Nachgefragt: Urankonzern URENCO – Neuer Brennstoff für Atomreaktoren mit deutscher Beteiligung?
Mit einem Berichtsersuchen im Umweltausschuss des Bundestages sowie einer schriftlichen Frage an die Bundesregierung reagiert der Abgeordnete Hubertus Zdebel auf die Ankündigungen des zu einem Drittel deutschen Urankonzerns URENCO, der künftig mit höher angereichertem Brennstoff neue Atomreaktoren versorgen will. Dazu würde URENCO an seinem Standort in den USA in die Produktion von High Assay Low Enriched Uranium (HALEU) einsteigen. Anträge, die Urananreicherungsanlage der URENCO in Gronau stillzulegen, lehnten die Regierungsfraktionen am 14. März im Bundestag ab.
Die Atomkonzerne E.on und RWE halten gemeinsam ein Drittel an dem dreistaatlichen Urankonzern URENCO. Je ein weiteres Drittel wird von den Niederlanden und von Großbritannien gehalten. Das Unternehmen betreibt Urananreicherungsanlagen in Almelo, Capenhurst, Gronau sowie in New Mexico (USA).
Zdebel, Sprecher für Atomausstieg der Fraktion DIE LINKE: „Die neuen Pläne der URENCO sind beunruhigend. Nicht nur, weil damit unter bundesdeutscher Beteiligung weiter mit zukünftigen Atomreaktor-Modellen Geschäfte gemacht werden sollen. Mit einer Anreicherung des spaltbaren Uran235 von nur noch knapp unter 20 Prozent nähert sich der Urananreicherer immer mehr der Grenze zur Herstellung von atomwaffenfähigem Uran. Ich erwarte, dass im Umweltausschuss von der Bundesregierung umfangreich über die Absichten von URENCO informiert wird und fordere, dass von der Bundesregierung nichts zugelassen wird, was den Ausbau der Atomenergie sogar noch fördert.“
- Zdebel verwies in diesem Zusammenhang auf bislang ungeklärte Geschäftsbeziehungen der URENCO mit der Tennessee Valley Agency (TVA), die in einem Atomreaktor Tritium für den Einsatz in Atombomben herstellt. Darüber berichtete auch die Tagesschau. Siehe: Zivil-Militärisch: US-Betreiber TVA weitet Tritium-Produktion für Atomwaffen aus und: Atomwaffen USA: Militärisches Tritium mit Unterstützung von URENCO?
Weitere Informationen und Hintergrund zu URENCO und HALUE
Anfang Februar hatte URENCO in den USA angekündigt (siehe auch hier bei WNN), sich mit neuen Uranbrennstoff am Betrieb künftiger Atomreaktor-Modelle zu beteiligen. Während heute in den meisten kommerziellen AKWs das spaltbare Uran-235 bis maximal ca. 5 Prozent angereichert wird, sollen künftig Anreicherungen von bis zu 19,75 Prozent betrieben werden. Ab 20 Prozent wird von hochangereichertem Uran gesprochen.
Die internationale Ärzteorganisation IPPNW, die Münsteraner Anti-Atom-Initiative SOFA und der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) erklären in einer Pressemitteilung Anfang März: „Urenco vervierfacht Urananreicherungsgrad – Atompolitische Sicherheitsbarrieren werden durchbrochen.“ Dort heißt es weiter: „RWE, EON und Bundesregierung billigen Ausbau des Atomsektors“, gewarnt wird, dass ein „Wettlauf in den USA um (eine) zivil-militärische Atom-Renaissance“ verstärkt würde und fragen, ob „Uran-Firma in Jülich an Entwicklung und Bau beteiligt“ ist.
Nach den URENCO-Ankündigungen ist davon auszugehen, dass für die Entwicklung der entsprechenden Zentrifugen die gemeinsame Tochter von URENCO und AREVA, die Enrichment Technology Company (ETC) in Jülich, zum Einsatz kommen könnte.
Neben fortgeschrittenen Reaktortypen sowie Forschungsreaktoren will URENCO mit dem höher angereichertem Uran auch eine Eigenentwicklung, eine Art Batterie-Reaktor betreiben.
Brisant ist die Entwicklung dieses neuen höher angereichertem Brennstoff auch mit Blick auf mögliche militärische Einsatzmöglichkeiten. Erst vor wenigen Wochen hatte das US-Verteidigungsministerium Interesse an kleinen mobile Reaktoren für „rapid response scenarios“ bekundet, die mit HALEU betrieben werden sollen. Auch us-amerikanische Unternehmen und Forschungseinrichtungen arbeiten an HALEU für neue Reaktormodelle und Einsatzgebiete.
Schriftliche Frage des MdB Hubertus Zdebel an die Bundesregierung:
„Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Hintergründe der angekündigten Aktivitäten des zu einem Drittel im Besitz der deutschen Konzerne RWE und E.on befindlichen Urananreicherungsunternehmens URENCO zur Herstellung von High assay low enriched uranium (HALEU), bei dem das spaltbare Uran nicht wie bislang lediglich auf bis zu 5 Prozent, sondern auf bis zu 19,75 Prozent Uran 235 angereichert werden soll, und in welcher Weise sind deutsche Standorte der URENCO in diese Planungen einbezogen (https://urenco.com/news/detail/urenco-usa-inc.-announces-next-step-haleu-activities)?“
Informationen zum dem Thema finden Sie unter den folgenden Links:
- https://urenco.com/news/detail/urenco-usa-inc.-announces-next-step-haleu-activities
- www.world-nuclear-news.org/Articles/Urenco-USA-announces-HALEU-activities
- www.world-nuclear-news.org/Articles/US-clears-way-for-HALEU
- www.world-nuclear-news.org/Articles/Centrus-seleced-for-HALEU-enrichment-project
- https://www.centrusenergy.com/what-we-do/national-security/
- https://www.centrusenergy.com/what-we-do/nuclear-fuel/high-assay-low-enriched-uranium/
- https://urenco.com/about-us/company-structure/u-battery/