Atommülllagerung: Wachsende Zweifel an Salzstöcken

cropped-cropped-Gorleben-Castor-November-2012014.jpg„Salzstöcke doch nicht für Endlager geeignet?“ So titelt das „Wissensmagazin ScienceXX“ über eine neue Studie, die für die Atommülllagerung in Salzstöcken wie in Gorleben interessant ist.“Auch ohne Mikrorisse kann das Salz durchlässig werden“, heißt es dort. „Salzstöcke sind offenbar durchlässiger als bisher gedacht: Geraten die Salzvorkommen unter Druck oder werden sie deformiert, dann bilden sich winzige Kanälchen im Salz, die Wasser und andere Stoffe durchlassen. Belege dafür fanden Forscher sowohl in Bohrlöchern als auch bei Laborversuchen. Das aber könnte bedeuten, dass diese Standorte als Endlager für Atommüll nicht geeignet sind“. Der BUND hat die Studie jetzt offiziell der Atommüll-Kommission zur Kenntnis gebracht, die Kriterien für die Lagerung hochradioaktiver Abfälle entwickeln soll.

Die Studie könnte Auswirkungen auf die laufende Suche nach einem möglichen Atommüllendlager für hochradioaktive und andere radioaktive Stoffe aus der Nutzung der Atomenergie haben. Die BI Lüchow-Dannenberg greift diese Studie auf und „sieht sich durch diese Forschungsergebnisse in ihrer Kritik an der deutschen “Salzlinie” bestätigt. Ins Feld geführt wird immer wieder, dass Steinsalz sich plastisch verhalte und Hohlräume zuwüchsen. Mögliche Rissbildungen unter Wärmeeinfluss, die Ausdehnung des Salzkörpers durch die Hitze, das Hinfließen von Flüssigkeit in Richtung Wärmequelle, das waren neben radiochemischen Prozessen bisher die Argumente der Atomkraftgegner_innen gegen Salz.“

Weiter heißt es dort: „In Gorleben speziell – so BI-Sprecher Wolfgang Ehmke – geht es im Wissenschaftlerstreit auch noch um eine Vielzahl anderer Einwände, um Kohlenwasserstoffe, Permafrostrisse, Subrosion und Störungszonen. Nun aber breche das Hauptargument weg, das bisher pro Salz angeführt wurde. Denn bei bestimmten Temperatur- und Druckverhältnissen, wie sie in den oberen Erdschichten ohnehin schon vorhanden sind, wird Salz porös. Im Labor, so berichtet das Physikportal Pro-Physik, entstand ein Netzwerk an Mikrorissen bereits bei einem Druck von 100 Megapascal und 275 Grad Celcius.“

Der Salzstock von Gorleben gilt immer noch als potentieller Standort für ein Atommülllager für hochradioaktive Abfälle. Mit dem umstrittenen Standortauswahlgesetz und einer damit verbundenen Atommüll-Kommission läuft seit dem Frühjahr 2014 ein angeblich ergebnisoffener Alternativenvergleich, für den die Kommission derzeit u.a. die Kriterien entwickeln soll. Als Wirtsgesteine, in denen der radioaktive Müll dauerhaft eingelagert werden soll, gelten derzeit Salz, Ton und Granit als besonders geeignet.

Zum Thema Atommüll-Kommission und Gorleben auf umweltFAIRaendern.de

Dirk Seifert

4 Gedanken zu “Atommülllagerung: Wachsende Zweifel an Salzstöcken

  1. Guten Tag,

    ich möchte auf einige Fehler in Ihrem Artikel hinweisen. Sie schreiben:

    So titelt vielmehr das Nachrichtenportal scinexx.de
    Das Fachmagazin Science titelt: „Deformation-assisted fluid percolation in rock salt“
    (s. http://www.sciencemag.org/content/350/6264/1069 )
    Auch in deutscher Übersetzung ist das nicht annähernd der gleiche Titel.

    Auch schreiben Sie:
    „Im Labor, so berichtet das Physikportal Pro-Physik, entstand ein Netzwerk an Mikrorissen bereits bei einem Druck von 100 Megapascal und 275 Grad Celcius.“

    Ein Druck von 100 MPa entspricht bei einer durschnittlichen Gesteinsdichte von 2,5 t/m³ etwa 4000 m. Weder dieser Druck, noch die Temperatur von 275 Grad Celcius treten an irgendeinem Standort in Deutschland auf, der für die Endlagerung diskutiert wird. Das Wort „bereits“ ist hier sehr irreführend.
    In wie weit die Untersuchungen von Salzlagerstätten unter dem Golf von Mexiko übertragbar sind auf Salzlagerstätten in Deutschland, ist wohl nur von Wissenschaftlern dieses Spezialgebiets auf Basis des Originalartikels in Science zu beurteilen.

    Die Schlussfolgerungen der BI-Lüchow Dannenberg sind demnach ausgesprochen verfrüht und unwissenschaftlich.

    1. Hallo Herr Bertrams,
      danke für ihre Hinweise. Ich habe die ersten beiden entsprechend geändert und den Link auf die das englische Original ergänzt.
      Was den Satz mit den MPa betrifft, zitiere ich das aus einer PM der BI. Das ist ja gekennzeichnet. Ich könnte gern ihren Hinweis dazu auch veröffentlichen, würde dann aber zuvor erfahren, worauf sich ihre Aussage stützt, bzw. wieso sie zu einer solchen Aussagen „berechtigt“ sind.

      Beste Grüße
      Dirk Seifert

  2. Hallo Herr Seifert,

    vielen Dank für Ihre Änderungen. Gerne führe ich meine Aussage weiter aus. Sie beruht auf einer einfachen Formel zur Bestimmung des Gebirgsdrucks:

    Gebirgsdruck = Durchschnittliche Gesteinsdichte x Tiefe x Erdbeschleunigung (etwa 10 m/s²)

    Umgestellt nach der Tiefe und unter der Annahme einer durchschnittlichen Gesteinsdichte von 2500 kg/m³ ergibt sich mit dem genannten Druck von 100 MPa (=100 000 000 Pa) eine Tiefe von etwa 4000 m. Ich führe es kurz in Zahlen aus:

    Tiefe = 100 000 000 Pa /(2500 kg/m³ x 10 m/s²) = 4000 m

    Bei der Frage nach „Berechtigung“ meinen Sie vermutlich die Qualifikation? Ich bin Ingenieur für Bergbau.
    Die Formel können Sie allerdings auch auf Wikipedia wiederfinden:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Lithostatischer_Druck

    Schöne Grüße!
    Niklas Bertrams

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert