Atommüll-Endlagersuche und Partizipation: Selbstorganisation mündet auch in Abhängigkeiten und Kontrolle
Die Suche nach einem Atommülllager für hochradioaktive Abfälle in der Post-Gorleben-Ära baut unter anderem auf den gesetzlichen Anspruch auf umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung. Die ist immer wieder schwer in der Kritik, weil das zuständige Bundesamt sehr eigene Vorstellungen dazu entwickelt, wie die Öffentlichkeit das tun soll – und wie nicht. Gut, dass auch die Sozialwissenschaften immer wieder einen Blick auf das Verfahren und die Dinge werfen, die dort passieren. Das kann Korrekturen ermöglichen. Im Forschungsjournal der sozialen Bewegungen haben Achim Brunnengräber, Albert Denk und Dörte Themann (FU Berlin) einen Beitrag veröffentlicht, der das 2. Forum Endlagersuche im November 2023 unter die Lupe nimmt.
In den Abstracts machen die Autor:innen klar: „Zur Beantwortung der Frage wurden eigene Daten mittels einer teilnehmenden Beobachtung beim 2. Forum Endlagersuche im November 2023 erhoben. Die Fallanalyse zeigt, dass das Beteiligungsverfahren bei dieser Forumsveranstaltung aufgrund der staatlichen Einflussnahme nur teilweise als selbstorganisiert beschrieben werden kann. Staatliche Akteure, allen voran das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE), unterstützen zwar die zivilgesellschaftliche Selbstorganisation. Dabei zeigt sich jedoch, dass bestimmte Unterstützungsleistungen auch in Abhängigkeiten und Kontrolle münden können. Das Beteiligungsverfahren war darüber hinaus durch einen hohen Grad der Formalisierung gekennzeichnet sowie durch eine exklusive Selbstorganisation innerhalb der Zivilgesellschaft, die die Teilnahme bisher am Verfahren Unbeteiligter erschwerte.“
- Der gesamte Beitrag ist hier nachzulesen (auch als PDF): Achim Brunnengräber, Albert Denk und Dörte Themann (FU Berlin): Hemmnisse zivilgesellschaftlicher Selbstorganisation im Standortauswahlverfahren für hochradioaktive Abfälle. Ein Diskussionsbeitrag zur Öffentlichkeitsbeteiligung beim Forum Endlagersuche , Download, Supplement zu FJ SB Heft 1/2024. Siehe auch hier direkt als PDF
- Über die sozialwissenschaftliche Begleitung der Endlagersuche bzw. sozialwissenschaftliche Aspekte des gesellschaftlichen Umgangs mit den radioaktiven Abfällen und der Atomenergie hat Achim Brunnengräber von der FU Berlin in vielen Formaten der letzten Jahre mitgewirkt. Siehe auch Sozialwissenschaft.