BAFA auf, den Export von angereichertem Uran aus Uran nach Russland zu verbieten. Auf Anfragen von umweltFAIRaendern hatten BAFA und BMU bestätigt, das ein entsprechender Export-Antrag sich in der Prüfung befände. Von der vom Atomausstieg ausgenommenen Uranfabrik der zum französischen Atomkonzern gehörenden Brennelementefabrik Advanced Nuclear Fuels in Lingen sollen trotz des russischen Kriegs in der Ukraine angereicherte Kernbrennstoffe per LKW und über einen niederländischen Hafen in die “MSZ Machinery Manufacturing, Joint-Stock Company” (MSZ JSC) verschifft werden. UmweltFAIRaendern hatte darüber berichtet und vor wenigen Tagen auch auf ein bereits 2020 vorgelegtes Gutachten der Grünen Bundestagsfraktion verwiesen, in dem Verbotsmöglichkeiten aufgrund bestehender Sanktionsmöglichkeiten gegen Russland als möglich bezeichnet wurden. Die heute gültigen Regelungen haben die genannten Organisationen noch einmal ausgewertet und begründen nun ihre Forderung, die Export zu verbieten. Statt Urangeschäfte mit Russland, müsse die Fabrik in Lingen endlich stillgelegt werden.
- Verstrahlte Atomgeschäfte mit Russland aus emsländischer Uranfabrik: Exportgenehmigung fehlt immer noch
- Verstoßen Uranexporte aus Lingen nach Russland gegen EU-Recht – Studie der Grünen begründet Verbotsmöglichkeit
- Uran-Exporte Lingen nach Russland: “Der völlig falsche Weg” – BMU sieht keine rechtliche Eingreifmöglichkeit
Hier als Dokumentation die PM der Umweltorganisationen:
3. November 2023
Gemeinsame Pressemitteilung von .ausgestrahlt, Ecodefense!, Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen und Bündnis AgiEL – Atomkraftgegner*Innen im Emsland
Geplante Uranexporte von Lingen nach Russland: Verstoß gegen Dual-Use-Sanktionen der EU
Bundesumweltministerium prüft Framatome-Antrag / militärische Nutzung nicht ausgeschlossen / Rosatom vielfältig am Ukraine-Krieg beteiligt
Die zum französischen Framatome-Konzern gehörende Brennelemente-Fabrik in Lingen plant den Export von angereichertem Urandioxid nach Russland. Das Bundesumweltministerium bestätigte jetzt eine Anfrage von Atomkraftgegner*innen, dass ein Antrag „zum Export von Kernbrennstoffresten“ aktuell geprüft werde. Das Urandioxid soll an das zum russischen Staatskonzern Rosatom gehörende Unternehmen “MSZ Machinery Manufacturing, Joint-Stock Company” (MSZ JSC) transportiert werden. Rosatom ist ein zivil-militärischer Mischkonzern ohne klare Trennlinien. Wie ein neues Faktenblatt des Alternativen Nobelpreisträgers Wladimir Sliwjak im Auftrag von .ausgestrahlt feststellt, ist der russische Staatskonzern direkt und indirekt am Krieg gegen die Ukraine beteiligt – weit über die Besetzung des ukrainischen AKW Saporischschja hinaus. Rosatom hat darüber hinaus bereits angekündigt, zur Umgehung von Sanktionen beitragen zu wollen.
Damit ist eine militärische Nutzung des Urans aus Lingen nicht ausgeschlossen. Ein Export wäre ein klarer Verstoß gegen die EU-Sanktionsverordnung 833/2014. Die 2014 nach der völkerrechtswidrigen Annektion der Krim erlassene Verordnung in ihrer aktuellen Fassung verbietet den Export von Dual-Use-Gütern nach Russland, wenn die Güter „eine militärische Endverwendung haben könnten“. Gemäß der einschlägigen Dual-Use-Verordnung 2021/821 der EU ist ausdrücklich auch „besonderes spaltbares Material“, darunter angereichertes Uran, ein solches Gut mit doppeltem Verwendungszweck.
Hierzu erklärt Alexander Vent vom Bündnis AgiEL – Atomkraftgegner*innen im Emsland: „Framatome macht bedenkenlos weiter Geschäfte mit dem staatlichen russischen Atomkonzern Rosatom und kümmert sich dabei nicht um die bestehenden EU-Sanktionen gegenüber Russland. Wir fordern deshalb vom Bundesumweltministerium eine klare Ablehnung des rechtswidrigen Antrags und die Beachtung der wenigen tatsächlich existierenden EU-Sanktionen im Atombereich gegenüber Russland.“
Julian Bothe von der bundesweiten Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt ergänzt:
„Der Kreml fördert weltweit die Atomkraft, um seine politische Macht zu sichern. Framatome ergreift bereitwillig den verlängerten Arm Putins und will die nukleare Zusammenarbeit in Zukunft sogar noch ausweiten. Die Bundesregierung darf die Atom-Deals mit Russland nicht weiter dulden. Sie muss endlich eigene Maßnahmen ergreifen, die Brennelemente-Fabrik Lingen schließen und darüber hinaus dafür sorgen, dass auch der russische Atomsektor als Ganzes von der EU sanktioniert wird.“
Wladimir Sliwjak, Co-Vorsitzender der russischen Umweltorganisation Ecodefense! und Träger des Alternativen Nobelpreises, betont: „Rosatom ist aktiv am russischen Krieg in der Ukraine beteiligt. Dennoch erhält der Staatskonzern weiterhin Geld aus Westeuropa, womit in Russland weitere Bomben, Panzer und Raketen produziert werden. Rosatom muss als Unternehmen wie ein Kriegsverbrecher behandelt werden. Die deutsche Bundesregierung muss jegliche Zusammenarbeit mit Rosatom unverzüglich unterbinden.“
Rechtsgutachten zu Uran-Exporten nach Russland
Bereits 2020 beschäftigte sich ein Gutachten im Auftrag der Grünen Bundestagsfraktion mit der Problematik von Uran-Exporten nach Russland, worauf der Blog umweltfairaendern.de hinweist. Laut Gutachter Prof. Dr. Bernhard Wegener von der Universität Erlangen-Nürnberg setze eine Exportgenehmigung „die begründete Überzeugung der Genehmigungsbehörde voraus, dass ein Risiko der militärischen Verwendung […] nicht besteht.“ Er kommt bereits damals zu dem Schluss, dass „unter den öffentlich bekannten Rahmenbedingungen des konkret stattfindenden Exports und angesichts einer offenbar unzureichenden Informationslage der Bundesregierung“ ein solches Risiko nicht ausgeschlossen werden könne. Diese Einschätzung hat sich mit der vielfältigen Beteiligung Rosatoms an den aktuellen Kriegshandlungen noch verstärkt.
Weiterführendes Material und Quellen:
Rosatom und Russlands Krieg in der Ukraine. Hintergründe und Fakten. Wladimir Sliwjak im Auftrag von .ausgestrahlt, 3.11.2023
Deutsch: http://ausgestrahlt.de/rosatom-und-russlands-krieg-in-der-ukraine
Englisch: http://ausgestrahlt.de/rosatom-and-russias-war-in-ukraine
EU-Sanktionsverordnung 833/2014:
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A02014R0833-20231001
EU-Dual-Use-Verordnung 2021/821:
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32021R0821
Rechtsgutachten Prof. Dr. Bernhard W. Wegener
Zur Zulässigkeit von Dual-Use-Exportgenehmigungen für abgereichertes Uran von Deutschland nach Russland gemäß der EU-Verordnung 833/2014. Rechtsgutachten für die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. 2. Oktober 2020.
https://umweltfairaendern.de/wp-content/uploads/2023/10/Wegener-Uran-Exporte-Russland-Gutachten-Endfassung-final.pdf
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.ausgestrahlt:vJulian Bothe,
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Ecodefense!, Wladimir Sliwjak,
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Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen, Matthias Eickhoff
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Bündnis AgiEL – Atomkraftgegner*Innen im Emsland, Alexander Vent
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