Atommülllagerung am Rande des Rechtsstaats: Grünes Ministerium erlaubt „Bereitstellung“ im nicht genehmigten Lager

Atommülllagerung am AKW Brunsbüttel: Gericht hob die Genehmigung wegen fehlender oder falscher Sicherheitsnachweisen auf. Liegt die Verantwortung beim BMU? Foto: Dirk Seifert
Atommülllagerung am AKW Brunsbüttel: Gericht hob die Genehmigung wegen fehlender oder falscher Sicherheitsnachweise auf. Trotzdem lässt die Grüne Atomaufsicht weitere Einlagerung zu und nennt das „Bereitstellung“. Foto: Dirk Seifert

Atommülllagerung am Rande des Rechtsstaats. Egal wie, irgendwie irgendwo findet sich schon der passende Paragraph. Vattenfall erhält jetzt von der zuständigen grünen Atomaufsicht in Schleswig-Holstein die Genehmigung, in einem Castor-Zwischenlager, dem ein Oberverwaltungs- mit Zustimmung eines Bundesverwaltungsgerichts die Betriebsgenehmigung entzogen hat, hochradioaktiven Atommüll einzulagern. Weil es nach Atomrecht keine Zwischenlagerung ist, nennt man das nun „Bereitstellung“. Über die heutige Pressekonferenz, auf der der Minister Robert Habeck diese Entscheidung mitteilte, berichten u.a. die SHZ und der NDR.

Es mag sein, dass in irgendeiner Rechts-Deutung das Vorgehen der Atomaufsicht bei der Genehmigung hinzubiegen ist. Dass ein Urteil höchster bundesdeutscher Gerichte damit im Grunde zur Farce und Bedeutungslosigkeit erklärt wird, wirft massive Fragen im Umgang mit Atommüll und dem Rechtsstaat auf. Umso mehr, als ein Grüner Minister hier am Start ist.

Beeindruckend auch das Tempo, mit dem die Kieler Aufsicht Vattenfall zu dieser Genehmigung verhilft. Erst im Mai 2016 berichteten Medien über den Antrag von Vattenfall zur „Bereitstellung“ des Atommülls im nicht genehmigten Castor-Lager. Ein neuer Genehmigungsantrag für die Castor-Halle, der die bisherigen Mängel bei den Sicherheitsnachweisen beheben soll, dauert aber noch mindestens zwei Jahre bis zur Genehmigung.

Obwohl das OVG Schleswig urteilt, dass Sicherheitsnachweise für die Castor-Halle nicht erbracht seien und Mängel festgestellt wurden, sagt der Grünen-Minister, dass das Castor-Lager das sicherste Gebäude auf dem Vattenfall-Gelände sei. Der Minister betonte auch, dass gegen die Genehmigung des Ministeriums die Möglichkeit einer Klage bestehe, warnte aber, dass diese die mögliche Sicherheitsverbesserung aus seiner Sicht gefährde. Mit der gleichen Logik müsste man im Grunde die Klägerin kritisieren, die mit ihrer Klage wegen mangelnder Sicherheit des Castor-Lagers für die Aufhebung der Genehmigung gesorgt hatte.

Dirk Seifert

2 Gedanken zu “Atommülllagerung am Rande des Rechtsstaats: Grünes Ministerium erlaubt „Bereitstellung“ im nicht genehmigten Lager

  1. 1. Ich finde es bewundernswert, wie kenntnisreich und schnell, mit prägnanten Kommentaren und hilfreichen Links „umweltfairaendern“ immerfort berichtet. Danke.
    2. Zum Inhalt: Es ist noch gar nicht lange her, da hat Minister Habeck Vattenfall gestattet, abgebrannte Brennelemente (BE) aus dem dafür vorgesehenen Nasslager in den Reaktordruckbehälter (RDB) des AKW Brunsbüttel umzulagern – im offenen!!! RDB. Ich vermute, deshalb, weil diese Art der Lagerung billiger ist.
    3. Nun will Vattenfall – im Vorgriff auf den Rückbau, für den noch gar keine Genehmigung vorliegt – die nuklidführenden Systeme schon mal reinigen. Auch bei diesem Vorhaben unterstützt der Minister den Betreiber.
    4. Vattenfall hatte gar keinen Antrag auf Umlagerung der BE gestellt sondern nur angefragt, ob der Minister etwas dagegen habe. Die dafür beauftragten Gutachter folgten dem Auftragsgeber.
    5. Vattenfall scheint die Atomaufsichtsbehörde in Kiel fest im Griff zu haben.

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