Belgische Risiko-Reaktoren Doel und Tihange: Wie geht abschalten?

Belgische Risiko-Reaktoren Doel und Tihange: Wie geht abschalten?

Tausende von Rissen im Reaktordruckbehälter der Atomkraftwerke Tihange 2 und Doel 3. Für die belgische Atomaufsicht kein Grund, den Atommeilern die Lizenz zum Weiterbetrieb nicht zu genehmigen. Vor allem in der Grenzregion in NRW und Rheinland-Pfalz sind viele Menschen in großer Sorge. Über 200.000 fordern in einer Online-Petition inzwischen von der belgischen Regierung die Abschaltung und von der deutschen mehr Druck. Felix Werdermann ist im FREITAG der Frage nachgegangen: Welche Handlungsmöglichkeiten gibt es, um die belgische Regierung zum Abschalten der Risiko-Reaktoren zu bewegen. (Nur 70 km von der Grenze zu NRW entfernt. Risiko-Reaktoren des belgischen AKW Tihange Foto: Huy koeltorens von Michielverbeek – CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons)

Die im Dezember erfolgte Wiederinbetriebnahme der Riss-Reaktoren, gepaart mit einer Serie von Notabschaltungen, hat zu heftigen Protesten gegenüber der Entscheidung der belgischen Atomaufsicht geführt. Etliche Bürgerinitiativen, Kommunen und Bürgermeister aus NRW und anderenorts, die Landesregierung in NRW, Bundestagsabgeordnete von LINKEN, über Grüne bis hin zur CDU, fordern inzwischen die belgische Regierung zur Korrektur ihrer unverantwortlichen Entscheidung auf. Auch der niedersächsische Umweltminister hat inzwischen eine internationale Überprüfung der Reaktoren gefordert.

„Radioaktivität macht nicht an Landesgrenzen Halt – die Kontrolle der Atomanlagen aber schon. Nationale Aufsichtsbehörden überwachen den Betrieb, andere Staaten können kaum etwas gegen unsichere Reaktoren tun.“ Das stellt Felix Werdermann in seinem im FREITAG veröffentlichten Artikel „Unheimliche Nachbarn“ fest.

Er beschreibt die Sorgen: „Das Atomkraftwerk Tihange liegt nur 70 Kilometer westlich von Aachen, bei einem schweren Unfall könnte die Stadt mit ihren 240.000 Einwohnern auf Dauer unbewohnbar werden. In Nordrhein-Westfalen ist daher die Aufregung groß.“

Werdermann macht klar, dass nicht nur die maroden und alten Reaktoren in Belgien, sondern auch die AKWs an der deutsch-französischen Grenze von deutscher Seite mit rechtlichen Mitteln kaum anzugehen sind. Entsprechend zitiert er auch die Bundesumweltministerin, die auf die nationale Souveränität der jeweiligen Atombehörden verweist.

Werdermann: „Im aktuellen Fall setzt die Ministerin auf Druck und Diplomatie: „Wir nutzen selbstverständlich alle Kanäle, die uns zur Verfügung stehen, um der belgischen Regierung unsere atomkritische Haltung zu vermitteln und unsere Besorgnis über den fortgesetzten Betrieb der AKW in Tihange und Doel zum Ausdruck zu bringen.““

Am kommenden Montag und Dienstag werden Beamte aus dem bundesdeutschen Umweltministerium (BMUB) an einer internationalen Veranstaltung der belgischen Atomaufsicht teilnehmen. Dort wollen die Belgier den KollegInnen aus den Nachbarstaaten ihre Entscheidung erklären. Das BMUB ist seit längerem über internationale Atom-Gremien in den Abläufen und Prüfungen zu den beiden Reaktoren Doel 3 und Tihange 2 eingebunden, hat offenbar auch eigene Expertise erarbeitet.

Bislang hat sie aber dazu öffentlich nichts weiter mitgeteilt. Vielleicht ändert sich das am kommenden Mittwoch, wenn im Umweltausschuss auf Antrag der Links-Fraktion das BMUB über die aktuelle Situation und seine Bewertung der Lage informieren soll.

Werdermann stellt die unterschiedlichen Handlungsebenen der Länder, des Bundes und auch im Rahmen der EU dar. Sein Fazit, nach der Auflistung zahlreicher Probleme: „Vielleicht haben die Pannen in Belgien ja am Ende doch noch etwas Gutes – wenn sie den Druck auf die Politik erhöhen und dazu beitragen, dass die Atompolitik künftig keine nationale Sache mehr ist, sondern auf europäischer oder internationaler Ebene entschieden wird.“

Dirk Seifert

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