Geld, Sicherheit, hoch radioaktiver Abfall: Defizite, betroffene Kommunen und die Atommüllkonferenz AMK

Geld, Sicherheit, hoch radioaktiver Abfall: Defizite, betroffene Kommunen und die Atommüllkonferenz AMK

Zahlreiche Anti-Atom-Organisationen kritisieren aktuell, dass laut einem Bericht der Münsterland Zeitung die Bundesregierung und Jens Spahn die Atommüll-Zwischenlagerstandorte in Gorleben und Ahaus mit jährlich zwei Millionen Euro „Schmerzensgeld“ ausstatten, damit der hochaktive Strahlenabfall noch weitere Jahrzehnte vor Ort bleiben kann (siehe unten). Geld statt Sicherheit?, fragen sie. Die Bürgermeister*innen der Standortgemeinden der zahlreichen Zwischenlager für diese Abfälle – zusammengeschlossen unter dem Namen ASKETA –  fordern ebenfalls einen „Ausgleich“, nachdem die Gewerbesteuereinnahmen durch die Atomkonzerne weggefallen sind. Die im Rahmen einer Atommüllkonferenz verbundenen Anti-Atom-Initiativen kritisieren seit Jahren Mängel bei der oberirdischen Zwischenlagerung und haben dazu den Behörden einen entsprechenden Forderungskatalog vorgelegt. Den hält das Nationale Begleitgremium (NBG) bei der Endlagersuche für relevant! Bei einem Ratschlag des NBG hatten sich schon im Sommer betroffene Standort-Bürgermeister diesem Forderungskatalog angeschlossen. (Foto: Betreiber)

In den von der Bundesgesellschaft für Endlagerung herausgegeben Zeitung „Einblicke“ kommt auch einer der Bürgermeister zu Wort. Es geht beim Thema zwar vor allem um die Verzögerungen bei der Endlagersuche und einer Beschleunigung des Verfahrens. Aber eben das führt dazu, dass die oberirdische Zwischenlagerung noch weitere Jahrzehnte bleiben wird  – und das bei einer wachsenden Risikolage.

Josef Klaus, Bürgermeister der Gemeinde Niederaichbach in der Nähe von Landshut: „Die aktuell oberirdische Lagerung birgt hingegen Unsicherheiten: Die Genehmigungen der Zwischenlager laufen in wenigen Jahren aus – auch wenn sie damit nicht gleich technisch unsicher werden. Doch schon jetzt befürchten Menschen, mit denen ich spreche, dass unser Zwischenlager in einem möglichen Krieg angegriffen werden könnte. Zudem weiß niemand, wie sich die politischen Verhältnisse in Deutschland entwickeln und wie Wahlen in der Zukunft ausgehen werden.“

(Die Nummer 27 der „Einblicke“ ist hier als PDF online. Zitat Seite 11. Auch Bernd Redecker vom BUND und Armin Grunwald vom NBG nehmen dort (zur Idee einer Beschleunigung bei der Endlagersuche Stellung) und streifen die Folgen für die Zwischenlagerung.

Sicherheitsmängel bei der Zwischenlagerung: Das Nationale Begleitgremium nach einem Workshop mit Anti-Atom-Standort-Gruppen, Bürgermeistern von ASKETA und anderen.  

Dokumentation der o.g. PM auf der Seite der BI Lüchow-Dannenberg

Mehr Geld – weniger Sicherheit: „BIs in Ahaus & Gorleben lassen sich nicht für dumm verkaufen“

Anti-Atomkraft-Initiativen in Ahaus und Gorleben sind empört. Grund dafür ist, dass der Ahauser Bundesabgeordnete Jens Spahn (CDU) bei den Verhandlungen zum Staatshaushalt durchsetzen konnte, dass die beiden Kommunen mit den ältesten Atommüll-Zwischenlagern ab 2026 höhere Ausgleichszahlungen erhalten. Ahaus und Gorleben bekommen dann laut Münsterland Zeitung jährlich zwei Millionen von der bundeseigenen Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ).

Nach Ansicht der Anti-Atomkraft-Initiativen verhindert die Bundesregierung seit Jahren, dass in Jülich der Neubau einer zeitgemäßen Lagerhalle für die 152 Castor-Behälter in Angriff genommen wird und begründet dies mit den Kosten. Bald sollen die  Castoren aus Jülich nach Ahaus gebracht werden. Kerstin Ciesla vom BUND NRW und Marita Boslar vom Aktionsbündnis Stop Westcastor erklären:

„Das ist doch eine Milchmädchen-Rechnung (*), es soll Geld für den Zwischenlager-Neubau und Betrieb in Jülich gespart werden, gleichzeitig gehen für Jahrzehnte Millionen Euro mehr an Gorleben und Ahaus – und die Polizeikosten für die Castortransporte werden beim Kostenvergleich nicht mitgerechnet. Wir bleiben dabei: Sicherheit muss Vorrang haben – besonders bei finanzpolitischen Taschenspielertricks. Atommüll muss dort wo er sich momentan befindet, möglichst sicher gelagert werden – auch in Jülich.“

  • *umweltFAIRaendern: Diese Formulierung – „Milchmädchen-Rechnung“ – ist – insbesondere in Verbindung mit Spahn – irgendwie doppelt diskriminierend, wenn das denn ginge.

Jens Spahn verschweige, dass die beiden Lagerhallen in Ahaus und Gorleben die ältesten Zwischenlager in Deutschland sind. Für beide läuft 2034 bzw. 2036 die Genehmigung aus.

„Es wird trotz der Alterung der Behälter und trotz neuer Bedrohungsszenarien einfach eine verlängerte Genehmigung für die nächsten Jahrzehnte, bis ein Endlager existiert, geplant,“ so Wolfgang Ehmke von der BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg. „Das Vorgehen von Jens Spahn erinnert an die dunkelsten Zeiten der Gorleben-Geschichte, als mit den sogenannten „Gorleben-Geldern“ die Akzeptanz für die Atommülllager erkauft werden sollte.“

„Diese Atommülllager entsprechen nicht mehr dem Stand von Wissenschaft und Technik“, erklärt Felix Ruwe von der BI Ahaus. „Beide Hallen haben mit Abstand die dünnsten Deckenkonstruktionen. In Lubmin soll deswegen extra ein Neubau mit 1,8m Deckenstärke errichtet werden. Die Risiken der Langzeitlagerung von Atommüll werden durch diese Zahlungen nicht geringer! Wir verlangen optimal mögliche Sicherheit zu jeder Zeit und das Verbot von Atommüllverschiebungen“.

Die dünnen Decken werden seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 kritisiert, ursprünglich auch innerhalb der Bundes-Atomaufsicht wie z. B. Spiegel schon 2001 berichtete. (Siehe hier)

Die Bürgerinitiativen und der BUND NRW setzen sich weiter gegen die unsinnige Atommüllverschiebung von Jülich nach Ahaus zur Wehr. Gemeinsam rufen die Initiativen zur nächsten Demonstration, einem adventlichen Spaziergang am 14.12.2025 um 14 Uhr vor dem Ahauser Atommülllager auf. Am Tag X, wenn der Castor rollen soll, sind Proteste um 18 Uhr vor dem Forschungszentrum Jülich und in Ahaus am Bahnhof geplant.

Gemeinsame Presseerklärung von:

Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen
Aktionsbündnis „Stop Westcastor“ Jülich
Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V.
BUND NRW e.V.
Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V.
Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus“

Dirk Seifert

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