Atommülllagerung: Forschungszentrum Jülich schlampig – TÜV kritisiert Vorschläge des Betreibers

„Der Betreiber der ehemaligen Atomforschungsanlage Jülich arbeitet offenbar weiterhin desolat und schlampig.“ Mit diesen Worten kommentiert der Bundestagsabgeordnete Hubertus Zdebel  den Bericht des NRW-Wirtschaftsministers Gerralt Duin gestern in der „Endlager-Kommission“. Duin hatte über eine TÜV-Prüfung der vom Forschungszentrum vorgelegten Konzepte über den weiteren Umgang mit den 152 Castor-Behältern mit hochradioaktivem Atommüll informiert. Der TÜV Nord hat demnach zahlreiche Darlegungen und Behauptungen des Forschungszentrums in Frage gestellt und als unplausibel bezeichnet. Das wird auch in der vom Minsterium jetzt veröffentlichten Kurzfassung der TÜV-Studie deutlich. Hier als PDF-download.

„Die Ausführungen von Minister Duin und auch die vorgelegte Zusammenfassung der TÜV-Studie zeigen, dass der Betreiber des Forschungszentrum Jülich eine „Vollklatsche“ bekommen hat und wieder einmal unzureichende Unterlagen vorgelegt hat. Es drängt sich langsam die Frage auf, ob der Betreiber die atomrechtlich geforderte Kompetenz und Zuverlässigkeit im Umgang mit den hochradioaktiven Materialien hat“, so Zdebel weiter. Dabei verwies er darauf, dass die derzeitigen Unklarheiten über die Erdbebensicherheit des Zwischenlagers in Jülich auch darauf zurückzuführen sind, dass der Betreiber offenbar zu spät und unvollständig die Genehmigungsanforderungen des zuständigen Bundesamt für Strahlenschutz bearbeitet hat.

Zdebel kritisierte aber auch die Landesregierung in NRW: „Der als Option immer noch vorgesehene Export des hochradioaktiven Atommülls aus Jülich in die USA muss endlich vom Tisch. Der TÜV verweist auf zahlreiche praktische Probleme. Vor allem aber: Der Atommüll ist in Deutschland hergestellt worden und es kann nicht sein, dass andere diesen Müll vor die Tür gekarrt bekommen.“ Er verwies auf die Diskussion in der „Endlager-Kommission“, wo ein umfassendes Export-Verbot mit Blick auf die Jülich-Abfälle derzeit beraten wird.

„Eine sichere Lagermöglichkeit muss mit Hochdruck und Priorität jetzt in Jülich vor Ort angestrebt werden. Atommüll-Transporte – egal wohin – sind in jedem Fall zu vermeiden. So steht es im übrigen auch im rot-grünen Koalitionsvertrag für NRW.“

Vom Wirtschaftsminister und zuständigen Atomaufseher forderte der Abgeordnete, dass TÜV-Gutachten in vollem Umfang zu veröffentlichen.

 

Dokumentation: PM der Atomaufsicht NRW:

18.05.2015: TÜV legt Plausibilitätsprüfung zur Entfernung der AVR-Kernbrennstoffe beim Forschungszentrum Jülich vor (inklusive Zusammenfassung der Studie)

Wirtschaftsminister Duin erläutert Ergebnisse vor der Endlagersuchkommission in Berlin

Berlin. NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin hat der Endlagersuchkommission in Berlin die Ergebnisse der Plausibilitätsprüfung erläutert, in der der TÜV NORD das Konzept des Forschungszentrums Jülich (FZJ) zur Entfernung der Kernbrennstoffe aus dem Behälterlager des Versuchskernkraftwerks AVR Jülich analysiert. Duin: „Die Atomaufsicht NRW wird nun die Hinweise, die sich aus der Plausibilitätsprüfung ergeben, mit dem Forschungszentrum Jülich besprechen und dessen weitere Planungen aufsichtlich überwachen. Die abschließende Entscheidung über den letztendlich zur Räumung des AVR-Behälterlagers einzuschlagenden Weg muss das Forschungszentrum Jülich unter Beachtung der jeweils notwendigen Aufbewahrungs- und Transportgenehmigungen treffen.“

Das Wirtschaftsministerium als atomrechtliche Aufsichtsbehörde des Landes Nordrhein-Westfalen hat am 2. Juli 2014 – in Abstimmung mit dem Bundesumweltministerium als Bundesatomaufsicht – die Entfernung der Kernbrennstoffe aus dem AVR-Behälterlager in Jülich angeordnet. Anlass dafür war die unklare Perspektive für die vom Forschungszentrum Jülich beantragte weitere Aufbewahrungsgenehmigung, da die Erdbebensicherheit des Lagers zurzeit nicht im atomrechtlich erforderlichen Umfang nachgewiesen werden konnte. Parallel dazu hatte das Wirtschaftsministerium dem FZJ verbindlich die Vorlage eines Räumungskonzepts aufgegeben. Darin sollte das Forschungszentrum schlüssig darlegen, welcher Weg zur Räumung des AVR-Behälterlagers der schnellstmöglich realisierbare sei und erläutern, wie es die erforderlichen Genehmigungen erwirken wolle, um den Verbleib der Kernbrennstoffe bei einem nach Atomgesetz zum Besitz Berechtigten sicher zu stellen.

Das Forschungszentrum Jülich hat in seinem Detailkonzept drei Optionen zur Entfernung der Kernbrennstoffe aus dem AVR-Behälterlager angeführt: 1. Verbringung in ein vollständig neu zu errichtendes Zwischenlager am Standort Jülich, 2. Verbringung in das Transportbehälterlager Ahaus, 3. Rückführung in das Herkunftsland USA. Aus Sicht der Atomaufsicht NRW stehen jeder dieser Optionen zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine grundsätzlichen Hindernisse entgegen.

Die Atomaufsicht NRW hat die TÜV NORD EnSys Hannover GmbH & Co. KG als Sachverständige hinzugezogen und beauftragt, die im FZJ-Konzept dargestellten Optionen zur Entfernung der Kernbrennstoffe aus dem AVR-Behälterlager auf ihre Plausibilität zu prüfen. Im Unterauftrag des TÜV NORD erfolgte auch eine rechtliche Plausibilitätsprüfung durch die Rechtsanwälte Gaßner, Groth, Siederer & Coll. Partnerschaftsgesellschaft.

Die Sachverständigen kommen zu dem Schluss, dass für die zeitliche Planung aller drei Optionen Unsicherheiten bestehen. Daher ist gegenwärtig eine abschließende Aussage, welche der Optionen zur Entfernung der Kernbrennstoffe sich am schnellsten umsetzen lässt, auf Basis der bisher seitens des Forschungszentrum Jülich zur Verfügung gestellten Informationen nicht möglich.

Seit dem Jahr 1993 bewahrt die Forschungszentrum Jülich GmbH die Brennelemente aus dem 1988 stillgelegten AVR-Versuchskernkraftwerk auf. Sie lagern in 152 Transport- und Lagerbehältern der Bauart CASTOR® THTR/AVR im sogenannten AVR-Behälterlager auf dem Gelände des Forschungszentrum Jülich. Die hierzu seinerzeit vom Bundesamt für Strahlenschutz erteilte und auf 20 Jahre befristete Genehmigung ist zwischenzeitlich erloschen.

Dse4Zdebel

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