Nuklearer Wirklichkeitsverlust eines Ministerpräsidenten: Söders Strahlenschäden
Bereits im März 2024 genehmigte die Bayerische Staatsregierung unter Führung von Söder (CSU) die Stilllegung und den Rückbau des im April 2023 abgeschalteten Atomkraftwerks Isar 2 bei Ohu. Andere Bundesländer wie Schleswig-Holstein brauchen für derartige Genehmigungen oftmals viele Jahre. Und während unter Söders Führung die schnellsten deutschen Stilllegungsgenehmigungen erteilt werden, sabbelt der Ministerpräsident weiter davon, eben dieses AKW wieder in Betrieb nehmen zu wollen?
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Sogar die Münchener Abendzeitung zweifelt an Söder und notiert unter der Überschrift: „Kernkraft-Krimi um Isar 2: Söder will Rückbau-Stopp, doch die Turbinen sind schon abgebaut“ folgendes: „Wer dieser Tage Ministerpräsident Söder lauscht, hört auch viel zum Atommeiler Isar 2. Was der Politiker in seinen Reden behauptet, kann der Betreiber des Kraftwerks nicht mit Fakten unterfüttern.“
Und weiter ist dort zu lesen: „Entgegen anderslautender Einschätzungen aus der Staatsregierung kann das Atomkraftwerk Isar 2 bei Landshut aus Sicht des Betreibers nicht mehr in Betrieb genommen werden. „Wir konzentrieren wir uns voll und ganz auf den zügigen Rückbau der beiden Kraftwerksblöcke 1 und 2 am Standort. Vor diesem Hintergrund ist eine Wiederinbetriebnahme von KKI 2 für Preussen Elektra kein Thema“, teilte eine Sprecherin auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur in München mit.“
Noch deutlicher: „Explizit bestätigte die Sprecherin dabei, dass die zum ersten Jahrestag des deutschen Atomausstiegs am 15. April 2024 von Preussen Elektra Geschäftsführer Guido Knott gemachte Aussage zur technisch unmöglichen Reaktivierung des Kraftwerks weiter gelte. Konkret sagte er damals: «Für uns gibt es als kein Zurück mehr: Das Thema Wiederinbetriebnahme ist für uns damit definitiv vom Tisch.»
- Mehr Geisterdebatte um die stillgelegten deutschen Atommeiler geht kaum. Was AfD, CDU/CSU und auch Teile der FDP über eine Reaktivierung der AKWs predigen, ginge nur auf der Basis einer Atomgesetzänderung und einem Neu-Genemigungsverfahren nach Stand von Wissenschaft und Technik. Davon ab wären enorme Nachrüstungen und Sicherheitsprüfungen der stillgelegte und längst im Rückbau befindlichen Anlagen. Nicht mal mehr das Personal für einen Betrieb wäre derzeit noch reaktivierbar bzw. vorhanden. Die enormen Kosten würde kein Betreiber mehr übernehmen, da wirtschaftlich vertretbare Stromerlöse angesichts des enormen Preisvorteils bei den Erneuerbaren nicht zu realisieren wären. Auch AKW-Neubauten hätten keine Chance. Es bräuchte dafür eine von konservativen und liberalen so gefürchtete „Zwangswirtschaft“ mit massiver staatlicher Kostenübernahme zu lasten der öffentlichen Haushalte. Siehe: Unabhängiger World Nuclear Industry Status Report 2024 in Wien veröffentlicht. Siehe außerdem hier zur nuklearen Ökonomie.
Daher wird auch anderenorts über den jede Wirklichkeit ignorierenden Spalter Söder und seine Atomfantasie geschrieben. Die FR: „Hauptkühlmittelpumpen und Dampfleitungen zur Turbine sind schon abgebaut“ und konkretisiert: „In Isar 2 haben wir bereits eine Reihe von Systemen dauerhaft außer Betrieb genommen und still gesetzt, das heißt von der Anlage getrennt“, so die Sprecherin. Beispielsweise wurden alle vier Hauptkühlmittelpumpen, die im Betrieb das Wasser durch den primären Kühlkreislauf beförderten, und Frischdampfleitungen zur Turbine bereits demontiert. Der Rückbau soll bis 2040 vollendet sein.“
Und mit Blick auf die genannte dpa-Meldung schreiben auch andere Medien über Söder Wirklichkeitsverlust und den von anderen Ideologen: „Im Gegensatz zur klaren Absage des Betreibers geistert die Renaissance der Kernkraft in Isar 2 derzeit wieder durch die Politik und könnte auch im anstehenden Bundestagswahlkampf eine relevante Rolle einnehmen. Neben der Union sprechen sich etwa FDP und AfD für eine Rückkehr zur Kernenergie aus.“
Dabei wird auch erinnert: „Jüngst förderte auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) eine Debatte zutage, als er im Anschluss an die Haushaltsklausur des Kabinetts einmal mehr – aber durchaus überraschend – „dringend einen Stopp des Rückbaus bei Isar 2“ einforderte: „Noch ist es reversibel. Noch. Es ist nicht irreversibel. Ist mit Aufwand verbunden, keine Frage.““
- Der Betreiber von Isar2 – PreussenElektra hier zur Stilllegungsgenehmigung. (siehe auch unten)
- Atomausstieg erfolgreich: Ein Jahr ohne Super-GAU-Risiken in Deutschland und mit immer mehr Erneuerbarer Energie in Europa
- Alles über die AKWs Isar 1 und 2 und den Standort Ohu auf umweltFAIRaendern.de
- AfD und der Einstieg in die Atomenergie durch die Hintertür
Dokumentation:
22. März 2024 |
Knapp ein Jahr nach Abschaltung des Kernkraftwerks Isar 2 (KKI 2) kann in Kürze der Rückbau beginnen: Am 21. März 2024 hat das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz die hierzu erforderliche Genehmigung nach § 7 Abs. 3 des Atomgesetzes erteilt.
„Sieben unserer acht Kraftwerksblöcke befinden sich nun im Rückbau. Mit dem Wissen aus diesen Rückbauprojekten und unserem flottenoptimierten Ansatz sorgen wir dafür, dass der Rückbau am Standort Essenbach Ende der 2030er Jahre abgeschlossen und das Kraftwerksgelände für neue Nutzungsmöglichkeiten bereitstehen wird“, sagt Guido Knott, Vorsitzender der Geschäftsführung der PreussenElektra.
Den Antrag zur Stilllegung und zum Abbau des KKI 2 hatte PreussenElektra bereits im Juli 2019 gestellt. Standortleiter Carsten Müller freut sich, dass der Genehmigungsprozess nunmehr abgeschlossen ist und sich die Mannschaft neben Block 1 (KKI 1) nun auch auf den Rückbau des zweiten Kraftwerksblocks konzentrieren kann: „Wir haben uns auf diesen Augenblick sehr intensiv vorbereitet und werden uns nun vollkommen dem Abbau beider Blöcke widmen.“ Mit Blick auf den nahenden Rückbaustart von Isar 2 wurde die Rückbaustrategie am Standort angepasst. Dazu erklärt Müller: „Wir haben unsere Kräfte gebündelt, indem wir unsere Organisation konsequent auf die kommenden Herausforderungen ausgerichtet haben. Außerdem nutzen wir unsere Standortvorteile mit der sehr effizient arbeitenden Rückbaufabrik im KKI 1.“
Seit der Abschaltung des KKI 2 am 15. April 2023 wurden alle 193 Brennelemente aus dem Reaktordruckbehälter entnommen und in das Brennelemente-Lagerbecken eingestellt. Außerdem konnte zu Beginn dieses Jahres der primäre Kühlkreislauf dekontaminiert werden. Erste Arbeiten im Rückbau werden Demontagemaßnahmen im Bereich der Hauptkühlmittelpumpen sein. Außerdem werden die Hauptkühlmittelleitungen vom Reaktordruckbehälter getrennt, um mit dem ersten Rückbau-Großprojekt, der Demontage der Reaktordruckbehältereinbauten, beginnen zu können.