HamburgerEnergieWende (HEW) – “Richtig entschieden” – Daseinsvorsorge und Infrastruktur gehören in öffentliche Hand

HamburgerEnergieWende (HEW) – “Richtig entschieden” – Daseinsvorsorge und Infrastruktur gehören in öffentliche Hand

Die heutige Leiterin eines nicht unbedeutenden neuen öffentlichen Hamburger Unternehmens räumt Fehler ein und bestätigt: Die Rekommunalisierung der Energienetze für Strom und Fernwärme (ehemals Vattenfall) und Gas (E.on) war von den Hamburger:innen “richtig entschieden”. Das sagt Karin Pfäffle, Geschäftsführerin von Stromnetz Hamburg im Abendblatt (Paywall). Sie äußert sich zu vielen Aspekten der Rekommunalisierung der Energienetze in Hamburg, die per Volksentscheid gegen massiven Widerstand durchgesetzt wurden und die doch so bedeutsam für die Energiewende, den Klimaschutz, aber auch für soziale Sicherheit und demokratische Kontrolle sind. Und sie bestätigt: Die Ziele, für die die damaligen Initiatoren mit dem Projekt “Unser Hamburg – Unser Netz” angetreten waren, haben sich weitgehend zum Vorteil der Beschäftigten, der Menschen in der Stadt und der Demokratie entwickelt.

Wörtlich sagt Karin Pfäffle im Abendblatt: “Rückblickend muss ich sagen, dass die Bürgerinnen und Bürger richtig entschieden haben. Daseinsvorsorge und Infrastruktur gehören in die öffentliche Hand. Als der Volksentscheid anstand, war ich noch bei Vattenfall und habe dagegengestimmt. Damals fand ich das richtig, heute sehe ich das anders. Es ist besser, wenn das Stromnetz einer Stadt und nicht einem Konzern im Ausland gehört – allein schon, weil die Entscheidungswege viel kürzer sind. Das Mitein­ander zwischen der Stromnetz Hamburg und ihrer Eigentümerin ist ein völlig anderes, weil wir gleiche Interessen verfolgen. Alles, was wir tun, tun wir für unsere Stadt, und alles was wir erwirtschaften, bleibt in der Stadt.” Außerdem spricht sie darüber, dass viele Mitarbeiter:innen, die früher bei HEW schon beschäftigt gewesen sind, nach dem Verkauf an Vattenfall erheblich unzufrieden waren.

Unser Hamburg Unser Netz” war der Titel des Volksentscheids, mit dem Umwelt- und Verbraucherverbände, eine kirchliche Einrichtung und viele andere Organisationen Anfang der 2010er Jahre über Initiative, Begehren und dann im Entscheid dafür sorgte, dass Teile der zehn Jahr zuvor privatisierten öffentlichen Unternehmen für Strom und Gas – damals unter dem Dach der Hamburgischen Electricitätswerken (HEW) – wieder in die öffentliche Hand zurückgeholt werden mussten. Gegen massiven Widerstand der Hamburger SPD-Spitze, gegen Vattenfall und E.on, aber auch gegen Handelskammer, Teile der Gewerkschaften, gegen CDU und FDP. Mit allem Mitteln stemmten sich diese gegen den Volksentscheid, mit absurdesten Szenarien wurde Angst und Schrecken gegen die Rekommunalisierung verbreitet. Chef damals im Rathaus: Olaf Scholz (SPD), heute in Verbindung mit unanständigen Wirtschafts-Deals auf Bundes- und Landesebene. An seiner Seite damals der heutige Finanzsenator Dressel.

Die Unterstützung für die Rekommunalisierung lag damals, zum Zeitpunkt der Volksinitiative, bei rund 75 Prozent der Hamburger:innen. Atomaussstieg, Fukushima, Laufzeitverlängerung, schwere Störfälle in den Vattenfall-Atomkraftwerken Brunsbüttel und Krümmel. Wiederholte Preissteigerungen trotz des angeblich so billigen Atomstroms: Vielen Hamburger:innen ging damals Vattenfalls Arroganz auf die Nerven. Auch die Mitarbeiter:innen fühlten sich damals vom Senat “verkauft”. “Aus HEW wird Vattenfall, was wird aus uns?” So lautete damals ein Transparent, mit dem die Beschäftigten auf ihre “privatisierte” Lage aufmerksam machten. Das spricht die heutige Geschäftsführerin in ihrem Interview im Abendblatt an, wenn sie sagt: “Dann wurden wir Vattenfaller”, … ein “schwerer Wechsel”, … “die mit dem Vattenfall-Logo auf ihrer Dienstkleidung nicht zum Bäcker gehen mochten”… Das mag banal oder kurios klingen. Es beschriebt aber ein Lebensgefühl. HEW war Heimat, sagt die Frau und sagt damit auch etwas über soziale Sicherheit, statt Vattenfall, Privatisierung und Liberalisierung. Trotzdem standen die Betriebsräte und die IG Metall gegen den Volksentscheid.

Die SPD-Spitze reagierte auf die Volksinitiative mit einem Scholz-Deal: Um der Initiative den Wind aus den Segeln zu nehmen, beteiligte sich die Stadt als Minderheitsaktionär an E.on und Vattenfall und behauptete: So könne man nun die Geschäfte mitbestimmen. Das sorgte natürlich für Verwirrung, aber vielen war klar: Das war ein Deal einer Konzern-orientierten SPD-Spitze, der nicht mal in der Parteibasis richtig überzeugen mochte. Umfragen zeigten damals, dass Sozialdemokraten nicht so richtig verstehen mochten, warum nun gerade die SPD gegen Rekommunalisierung ins Feld zog.

Nach einem grandiosen und mühelos erfolgreichen Volksbegehren kamen dann zum Volksentscheid übelste Behauptungen. Die Kosten für die Übernahme würden dazu führen, dass in Hamburg Kindergärten schließen müssten. Am Ende ging der Volksentscheid maximal knapp für die Rekommunalisierung aus. Aber mit weitreichenden Folgen zugunsten Hamburgs, der Energiewende und auch für die Möglichkeiten, den Klimaschutz voran zu bringen.

Denn mit den Strom-, Gas- und Fernwärmenetzen verfügt Hamburg mit parlamentarischer Kontrolle nun wieder über die Instrumente, mit denen man nicht über Klimapolitik reden, sondern diese auch zumindest teilweise gestalten und steuern kann. Dabei müssen nicht immer die wirtschaftlichen Dinge im Vordergrund stehen, wie es bei Vattenfall und E.on als Aktiengesellschaften der Fall war. Statt in Stockholm und Essen, werden die Entscheidungen wieder in Hamburg getroffen. Auch darauf weist die Geschäftsführerin von Stromnetz Hamburg im Abendblatt hin.

Gut wäre es, wenn die neuen öffentlichen Unternehmen diese Zäsur durch den Volksentscheid “Unser Hamburg – Unser Netz” auch in ihren Geschäftsberichten und Leitlinien und Imagebroschüren endlich aufgreifen und entsprechend würdigen. Es wäre ja vielleicht auch eine wichtige Imagemaßnahme: Von Hamburger:innen für Hamburger:innen gemacht: Energiewende und Klimaschutz mit kommunalen Unternehmen in der Region Hamburg! Auf gehts!

Dirk Seifert

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