Stillgelegtes AKW Grafenrheinfeld – Rückbau derzeit „nicht genehmigungsfähig“ – Betreiber E.on spekuliert mit erneuter Inbetriebnahme

AKW-Grafenrheinfeld-02-2015

Wie macht man die sichere Stilllegung einer Atomanlage wie dem AKW Grafenrheinfeld? Auf dem Erörterungstermin fordern BUND und Vertreter von Initiativen und Kommunen mehr Sicherheit.

Eigentlich geht es seit Dienstag um die Stilllegung des AKW Grafenrheinfeld und wie dies am besten zu machen ist. Von einer „Grünen Wiese“ sprechen (oder soll man sagen phantasieren) Betreiber E.on (PreussenElektra) und die bayerische Atomaufsicht. Angesichts der ungeklärten „Entsorgung“ für die gesamte Palette radioaktiver Abfälle gehen Umweltschützer davon aus, dass der Atommüll noch bis Ende des Jahrhunderts vor Ort zwischengelagert bleiben könnte. Sie – der BUND, Initiativen, BürgerInnen und zahlreiche Gemeinden aus der Region – fordern mehr Sicherheit und geringere Radioaktivitäts-Werte bei den künftigen Maßnahmen zur Stilllegung. Doch es könnte auch ganz anders kommen, berichtet der BR: „Zunächst will der Kraftwerksbetreiber PreussenElektra abwarten, was bei der Verfassungsbeschwerde der Energiekonzerne wegen der zwangsweisen Stilllegung ihrer Atomkraftwerke herauskommt. Dann stehe die Entscheidung an, ob das im Juni 2015 stillgelegte AKW Grafenrheinfeld möglicherweise wieder hochgefahren wird. Das sagte der Delegationsleiter von PreussenElektra, Christian Müller-Dehn, am Dienstag (25.10.16) bei einem Erörterungstermin der Grafenrheinfelder Kulturhalle.“

UPDATE: 26.10/14 Uhr: Der BUND und andere Anti-Atom-Gruppen wie die AG Schacht Konrad haben heute kurz vor Mittag den Erörterungstermin abgebrochen. Die Kommunen setzen den Termin zwar fort, haben aber Verständnis für die Entscheidung der Verbände geäußert. Siehe dazu: Stilllegung AKW Grafenrheinfeld: BUND und Kommunen beantragen Abbruch der Erörterung

Laut Süddeutscher Zeitung reagierte Müller-Dehn mit diesen Aussagen zu einer erneuten Inbetriebnahme auf Fragen des Schweinfurter Landrats Florian Töpper (SPD), der wissen wollte, ob „es für PreussenElektra eine realistische Perspektive sei, das Atomkraftwerk wieder anzufahren, falls die Energiekonzerne vor dem Bundesverfassungsgericht gewinnen sollten.“

Die Stilllegung des AKW Grafenrheinfeld ist ein komplizierter Prozess und könnte bis zu 20 Jahre dauern. Ein Thema dabei, was mit den dabei anfallenden radioaktiven Abfällen aller Art passiert. So will Landrat Töpper erreichen, dass für die rund 3.500 Tonnen leicht – und mittelradioaktiver Abfälle in Unterfranken kein eigenes Zwischenlager auf dem Kraftwerksgelände gebaut wird. Stattdessen wäre in dem Zwischenlager im oberpfälzischen Mitterteich genug Platz, meint er. Umweltschützer wiederum kritisieren das, weil damit zusätzlich eine Vielzahl von Atomtransporten erforderlich werden, ohne dass eigentliche Problem einer dauerhaften Lagerung zu lösen.

Der Kreis Schweinfurt hatte jüngst sogar erklärt, die Anträge von E.on wären schlicht „nicht genehmigungsfähig“.

Strittig ist vor allem auch der Umgang mit den hochradioaktiven Abfällen, die in Castor-Behältern in einer bestehenden Lagerhalle aufbewahrt werden. Allerdings: Mit dem Abriss des Reaktors entfällt die derzeitige Möglichkeit, defekte Castoren zu reparieren und eine neue Vorrichtung, eine sogenannte „Heiße Zelle“, ist nach den Plänen von E.on bislang nicht vorgesehen. Das moniert der Landrat: „Dieses Lager ist zunächst bis 2046 genehmigt, hätte demnach aber von 2027 an keine geeignete Reparaturstätte mehr.“

Die Frankenpost berichtet zu diesem Thema auch: „Einer der prominentesten Kritiker ist der Bund Naturschutz (BUND). Der Verband sieht, ganz abgesehen von der ungeklärten Frage der Endlagerung des radioaktiven Materials, eine Sicherheitslücke im Plan des Betreibers. Im atomaren Zwischenlager von Grafenrheinfeld müsse es auch in Zukunft die Möglichkeit geben, hoch radioaktiven Atommüll aus potenziell schadhaften Castoren sicher umzulagern. Derzeit gibt es dafür eine Einrichtung – sie soll aber abgebaut werden. „Sollte die Genehmigung so erteilt werden, müssen wir einfach klagen“, droht BUND-Landesgeschäftsführer Peter Rottner.“

Die SZ ergänzt: „Auch der Bund Naturschutz lehnt die Pläne des Betreibers ab. „Grüne Wiese hieße in meinen Augen, dass der Landkreis radiologisch frei ist. Und das werden wir alle hier nicht mehr erleben“, sagte Edo Günther, der Sprecher des Arbeitskreises Atomenergie und Strahlenschutz. Die „grüne Wiese“ hatte Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) in Aussicht gestellt.“

Kritisiert wird von den EinwenderInnen allerdings auch, dass E.on kein umfassendes Prüfkonzept zur Stilllegung des AKW Grafenrheinfeld vorgenommen hat, sondern nur den schnellen Rückbau im Auge hat. Die Klimaretter berichten über die Kritik an dieser mangelnden Prüfung: „Der Bund Naturschutz kritisiert, dass Eon sich ohne Begründung auf eine Methode des Rückbaus festgelegt habe: „Es findet keine Alternativenprüfung statt. Der Betreiber kann sich für eine Methode entscheiden, ohne sie unter Sicherheitsaspekten zu begründen“, sagt Edo Günther. Eine Alternative zum „direkten“ Abbau, wie er in Grafenrheinfeld geplant ist, wäre beispielsweise der „sichere Einschluss“, bei dem das gesamte Kraftwerk von der Umwelt abgeschottet wird, oder eine Kombination aus beiden Methoden.“ Wohlgemerkt: Der BUND fordert damit nicht, dass auf den Rückbau verzichtet wird, sondern eine umfassende Alternativenprüfung. So wäre denkbar, Teile des Reaktors stehen zu lassen, um deren Radioaktivität abklingen zu lassen, während andere Anlagenteile demontiert würden.

Eine solche Prüfung der Möglichkeiten eines sogenannten (teilweisen) sicheren Einschlusses „habe man gar nicht eingehend geprüft, räumt der Delegationsleiter des Unternehmens, Christian Müller-Dehn, ein“, zitiert die Frankenpost.

Dirk Seifert

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