Ungeklärte Bohrschlammentsorgung: Fracking-Verbot ohne Ausnahmen ist zwingend erforderlich

Anti-Fracking-Aktion der LINKEN. Münster
Anti-Fracking-Aktion der LINKEN. Münster

Der Skandal um die niedersächsischen Bohrschlammgruben zeigt, dass bereits die bisherige Erdöl- und Erdgasförderung mit erheblichen Entsorgungsproblemen verbunden ist. Seit Jahrzehnten wird in Niedersachsen nach Öl und Gas gebohrt. Dabei fallen auch viele Tonnen Bohrschlamm an, die mit gefährlichen Rückständen wie den Schwermetallen Quecksilber und Arsen sowie mit radioaktiven Stoffen wie Radium 226 verseucht sind. Die Schlämme wurden jahrzehntelang in Schlammdeponien gesammelt, die dort das Grundwasser und den Boden belasteten. Allein bei der Sanierung von drei Bohrschlammgruben in Niedersachsen in den vergangenen zehn Jahren fielen rund 720.000 Tonnen Giftmüll an. Auch auf der Deponie in Hürth-Knapsack in Nordrhein-Westfalen landeten die gefährlichen Schlämme.

Sollten die Koalitionsfraktionen von SPD und CDU/CSU im Bundestag grünes Licht für Fracking geben, wird sich das Problem deutlich verschärfen. Bei einer flächendeckenden Zulassung von Fracking in Deutschland würden nach ersten Schätzungen zwischen 25 und 35 Millionen Tonnen giftiger Bohrschlämme anfallen. Deren Entsorgung ist bisher ungeklärt. Auch deshalb fordert DIE LINKE ein Fracking-Verbot ohne Wenn und Aber und für jeden Bodenschatz.

Hubertus Zdebel, Bundestagsabgeordneter der LINKEN und Obmann der Fraktion im Umweltausschuss hat das Thema „Bohrschlammdeponien“ auf die Tagesordnung der Umweltausschusssitzung am 16.3.2016 gesetzt.

Die Bundesregierung verharmlost die Gefahren

Als Reaktion darauf hat die Bundesregierung einen ersten Bericht kurz vor der Umweltausschusssitzung vorgelegt.

Doch dieser Bericht ist äußerst vage und oberflächlich. Er dient lediglich dazu, die Probleme herunterzuspielen. Daher hat die LINKE in der Ausschusssitzung und in der parlamentarischen Fragestunde am selben Tag weiter nachgehakt. Fragen nach der Benennung der konkreten Standorte der Bohrschlammgruben, nach erstellten Sanierungsplänen, nach den Deponien, auf denen Bohrschlämme abgelagert werden können und den noch vorhandenen Kapazitäten werden jetzt schriftlich beantwortet. Auf die Antworten der Bundesregierung darf man gespannt sein.

Auch Dirk Jansen von der Umweltorganisation BUND ist alarmiert: „Wir wissen nicht wirklich, wo die ganzen Mengen hingehen. Es gibt großen Klärungsbedarf.“ Der größte Teil der Bohrschlämme aus Niedersachsen lande in NRW, wo bereits „eigene Riesenprobleme“ mit den Bergbau-Altlasten bestünden. „Es darf nicht sein, dass das quer durch die Republik transportiert wird. Je länger der Transportweg, desto höher die Risiken“, warnt der Geologe.

Grundwasser müssen ausgeschlossen sein.“ Enthalte der Schlamm Schadstoffe und lagere in einer undichten Grube, sei das unsachgemäß. Eine Umlagerung in einer besonders gesicherten Sondermülldeponie sei dann zwingend, betont der Experte für Umweltrecht.

SPD und CDU/CSU schützen Erdgas- und Erdölkonzerne

Die bisherigen Antworten der Bundesregierung in der Fragestunde aber zeigen ein erschreckendes Maß an Verantwortungslosigkeit.

So versucht die Regierung, die Lösung der Probleme bei der Beseitigung der Bohrschlämme vollständig auf die Bundesländer abzuwälzen. Eine bundesweite Entsorgungsstrategie für Bohrschlämme existiert nicht und wird von der Bundesregierung auch nicht ins Auge gefasst. Den Giftmülltourismus über die Grenzen der Bundesländer hinweg will sie nicht unterbinden. Ihre Verantwortung, bei einer mehrere Bundesländer betreffenden Problematik lenkend einzugreifen, nimmt sie nicht wahr.

Auch bei den Verantwortlichkeiten und den Sanierungskosten für die Bohrschlammgruben blieb Staatssekretär Pronold in der Fragestunde konkrete Antworten schuldig. So weiß die Bundesregierung angeblich nicht einmal, wieviel die Sanierung einer Tonne Bohrschlamm kostet, obwohl Daten für die bisher entsorgten Bohrschlämme vorliegen müssen. Und die Frage, welche Maßnahmen sie bisher ergriffen habe und welche Schritte sie zukünftig ergreifen werde, um sicherzustellen, dass die Erdgas- und Erdölindustrie voll und ganz für die Kosten der von ihr verursachten Schäden aufkommt, beantwortet sie nebulös. Dies hat offensichtlich ein Ziel: Das gesamte Ausmaß des Bohrschlammskandals zu verschleiern und konkrete Maßnahmen gegenüber der Öl- und Gasindustrie zu verhindern.

Fracking-Erlaubnisgesetz der Großen Koalition verschärft das Entsorgungsproblem

Während die Bundesregierung in den vergangenen Monaten nicht müde wurde, zu betonen, dass von Fracking keine Gefahren ausgeht, belegt ihre Antwort auf die Frage, mit welchen Mengen an Bohrschlamm beim Einsatz der Fracking-Technik zu rechnen ist, das genaue Gegenteil. Der Bundesregierung liegen angeblich keine Informationen über entstehende Bohrschlammengen beim Einsatz der Fracking-Technik vor. Das bedeutet im Klartext: Mit Fracking soll eine Technik eingeführt werden, bei der die Entsorgungsproblematik ungeklärt ist oder so gravierend ist, dass die Bundesregierung vor einer realistischen Darstellung zurückschreckt. Dass Staatssekretär Pronold indes in der Fragestunde behauptete, dass im Entwurf des Fracking-Erlaubnisgesetzes der Bundesregierung eine wirtschaftliche Nutzung der Fracking-Technik überhaupt nicht vorgesehen sei, und dass er versuchte, die Bohrschlammproblematik beim Fracking zu relativieren, zeigt die Not der Bundesregierung. Denn diese Aussage steht in klarem Widerspruch zum Wortlaut des Gesetzentwurfes.

DIE LINKE hält an Forderung nach einem konsequenten Fracking-Verbot fest

Bei seriöser Betrachtung müsste die Große Koalition angesichts dieses gigantischen Entsorgungsproblems zu dem Schluss kommen, dass die Beratungen im Bundestag ganz neu zu eröffnen sind. Doch die Große Koalition sperrt sich weiterhin gegen ein konsequentes Fracking-Verbot. So haben SPD und CDU/CSU in der Sitzung des Umweltausschusses am 16.3.2016 den Antrag der LINKEN abgelehnt, mit dem die Bundesregierung aufgefordert werden sollte, einen Gesetzentwurf zur Änderung des Bundesberggesetzes vorzulegen. Mit dieser Änderung sollte die Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen mittels Fracking ohne Ausnahmen verboten werden. Stattdessen arbeiten CDU/CSU und SPD mit Hochdruck daran, die Forderungen der Gas- und Ölkonzerne zu erfüllen. In den kommenden Wochen wollen sie einen Gesetzentwurf zur bundesweiten Durchsetzung von Fracking vom Bundestag beschließen lassen. DIE LINKE hält weiter an ihrem Antrag für ein Fracking-Verbot ohne Ausnahmen fest und wird ihn in das Plenum des Deutschen Bundestages einbringen. Dann wird sich zeigen, ob die Abgeordneten von SPD und CDU/CSU, die sich in ihren Wahlkreisen vollmundig gegen Fracking aussprechen, dafür auch im Bundestag stimmen. Auf eine von den LINKEN beantragte namentliche Abstimmung können sie sich bereits jetzt vorbereiten.

Dse4Zdebel

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