Neues Atomabkommen Euratom-GB: Atomwaffen-Uran made by URENCO?

Gibt es Pläne, dem teilweise deutschen Uran-Unternehmen URENCO künftig sogar die Herstellung von atomwaffenfähigem Uran von „20 % oder mehr Uran-235“ zu erlauben? Der Verdacht drängt sich auf, weil im neuen Atomabkommen zwischen Großbritannien und Euratom im Artikel 10 eine entsprechende Regelung dafür vorgesehen ist. Die Antwort der Bundesregierung auf eine entsprechende Anfrage des Bundestagsabgeordneten Hubertus Zdedel (Fraktion DIE LINKE) dazu ist bestenfalls ausweichend.

Zdebel, atompolitischer Sprecher seiner Fraktion, fordert von der Bundesregierung, die beiden Uran-Fabriken der URENCO in Gronau und die der Framatome in Lingen endlich in den Atomausstieg einzubeziehen und stillzulegen. Eine Beteiligung der URENCO an neuen Reaktormodellen muss untersagt werden, ebenso Uran- oder Techniklieferungen der URENCO für das US-Militär.

Die neuen Regelungen sind alarmierend, denn erst vor kurzem hatte URENCO angekündigt, die Uranproduktion von bislang rund 6 Prozent auf demnächst 19,75 Prozent kurz unterhalb der Schwelle zur Atomwaffenfähigkeit, zu erhöhen. Das teilweise deutsche Unternehmen stellt in mehreren Staaten Uran zum Betrieb von Atomkraftwerken her und ist vom Atomausstieg ausgenommen. Gleichzeitig forscht das Unternehmen, an dem die deutschen Konzerne RWE und E.on ein Drittel der Anteile halten, an einem als Uran-Batterie verniedlichten Atomreaktor, der nach neueren Spekulationen ca. 2028 konkretere Formen annehmen soll.

Die Regelungen im Euratom-EU-Abkommen, dem die EU-Staaten bis April 2021 noch einzeln zustimmen müssen, sind mit Blick auf die Urananreicherung alarmierend. Weltweit werden neue Mini-Atom-Reaktoren erforscht. Es ist zwar nicht absehbar, ob diese Entwicklungen jemals über Versuchsanlagen hinausgehen werden. Aber in allen Varianten wird deutlich höher angereichertes Uran eingeplant. Weil auch das US-Militär angesichts der Digitalisierung und zunehmenden Elektrizifizierung von Waffen, Antrieben, Sensoren und anderen Systemen konkrete Entwicklungsarbeiten für solche Minireaktoren zur Versorgung von Militärbasen auf den Weg gebracht hat, hatte URENCO für seine Anlage in den USA die Herstellung derartig „aufgerüsteter“ Uranbrennstoffe bis dicht unterhalb der Atomwaffen-Grenze angekündigt.

Obwohl die Bundesregierung über den Vertrag von Almelo Veto-Rechte in einem gemeinsamen Ausschuss über die Tätigkeit der URENCO mit ihren Uran-Anreicherungsanlagen in Gronau (BRD), Almelo (NL), Capenhurst (GB) in New Mexico (USA) über Einspruchsmöglichkeiten verfügt, hat sie bislang davon keinen Gebrauch gemacht. Im Gegenteil, zum Jahreswechsel 2019/20 war bekannt geworden, dass Vertreter aus dem Wirtschaftsministerium mit URENCO über „Kernbrennstoffe der nächsten Generation“ spricht.

In dem neuen Abkommen mit GB ist ausdrücklich auch eine weitere Unterstützung für die Aktivitäten der URENCO vorgesehen. Die Herstellung von höher angereichertem Uran soll demnach künftig auch dann zulässig sein, wenn Militäreinrichtungen zur Strom- und Wärmeerzeugung mit nuklearen Mini-Reaktoren oder aber den höher angereicherten Uran-Brennstoffen versorgt werden. Bislang war ein Verständnis weit verbreitet, nachdem auch das als militärische Nutzung angesehen wurde und damit für die auf die „friedliche“ Nutzung“ der Atomenergie festgelegte URENCO nicht zulässig wäre. Das neue Abkommen macht also den Weg frei, damit die URENCO künftig auch deutlich höher angereichertes Uran an das US-Militär liefern könnte. Eine andere Form der Waffenhilfe, als bislang.

Die USA sind dabei, die Grenzen zwischen militärischer und ziviler Nutzung der Atomenergie immer weiter aufzulösen. Um das für die Explosions-Verstärkung in Atomsprengköpfen erforderliche Tritium zu erzeugen, wird schon seit einigen Jahren ein bislang ziviler Atomreaktor in Watts Bar eingesetzt. Auch hier gab es Hinweise, dass die URENCO mit Uran-Lieferungen indirekte Unterstützung für diese zivil-militärische Nutzung leistet, weil es dem Betreiber „Tennessee Valley Authority“ (TVA) mit Uran für deren andere Reaktoren beliefert. Aufgrund diverser Regelungen in den USA dürfen bislang nur Original in den USA hergestellte Uran-Brennstoffe in dem Reaktor eingesetzt werden. Die Tagesschau hatte über diesen Deal und das Taubstellen der Bundesregierung berichtet (siehe unten).

Beunruhigend ist auch: Im Koalitionsvertrag hatte sich die Bundesregierung verabredet, eine Regelung herbeizuführen, damit künftig rechtssichere Verbote für Uran-Brennstofflieferungen in grenznahe AKWs in den Anrainerstaaten untersagt werden können. Anlass waren die Proteste vor allem in NRW, wo im benachbarten Belgien das marode AKW Tihange mit tausenden Rissen im Reaktordruckbehälter weiter am Netz bleiben konnte – beliefert mit Uranbrennstoffen aus Deutschland! Als das Bundesumweltministerium einen inzwischen beerdigten Gesetzentwurf für eine solche Regelung vorlegte, war von der Uran-Anlage in Gronau schon nicht mehr die Rede. Nur noch für die Brennelemente-Herstellung in Lingen hatte der BMU-Entwurf eine Regelung vorgesehen. Inzwischen ist bekannt, dass diese Koalitionsvereinbarung nicht umgesetzt wird.

Der Grund, warum die Uranfabrik in Gronau und die URENCO eine andere Stellung im Atomprogramm haben, hat vor einiger Zeit Armin Laschet, NRW-Ministerpräsident, Parteichef der CDU und möglicherweise künftiger Kanzlerkandidat erklärt. Die Uran-Anreicherung der URENCO weine Schlüsseltechnologie wäre, die die deutsche Außenpolitik stärke. Er verwies darauf, dass die Bundesrepublik wohl nur deshalb an den internationalen Atom-Verhandlungen mit dem Iran beteiligt wäre, weil es mit der Urananreicherung der URENCO das Knowhow hat, um die Anreicherung von atomwaffenfähigem Uran zu kontrollieren. Eine Stilllegung der Urananreicherung in Gronau wäre fatal für die außenpolitischen Interessen Deutschlands, die mit dieser Anlage untermauert und gestärkt werden: „Das (die Stilllegung, Anmerk Verf.) würde bedeuten, dass Deutschland auch nicht mehr Mitglied der Internationalen Atomenergiebehörde und dann auch nicht an Gesprächen mit dem Iran beteiligt wäre.“ (http://www.wz.de/home/panorama/viel-kritik-an-laschets-belgienreise-1.2632298. (Der Hinweis auf die Mitgliedschaft in der IAEA ist sachlich rechtlich falsch.)

Mehr zum zivil-militärischen Hintergrund:

Dokumentation Schriftliche Frage an die Bundesregierung im Monat Januar 2021 – Frage Nr. 376.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter,
seitens der Bundesregierung beantworte ich die Frage wie folgt:

Frage:

Aus welchen konkreten Gründen (wie beispielsweise Projekte, Verträge, Geschäftsabsichten etc.) ist nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen der Neuregelungen zwischen der EU und Großbritannien im Vertrag zur „Zusammenarbeit auf dem Gebiet der sicheren und friedlichen Nutzung der Kernenergie“ (https://eur-lex.europa.eu/logalcontent/DE/TXT/PDF/?url=CELEX: 22020A 1231 (04 )&from=EN) eine Regelung im Bereich der Uran-Anreicherung (§10) aufgenommen, nach der das unter bundesdeutscher Beteiligung dreistaatlich betriebene Unternehmen URENCO bzw. die gemeinsam von URENCO und der französischen Orana betriebene Tochter Tochter ETC spaltbares Uran-235 künftig nicht nur wie bislang auf maximal fünf Prozent, sondern nunmehr „auf 20 % oder mehr“ anreichern darf, wenn es sich dazu eine schriftliche Zustimmung von den Parteien der genannten Verträge von Almelo und Cardiff, in deren Gremien die Bundesregierung mit VetoRecht beteiligt ist, einholt und damit eine Anreicherung über die als atomwaffenfähig geltende Anreicherung ab 20 Prozent Uran235 ermöglicht wird, und wie bewertet die Bundesregierung diese Vereinbarung mit Blick auf den Atomwaffensperrvertrag und der Verpflichtung von URENCO laut den genannten
Verträgen von Almelo und Cardiff, Anreicherung ausschließlich zur friedlichen
Nutzung der Atomenergie zu betreiben?“

Antwort:

Das Abkommen zwischen der Regierung des Vereinigten Königreichs und der
Europäischen Atomgemeinschaft über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der
sicheren und friedlichen Nutzung der Kernenergie sieht in Artikel 10 vor, dass eine
Vertragspartei die schriftliche Zustimmung der anderen Vertragspartei einholt, bevor sie
unter dieses Abkommen fallendes Kernmaterial auf 20 Prozent oder mehr Uran-235
anreichert; in dieser gegebenenfalls erteilten Zustimmung sind abkommensgemäß die
Bedingungen zu beschreiben, unter denen das auf 20 Prozent oder mehr angereicherte
Uran verwendet werden darf.

Die diesbezüglichen Bestimmungen des Abkommens entsprechen den Regelungen zu
Anreicherung in anderen bilateralen Abkommen zwischen Euratom und Drittstaaten.
Die Bestimmungen sind nicht auf die Anwendung gegenüber bestimmten Unternehmen
begrenzt. Sie sichern die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien der Verträge von
Almelo und von Cardiff. Die Wirksamkeit der geltenden rechtlichen
Rahmenbedingungen für den Betrieb der Anlagen ebenso wie die des
Nichtverbreitungsvertrages und der Sicherungsmaßnahmen der Internationalen
Atomenergie-Organisation bleibt unverändert erhalten.

 

 

Dse4Zdebel

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