AKW Brokdorf: Stilllegung und Rückbau sind endlich genehmigt

AKW Brokdorf: Stilllegung und Rückbau sind endlich genehmigt

Eine der vielleicht nicht schnellsten Atombehörden in Deutschland hat es nun vollbracht: Das AKW Brokdorf hat von dem zuständigen Ministerium in Schleswig-Holstein in rekordverdächtiger Frist von nur sieben Jahren eine Genehmigung zur Stilllegung und zum Abbau erhalten. Für das AKW Krümmel hatte das grün-geführte Umwelt- und Atomministerium noch neun Jahre gebraucht. Nur bei Interimsgenehmigungen ist das Haus an der Kieler Förde manchmal schneller. Voller Hoffnung dürfte man nun in der ehemaligen Atomforschungsanlage der GKKS, dann Helmholtz und inzwischen irgendwie Hereon oder so sein: Dort wartet man noch immer auf die Stilllegungsgenehmigung für die Forschungsreaktoren, seit weit mehr als nur zehn Jahren. Gut aber ist: Der bereits laufende Rückbau in Brokdorf kann jetzt endlich forciert werden, auch wenn es bei vielen Aspekten im Umgang mit den radioaktiven Hinterlassenschaften vor allem darauf ankommt, genau hinzuschauen, zu kontrollieren und zu prüfen.

ChatGPT antwortet: „Im Oktober 2024 genehmigte das Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur Schleswig-Holstein der Betreiberin PreussenElektra die erste Phase des Abbaus, die sich auf die Entfernung der meisten Anlagenkomponenten konzentriert, jedoch noch nicht auf den Reaktordruckbehälter und den biologischen Schutz. Diese zweite Genehmigung wurde bereits beantragt und befindet sich im Prüfverfahren. Die Vorbereitungen für die Stilllegung des Kraftwerks hatten bereits nach der Abschaltung im Dezember 2021 begonnen, einschließlich der Dekontaminierung und der Vorbereitung der Baustruktur für den Rückbau.“

Wenn ich das richtig sehe, sind damit alle AKWs mit einer Stilllegungsgenehmigung ausgestattet. Damit müsste eine Wiederinbetriebnahme nach geltendem Atomrecht ein komplettes neues Genehmigungsverfahren umfassen, nach heutigen Sicherheitsstandards bei Atomkraftwerken. Wirtschaftlich wäre das angesichts der Kosten der Erneuerbaren Energie völliger Unsinn und daher finden solche Szenarien bei den Stromkonzernen keinerlei Unterstützung. Die Kosten für solche Überlegungen, wie sie bei AfD, CDU/CSU und auch bei der FDP auftauchen, sind nur dann möglich, wenn der Staat die Kosten für diese unsinnige Entscheidung übernimmt. Auch mit Forschungsfreiheit, wie sie FDP und CDU/CSU in den letzten Jahren immer wieder fordern, ist Atomstrom keine Option.

Die Kosten für die zahlreichen Atomruinen und Atomunfälle und -Katastrophen führen dazu, dass extreme Kosten an die Steuerzahler:innen übertragen werden. Allein in Deutschland beträgt der Etat des Bundesumweltministeriums deutlich über 50 Prozent der Kosten für das atomare Erbe. Erhebliche Kosten sind beim Bundesforschungsministerium eingestellt, wo das Erbe der staatlichen Atomforschung mit erheblichen Belastungen für die nächsten Jahrzehnte verwaltet wird. In allen Bereichen steigen die Kosten und die Probleme. Die Zeche zahlt das Gemeinwohl.

Das AKW Brokdorf ist eines der wichtigsten Atomprojekte in der Geschichte der Bundesrepublik und mit Blick auf den Atomkonflikt. Wyhl, Wackersdorf, Kalkar, Hanau und natürlich Gorleben waren weitere Orte von großer Bedeutung. Über viele Jahre hinweg fokussierten sich hier die  gesellschaftlichen Kontroversen um die Grenzen der industriellen Entwicklungen und einer wachsenden Umweltzerstörung und Ausbeutung der natürlichen Ressourcen mit immer grenzenloser werdenden Katastrophenszenarien.

Noch heute sind die Proteste gegen das AKW Brokdorf für das Demonstrationsrecht in Deutschland von maßgeblicher Bedeutung, da das Bundesverfassungsgericht und andere Gerichte mit den Kontroversen und brutalen Polizeieinsätzen mehrfach eingreifen musste, um demokratische Verfassungsgrundsätze gegenüber machtpolitischen Interessen durchzusetzen.

Das AKW ging mit fast zehn Jahren Verspätung als erster Atomreaktor nach der Katastrophe von Tschernobyl im Herbst 1986 ans Netz. Ende 2021 wurde es dann nach der Atomkatastrophe von Fukushima endgültig abgeschaltet. Jetzt liegt die Stilllegungsgenehmigung vor.

Auch die SHZ in Schleswig-Holstein berichtet über die Stilllegungsgenehmigung. Der Kommentar glänzt vor allem darin, dass er Jahrzehnte der Atomkontroverse in Deutschland ignoriert und ausblendet, den ersten Atomausstieg der ersten rot-grünen Regierung – und alles, was damit zu tun hatte – gleich auch noch. Tschernobyl und Fukushima? Muss man nicht erinnern? Absurderweise eingeleitet vom Kommentator mit dem Satz: …“ein ungutes Gefühl bleibt“… von einem Ausstieg aus dem Ausstieg mit einer nuklearen Laufzeitverlängerung durch die Regierung Merkel, – nach der mehrfachen Fukushima-Katastrophe zum schrittweisen Ausstieg als „emotional gefühlt – und nur selten faktenorientiert“(e) Reaktion diffamiert. Aber nur so „als ungutes Gefühl“ schreibt dieser Kommentar, wo fängt faktenfrei an?

Dokumentation: Erste Genehmigung für Stilllegung und Abbau des Kernkraftwerks Brokdorf erteilt

Umweltminister Goldschmidt: „Der Atomausstieg in Brokdorf geht weiter voran“ 23.10.2024

BROKDORF/KIEL. Schleswig-Holstein hat einen weiteren Meilenstein auf dem Weg des Atomausstiegs erreicht. So konnte heute (23.10.2024), die erste Genehmigung zur Stilllegung und zum Abbau (Abbauphase 1) des Kernkraftwerks Brokdorf erteilt und an die Betreibergesellschaften PreussenElektra GmbH und Kernkraftwerk Brokdorf GmbH & Co. oHG übergeben werden.

„Der Atomausstieg in Brokdorf geht weiter voran und sorgt in Schleswig-Holstein für einen ganz besonderen Moment: Mit der heute erteilten Genehmigung kann endlich das letzte von insgesamt drei Kernkraftwerken in den Abbau gehen. Schleswig-Holstein macht damit einen großen Schritt in die Richtung einer klimaneutralen Zukunft“, sagte Umweltminister Tobias Goldschmidt.

Da im Lagerbecken des Kernkraftwerks noch Brennelemente und Sonderbrennstäbe vorhanden sind, die in das Zwischenlager am Standort verbracht werden sollen, musste im Rahmen des Genehmigungsverfahrens auch die sogenannte Abbauphase 1 berücksichtigt werden. „Die drei Atomkraftwerke in Schleswig-Holstein sind abgeschaltet und das ist vor dem Hintergrund der großen Gefahren, die von der Technologie ausgehen eine gute Nachricht für die Sicherheit der Menschen in Schleswig-Holstein. Aber auch der Rückbau der Anlagen ist mit hohen Risiken verbunden. Mit der jetzt genehmigten Vorgehensweise ist der sichere Abbau des Kernkraftwerks gewährleistet. Ich wünsche den Kolleginnen und Kollegen der Anlage sichere und erfolgreiche Rückbauarbeiten. Sie leisten den Menschen in unserem Land einen wichtigen Dienst“, so Minister Goldschmidt.

Die Abbauarbeiten im Kernkraftwerk Brokdorf werden voraussichtlich rund 15 Jahre in Anspruch nehmen. Die ersten vorbereitenden Maßnahmen konnten bereits im Nachbetrieb des Kraftwerks durchgeführt werden. So wurde bereits ein Teil der Brennelemente in das Zwischenlager am Standort Brokdorf gebracht und eine umfangreiche Systemdekontamination zur Strahlenminimierung durchgeführt.

Der Strahlenschutz besitzt während des gesamten Abbaus oberste Priorität. Alle Abbauschritte des Kernkraftwerks werden daher eng von der atomrechtlichen Aufsicht überwacht. Auch viele Teilschritte, wie beispielsweise die Stillsetzung von Systemen und der Abbau von Großkomponenten bedürfen einer Zustimmung der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde, damit die Rahmenbedingungen und das Ziel der Strahlenminimierung bestmöglich eingehalten werden.

Weitere Informationen zum Genehmigungsbescheid:

Der Genehmigungsbescheid für die Stilllegung und den Abbau des Kernkraftwerks Brokdorf (Abbauphase 1) umfasst die Stilllegung und den Abbau der nicht mehr benötigten, der atomrechtlichen Überwachung unterliegenden, Anlagenteile mit Ausnahme des Reaktordruckbehälters sowie des biologischen Schildes.

Der Genehmigungsbescheid regelt zudem die nötigen Rahmenbedingungen für atomrechtliche Freigaben. Dabei handelt es sich um ein Verfahren, nach dem Stoffe, die als potenziell radioaktiv gelten, aus dem Bereich des Strahlenschutzrechts entlassen werden können. An dieser Stelle benötigt es einen Nachweis darüber, dass von den Stoffen lediglich eine zu vernachlässigende Strahlung ausgeht, die deutlich unterhalb der natürlichen Schwankungsbreite liegt. Jede einzelne Freigabe bedarf dabei einer ausdrücklichen Zustimmung der Reaktorsicherheitsbehörde, die wiederum unabhängige Sachverständige hinzuzieht.

Bekanntmachung des Genehmigungsbescheids:

Die Reaktorsicherheitsbehörde wird den Genehmigungsbescheid gemäß Atomrechtlicher Verfahrensverordnung im Amtsblatt und in den örtlichen Tageszeitungen bekanntmachen. Zudem wird der Bescheid vor Ort (Kreisverwaltung Steinburg und Amtsverwaltung Wilstermarsch) sowie im Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur für zwei Wochen ausgelegt. Im Anschluss haben alle Personen, die Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben haben, die Gelegenheit zur Klage.

Weitere Hintergrundinformationen und den Genehmigungsbescheid finden Sie hier.

Informationen zur Abbaugenehmigung 2:

Für den Abbau des Reaktordruckbehälters und des biologischen Schildes ist eine 2. Abbaugenehmigung erforderlich. Diese setzt den Abtransport aller Brennelemente und Sonderbrennstäbe voraus, die voraussichtlich im Jahr 2025 in das Zwischenlager am Standort abtransportiert werden sollen. Den Antrag für die 2. Abbaugenehmigung haben die Betreibergesellschaften am 30.08.2024 gestellt. Dieser wird aktuell von unabhängigen Sachverständigen geprüft.

 

Dirk Seifert

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert