Ende Gelände 2017 – noch ein Monat bis zum nächsten großen Klimaprotest im Rheinischen Revier

In einem Monat ist es soweit. Im Rheinischen Braunkohlerevier wird das Bündnis „Ende Gelände“ vom 24. bis 29. August erneut mit vielfältigen Aktionen Druck auf den Klimakiller RWE und die Bundesregierung ausüben. Auch DIE LINKE ist Teil des Widerstands gegen die Profitmaximierung der Energieriesen auf Kosten von Mensch und Umwelt und gegen die rückwärtsgewandte Klimapolitik der Bundesregierung. In einer kleinen Artikelserie möchte ich in den folgenden Wochen Hintergrundinformationen zu den Klimaprotesten zusammentragen, u.a. zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens, dem Versagen der Bundesregierung, der klimapolitischen Ignoranz der neuen NRW-Landesregierung und der Analyse von Karl Marx zum Verhältnis von Kapitalismus und Ökologie. Außerdem werde ich – wie schon in den letzten beiden Jahren – als parlamentarischer Beobachter bei den Protesten im Rheinischen Revier vor Ort sein.

Beginnen möchte ich die kleine Artikelreihe mit der Vorstellung des Ende-Gelände-Bündnisses und einem kurzen Rückblick auf die bisherigen Aktionen. Ende Gelände ist ein Zusammenschluss vielfältiger Akteure. Er umfasst ein breites politisches Spektrum, von betroffenen Anwohner*innen über Kirchen und Gewerkschaften, über Umweltgruppen, Anti-Atom- und Anti-Kohlebewegung bis zu antikapitalistischen, globalisierungskritischen und autonomen Gruppen. Mit Aktionen des zivilen Ungehorsams will das Bündnis über die herkömmlichen Protestformen hinaus (Kundgebungen, Demos) den Druck auf die Kohlekonzerne und die herrschende Politik erhöhen. Zugleich arbeitet es dabei an einer verstärkten internationalistischen Vernetzung der globalen Klimabewegung. Dies geschieht auch mit Blick auf die im November in Bonn stattfindende UN-Klimakonferenz, die unter der Präsidentschaft Fidschis stattfindet. Fidschi ist einer der pazifischen Inselstaaten, die durch den drohenden Meeresanstieg am stärksten bedroht sind.

Grundsätzliche Kapitalismuskritik und Markierung von Akteuren

Ziel der Protestaktionen ist zum einen der sofortige Kohleausstieg, denn nur so lässt sich das im Pariser Klimaabkommen festgelegte 1,5-Grad-Ziel erreichen. Zum anderen bleibt das Bündnis aber nicht bei der Kritik einzelner Akteure stehen, sondern thematisiert den generellen Zusammenhang von Klimawandel und Kapitalismus und betont die Notwendigkeit einer Alternative zur bestehenden Wirtschaftsordnung. Denn der Wachstumszwang der kapitalistischen Wirtschaft, die auf Konkurrenz und Privateigentum an Produktionsmitteln basiert, verhindert systematisch einen wirksamen Klimaschutz und ein gutes Leben für alle Menschen. Daher setzt Ende Gelände dem Klimawandel völlig zurecht einen Systemwandel entgegen.

Neben der grundsätzlichen Kritik benennt und adressiert Ende Gelände maßgebliche Akteure der Umweltzerstörung. Daher ist der Ort, an dem das Bündnis ein deutliches Zeichen für mehr Klimagerechtigkeit setzen will, sehr bewusst ausgewählt. Der Betreiber des Rheinischen Braunkohlereviers, RWE, ist der größte Klimaverpester in ganz Europa. In NRW wird mehr Kohle verbrannt als in den gesamten USA. Jahrelang hat der Energiekonzern auf Kosten von Mensch und Umwelt satte Profite erwirtschaftet. Was mit den Ewigkeitskosten für den Atomausstieg mit freundlicher Unterstützung von CDU/CSU, SPD und Grünen bereits gelungen ist, versucht RWE im Kohlesektor erneut: die Zeche für die verheerenden Umweltzerstörungen soll die Allgemeinheit bezahlen.

Was bisher geschah…

Erstmals war RWE im August 2015 Adressat der Ende-Gelände-Proteste. Rings um den Tagebau Garzweiler leistete das Bündnis mit vielfältigen und kreativen Aktionen Widerstand gegen den Kohleabbau. RWE setzte voll auf Eskalation und schickte seinen privaten Werkschutz zusammen mit der Polizei los, um die friedlichen Blockaden mit brutaler Gewalt zu beenden. Dennoch standen drei von sieben Baggern für mehrere Stunden still. Begleitet wurden die Aktionen des zivilen Ungehorsams von einem vielfältigen Rahmenprogramm im Klima-Camp und einer Sommerschule zum Thema Degrowth und Klimagerechtigkeit.

Im Mai 2016 wurden die Proteste des Bündnisses in der Lausitz, dem zweiten großen und damals noch von Vattenfall betriebenen Braunkohlerevier in Deutschland, fortgesetzt. Die Teilnehmer*innenzahl erhöhte sich auf 3500 bis 4000 Menschen, die mit entschlossenen, aber friedlichen Protesten ein weiteres beeindruckendes Zeichen gegen den klimazerstörenden Braunkohleabbau setzten. Auffallend war die Zurückhaltung der Polizei, die diesmal nicht wie in Garzweiler mit werkseigenen Jeeps durch die Landschaft raste und Jagd auf Aktivist*innen machte. Auch diesmal wurden die Aktionen von einem Camp mit Veranstaltungen und Diskussionen begleitet.

Verbindung von praktischer Aktion und theoretischer Kritik

Hervorzuheben ist an den Ende-Gelände-Protesten insbesondere die Verbindung von praktischer Aktion und theoretischer Kritik. Beeindruckt hat mich in beiden Jahren die Bereitschaft zu umfangreichen Diskussionen und die Suche nach echten Alternativen zum kapitalistischen Elend. Ich hatte den Eindruck, dass hier etwas entsteht. Die Profiteure der Klimazerstörung werden eindeutig benannt und mit den Protesten adressiert, zugleich wird die generelle Unvereinbarkeit von Kapitalismus und Klimaschutz problematisiert. Im Aktionskonsens betont das Bündnis, dass sich die Proteste nicht gegen die Arbeiter*innen von RWE oder die Polizei richten. Dies ist deshalb wichtig festzuhalten, weil von Konzernseite gerne dieser Eindruck erweckt wird, um die Proteste zu delegitimieren.

De facto ist es aber gerade auch die Belegschaft von RWE, die mit Kürzungsprogrammen die verfehlte Konzernpolitik auszubaden hat. Die betroffenen Menschen in den Braunkohleregionen brauchen endlich Planungssicherheit für einen sozial flankierten Strukturwandel. Die sozial-ökologische Energiewende ist dringend notwendig! Deshalb sind auch die Klimaproteste von Ende Gelände so enorm wichtig. Über die im August geplanten Aktionen kann man sich hier informieren: www.ende-gelaende.org

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