Fummeln mit Plutonium: Die Schweizer, Paul Scherrer und die „heißen Zellen“

Venue_PSI-SchweizGerade erst haben die Schweizer rund 20 Kilogramm atomwaffenfähiges Plutonium über Deutschland in die USA verschifft. Jahrzehntelang lagerte das Zeug in dem kleinen Örtchen Villigen, zwischen Basel und  Zürich am Jurapark Aargau gelegen. Dort steht eines der wichtigsten Atomzentren der Eidgenossen. Dort fummeln sie an hochradioaktivem Material oder an Plutonium rum. Schon seit den 60er Jahren. Wissen für morgen, behaupten sie über das, was sie dort hinter einem Meter Beton und 70 Zentimeter Bleiglas machen. Inzwischen seit 50 Jahren treiben sie dort Forschung in einem Hotlabor, einem Gebäude mit vielen heißen Zellen. Damit sie das in Zukunft weiter machen dürfen, brauchen sie jetzt eine neue Erlaubnis. Darüber berichtet aktuell der Schweizer Rundfunk.

Paul Scherrer Institut (Wikipedia) heißt diese Forschungseinrichtung, welche sich gern als „multidisziplinäres Forschungsinstitut für Natur- und Ingenieurwissenschaften“ bezeichnet. Früher mal war es das 1960 gegründete Eidgenössische Institut für Reaktorforschung und das Schweizerische Institut für Nuklearphysik (1968).

Paul Scherrer? Wikipedia teilt über ihn mit: „Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete Scherrer mit dem US-Nachrichtendienst OSS zusammen, dem er aufgrund seiner engen Kontakte zum deutschen Kernphysiker Werner Heisenberg entscheidende Informationen zum Stand der Entwicklung der Atombombe in Nazi-Deutschland lieferte. [1] Nach dem Zweiten Weltkrieg war er 1954 an der Gründung des Forschungszentrums CERN bei Genf beteiligt und wirkte in verschiedenen Institutionen und Gremien zur Verbreitung der Kernenergie in der Schweiz: 1946 wurde er Präsident der neu gegründeten Studienkommission für Atomenergie SKA, welche die Durchführung eines schweizerischen Atomwaffenprogramms anstrebte. Ab 1958 war er Präsident der Schweizerischen Kommission für Atomwissenschaften. 1960 wurde er emeritiert. Im selben Jahr wurde er in die American Academy of Arts and Sciences gewählt. Im Jahr 1969 starb Scherrer. Beigesetzt wurde Paul Scherrer auf dem Friedhof Fluntern.“

  • Dort ist ein interessanter Link auf einen Artikel in der Weltwoche: „Schweizer forschten bei der Entdeckung der Kernspaltung an der Weltspitze mit. Beim Wettlauf um die Atombombe arbeitete der Zürcher Physiker Paul Scherrer eng mit den Amerikanern zusammen. Damit öffnete er der Schweiz den frühen Zugang zur zivilen Nutzung der Kernenergie.“ Dort wird auch seine Tätigkeit in Göttingen (Heisenberg) erwähnt, einem Ort, der für die deutsche Atomforschung von Bedeutung ist. Die Geschichte der Atomenergie zwischen Atombombe und Reaktor ist Thema der „Spurensuche“ auf umweltFAIRaendern.

Geschichte? Ja, aber eben nicht nur und nach dem Willen der Schweizer Atomforscher auch mit Zukunft. Wissen für morgen, sagen die Schweizer selbst.

Mit der eidgenössischen Höflichkeit hat das PSI nun ein „Gesuch“ geschrieben, um auch weiter in den heißen Zellen mit hochradioaktiven Materialien erforschen zu können. Im März 2014 hat das „Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat“ ENSI dazu eine 128 Seiten umfassende Begutachtung vorgelegt: „Gutachten zum Gesuch des Paul Scherrer Instituts um Erneuerung der Betriebsbewilligung für das Hotlabor“ (PDF).

Dort ist zu erfahren: „Der Standort gehört zur politischen Gemeinde Würenlingen“ und: „Der untere Teil des Aaretals, in dem sich das PSI befindet, beginnt in einer etwa 900 m breiten Klus beim Zusammenfluss von Aare, Reuss und Limmat und endet in einer rund 600 m breiten Klus bei Koblenz und Felsenau, wo die Aare in den Rhein mündet. Die Talausrichtung ist Nord-Süd. Die Gesteine der Hügel sind Jurakalke, die im Tertiär aufgefaltet wurden. Der ebene Talgrund des unteren Aaretals wird im Gebiet um das PSI von einer 20 bis 40 m dicken alluvialen Ablagerungsschicht aus Lockergestein (Schotter) gebildet.“ Und: „Das Paul Scherrer Institut liegt abseits der Hauptverkehrswege.“ Und: das PSI ist 24 km vom Flughafen Zürich-Kloten entfernt.

Jenseits solcher Feststellungen geht es auch im schweizerischen Atomprogramm um wesentliche Dinge der Machtpolitik. Mit Blick auf das erwähnte Plutonium schreiben Schweizer Medien: „Was der Bund heimlich verschwinden liess: 20 Kilo Plutonium aus wiederaufbereiteten Brennstäben des ehemaligen Versuchsreaktors «Diorit». Aus der Zeit also, da die Schweiz die Bombe bauen wollte.“

Mehr dazu unter dem oben schon genannten Link „Geheime Plutonium-Transporte: Vier Atombomben unterwegs„.

Zum Thema Heiße Zellen auf umweltFAIRaendern:

 

Dirk Seifert

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