Down by Law: Seit zwei Jahren keine Neuwahl des Nationalen Begleitgremium bei der Atommüll-Endlagersuche – Bundestag und Bundesrat verweigern sich

Down by Law: Seit zwei Jahren keine Neuwahl des Nationalen Begleitgremium bei der Atommüll-Endlagersuche – Bundestag und Bundesrat verweigern sich

Bundestag und Bundesrat bleiben weiterhin tatenlos bei der seit Ende 2022 anstehenden Neuwahl der sogenannten „anerkannten Personen“ als Mitglieder des Nationalen Begleitgremiums (NBG) bei der Atommüll-Endlagersuche. Hinter den Kulissen streiten weiterhin einige Bundesländer darum, über dieses Gremium Einfluss auf die Durchführung Endlagersuche auszuüben bzw. auszubauen. Genau das aber soll das NBG laut Gesetzesauftrag ausdrücklich verhindern. Für die Umsetzung der Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Atomabfälle ist zur Kontrolle der Umsetzung und quasi als eine Art Kontrollaufsicht zur Durchführung des Standortauswahlgesetzes ist dieses Gremium im Jahr 2016 etabliert worden. Vor allem Bayern, aber auch Sachsen und andere Länder wollen Mitglieder benennen, die dafür sorgen, dass das Endlager in jedem Fall nicht im eigenen Bundesland gefunden wird.

In Satz 1 von Paragraf 8 des Standortauswahlgeseztes ist klar geregelt, dass Gremium die Aufgabe hat, eine „vermittelnde und unabhängige Begleitung des Standortauswahlverfahrens, insbesondere der Öffentlichkeitsbeteiligung, mit dem Ziel, so Vertrauen in die Verfahrensdurchführung zu ermöglichen. Es kann sich unabhängig und wissenschaftlich mit sämtlichen Fragestellungen das Standortauswahlverfahren betreffend befassen, die zuständigen Institutionen jederzeit befragen und Stellungnahmen abgeben. Es kann dem Deutschen Bundestag weitere Empfehlungen zum Standortauswahlverfahren geben.“ Dafür bekommt es eine starke Stellung auch beim Zugang zu entsprechen Unterlagen und Informationen. Klar und eindeutig wird im Gesetz geregelt, dass keine aktiven Landes- und Bundespolitiker:innen in das Gremium dürfen und auch wirtschaftliche Interessen an der Endlagersuche sind verboten.

In Paragraf 8 Satz 3 ist festgelegt: „Das Nationale Begleitgremium soll aus 18 Mitgliedern bestehen. Zwölf Mitglieder sollen anerkannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sein. Sie werden vom Deutschen Bundestag und vom Bundesrat auf der Grundlage eines gleichlautenden Wahlvorschlages gewählt; daneben werden sechs Bürgerinnen oder Bürger, darunter zwei Vertreterinnen oder Vertreter der jungen Generation, die zuvor in einem dafür geeigneten Verfahren der Bürgerbeteiligung nominiert worden sind, von der Bundesministerin oder dem Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit ernannt.“

Erstmals wurden die „anerkannten Personen“ im November 2016 gewählt und berufen (Bundestag). Eine erste Nach- bzw. Neuwahl hätte demnach Ende 2019 durchgeführt werden müssen. Aber schon hier kam es zu Verzögerung. Erst im am 13. März 2020 wurde die nachträgliche Wahl (Bundestag) durchgeführt, in der Übergangszeit waren die Mitglieder nur noch auf Bitten der zuständigen Ministerin im Amt.  Spätestens im November 2022 hätte also turnusgemäß das NBG abermals von Bundestag und Bundesrat gewählt werden müssen. Erfolgt ist das jedoch bis heute nicht.

Überraschend eigentlich, dass diese  kaum öffentlich kritisiert oder beanstandet wird. Achselzuckend wird das Thema in den Parlamenten in die Ecke gestellt, auch andere Öffentlichkeiten handeln in dieser Problematik nicht, – sind doch andere Probleme vermeintlich bedeutsamer.

Die „anerkannten Personen“ als Mitglieder des NGB sind also lediglich auf Bitten der zuständigen Umweltministerin noch im Amt. Beide Verfassungsorgane betreiben hier im Grunde eine schwere Demontage an der Glaubwürdigkeit dieses „Wächter-Gremiums“ und ignorieren bestehende Gesetze-Vorschriften ausgerechnet bei einem so heiklen Thema, das über Jahrzehnte massive gesellschaftliche Kontroversen – Gorleben – ausgelöst hatte. Da muss man sich am Ende nicht wundern, wenn die Bürger:innen auf Abstand gehen.

Was eigentlich mit dem Standortauswahlgesetz nicht mehr passieren wollte, lauft bereits wieder: Politische Interessen nehmen wieder Einfluss auf die Durchführung eines Gesetzes, in dem Wissenschaftlichkeit, Partizipation und Beteiligung der Öffentlichkeit eigentlich als Lehre aus der Vergangenheit weit vorn stehen und politische Einflussnahmen wie seinerzeit in Gorleben außen vor bleiben sollten.

Einige der Mitglieder, die seit 2022 von Bundestag und Bundesrat nicht neu gewählt wurden, sind Monika C.M. Müller und Klaus Brunsmeier sowie die beiden amtierenden Sprecher:innen  Prof. Dr. Armin Grunwald und Prof. Dr. Miranda Schreurs. Aufgrund der Regelungen im Gesetz dürften diese Personen lediglich zweimal wiedergewählt werden, also insgesamt für maximal neun Jahre Mitglieder im NBG bleiben. Sie sind – wie auch die anderen Mitglieder eigentlich nicht ausreichend für ihre Aufgabe legitimiert – arbeiten aber weiter. Die nächsten Wahlen müssten im November 2025 stattfinden. Diese Personen dürften dann nicht wiedergewählt werden. Aber: Wenn im September 2025 der Bundestag neu gewählt wird, wer mag glauben, dass dieses NBG dann mal eben wieder legalisiert wird? (Foto: Das NGB zu Besuch im Zwischenlager Ahaus. Müller, dritte von Links. Rechts daneben Grunwald, zwei weiter nach rechts Schreurs und nochmal zwei weiter Brunsmeier.)

Dirk Seifert

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