Schade Vattenfall: Eilantrag wegen Stromnetz-Rekommunalisierung in Berlin abgelehnt
Vattenfall ist in Berlin mit einem Eilantrag gegen das laufende Vergabe-Verfahren für das Stromnetz gescheitert. Der Tagesspiegel schreibt: „Das Land sucht einen neuen Betreiber fürs Stromnetz – laut Koalitionsvertrag einerseits „nach Recht und Gesetz diskriminierungsfrei“. Andererseits, und das steht gleich im nächsten Satz, strebt die Koalition „eine hundertprozentige Rekommunalisierung“ des Netzes an. Das wird bisher von Vattenfall gemanagt, was dem Unternehmen eine stete Einnahmequelle sichert, die das Land gern selbst hätte.“ Um das Netz bewirbt sich nicht nur die Stadt Berlin, sondern auch die Genossenschaft Bürgerenergie. Es geht dabei auch um die Frage: Stromnetze als Infrastruktur und Daseinsvorsorge in öffentlicher Hand – oder unter alleiniger Kontrolle einer privaten Aktiengesellschaft Marke Vattenfall. (Foto: Es war einmal: Vattenfall Werbung im HBF Berlin – inzwischen abgebaut)
Der Tagesspiegel berichtet außerdem: „Die vom Land formulierten Kriterien „würden in dem erforderlichen Umfang gewährleisten, den Besten auszuwählen“. Die Kriterien seien hinreichend klar und fair, zumal das Land „einen weiten Ermessensspielraum“ habe. Dabei hatten die Richter im Eilverfahren nur zu bewerten, ob das Gesamtpaket einen Bewerber diskriminiert, also nicht jedes Detail. Neben Vattenfall und Berlin Energie bewirbt sich auch die Genossenschaft Bürger-Energie Berlin. Sie will das Netz allerdings nicht allein betreiben“ und ergänzt: „Insider erwarten, dass Vattenfall gegen das Urteil Berufung einlegt. Das Kammergericht wäre die vorerst letzte Instanz, um das Verfahren anzufechten. Erst wenn eines Tages der künftige Netzbetreiber auserkoren ist, kann gegen die Vergabe geklagt werden – aber dann nur gegen die Entscheidung, nicht gegen das Verfahren. Das zieht sich seit Ende 2011 hin. 2014 lief der vorherige Vertrag mit Vattenfall aus; seitdem betreibt das Unternehmen das Netz interimsmäßig.“
Die Taz informiert: „Vattenfall hatte in einer über 300 Seiten langen Klageschrift mehr als 200 Kriterien moniert, die eine faire Vergabe der neuen Konzession verhindern würden. Ein Erfolg hätte die Vergabe auf den Stand vor Festlegung der Kriterien zurückgeworfen und eine weitere Verzögerung bedeutet. Neben Vattenfall bemühen sich der extra gegründete landeseigene Betrieb Berlin Energie und die Genossenschaft Bürger Energie Berlin um das Netz. Letztere will 25,1 Prozent übernehmen und das Netz gemeinsam mit dem Land betreiben.“
Auch die Berliner Zeitung widmet sich ausführlich der Niederlage von Vattenfall im Eilverfahren und schließt mit der Anmerkung: „Für Berlin ist das Urteil ein kleiner Lichtblick, bislang gingen die Urteile in den Vergabeverfahren für das Strom,- Gas- und Fernwärmenetz meist für die Konzerne aus. Eine Entscheidung, wer die Stromkonzession erhält, liegt dennoch in weiter Ferne, denn Vattenfall kann noch beim Kammergericht in die nächste Instanz gehen.Erst wenn auch dort das Land Berlin gewinnt, kann die Vergabestelle entscheiden. Dann geht es in der Hauptsache weiter vor Gericht. Der Verlierer des Konzessionsverfahrens wird es sich kaum nehmen lassen, zu klagen.“
Seit Jahren hält das Tauziehen um die zunächst von einem Bürgerbündnis „Berliner Energietisch“ angestrebte Rekommunalisierung des Stromnetzes an. Mit einem Volksentscheid war das Bündnis in Berlin knapp gescheitert – kurz nachdem in Hamburg das Bündnis „Unser Hamburg – Unser Netz“ erfolgreich die vollständige Rekommunalisierung der Netze für Strom, Gas und Fernwärme per Volksentscheid durchgesetzt hatte.
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