Atommüll aus WAA: 26 oder auch 28 Castoren? Genehmigung mit Öffentlichkeitsbeteiligung oder hinter verschlossenen Türen?

Atommüll aus WAA: 26 oder auch 28 Castoren? Genehmigung mit Öffentlichkeitsbeteiligung oder hinter verschlossenen Türen?

Mit einigen Jahren Verzögerung sind die Anträge für die Atomtransporte zur Zwischenlagerung hoch- und mittelradioaktiver Abfälle aus den Wiederaufarbeitungsanlagen in Sellafield (UK) und La Hague (F) für Brokdorf, Biblis, Philippsburg und Isar von den Betreibern gestellt. Erstmals soll verglaster radioaktiver Abfall in diese Zwischenlager, in die nach früheren Versprechungen der Politik nur vor Ort in den jeweiligen AKWs erzeugte hochradioaktive Brennelemente aufbewahrt werden sollten. Offen ist bislang, ob die nun anstehenden Genehmigungsverfahren unter Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgen oder hinter verschlossenen Türen durchgezogen werden. Die Durchführung der insgesamt mindestens 26 – vielleicht aber auch 28 – Castor-Transporte (*) wird erst ab 2019 oder später erwartet. Ab dann übernimmt der Bund von den bislang zuständigen Atomkonzernen die Verantwortung für die Zwischenlager. Ehemals vorgesehen war, diese Abfälle in das Zwischenlager nach Gorleben zu bringen. Um Niedersachsens Zustimmung für die Endlagersuche unter Beteiligung des Salzstocks in Gorleben zu erreichen, war festgelegt worden, keinen weiteren Atommüll mehr ins oberirdische Zwischenlager nach Gorleben zu bringen.

Dokumentation der Presseerklärungen des Bundesumweltministerium, von E.on/PreussenElektra, RWE und EnBW zu den Genehmigungsanträgen für die Rücktransporte von radioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung deutscher Brennelemente in den Wiederaufarbeitungsanlagen Sellafield und La Hague in die Zwischenlager Brokdorf, Biblis, Philippsburg und Isar:

1. BMUB: AKW-Betreiber beantragen Aufnahme von Castor-Behältern in Zwischenlager

Nach der Neuordnung der Zuständigkeiten für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle organisiert Bundesumweltministerin Barbara Hendricks auch den Betrieb von atomaren Zwischenlagern neu.

Ab heute ist die Gesellschaft für Zwischenlagerung im Bundesbesitz

In die seit Jahren stockende Rückführung des deutschen Atommülls aus Frankreich und England kommt Bewegung. Beim Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) gingen heute Anträge der deutschen AKW-Betreiber ein, die Atomabfälle aus der Wiederaufarbeitung deutscher Brennelemente in standortnahe Zwischenlager einlagern zu dürfen.

Die EVU kommen damit ihrer Verpflichtung nach, die sich aus der von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks durchgesetzten Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung ergibt. Die Anträge beruhen auf dem Rückführungskonzept, auf das sich Hendricks und die vier Atomkonzerne RWE, EON, EnBW und Vattenfall am 19. Juni 2015 verständigt hatten. Derzeit befinden sich noch mittel- und hochradioaktive Abfälle für insgesamt 26 Castoren in Frankreich und England. Die von der Rückführung betroffenen Standortgemeinden Philippsburg, Biblis, Brokdorf und Isar wurden im Vorhinein über die bevorstehenden Antragstellungen informiert.
29.09.2017 | Pressemitteilung Nr. 323/17 | Nukleare Sicherheit

2. Zwischenlager Philippsburg: EnBW beantragt Einlagerung von Abfällen aus der Wiederaufarbeitung im Standort-Zwischenlager Philippsburg

Erfüllung vertraglicher Pflichten – Umsetzung des Konzepts der Bundesregierung – Einlagerung wird für das Jahr 2019 angestrebt

Philippsburg. Die EnBW hat heute beim Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) die Einlagerung von radioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung deutscher Brennelemente in Frankreich im Standort-Zwischenlager des Kernkraftwerks Philippsburg beantragt. Die EnBW setzt damit eine Verpflichtung um, die sich aus dem öffentlich-rechtlichen „Vertrag zur Finanzierung der Kosten des Kernenergieausstieges“ ergibt. Diesen Vertrag hat die Bundesregierung mit den Betreibern der deutschen Kernkraftwerke im Juni 2017 geschlossen, nachdem zuvor das „Gesetz zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung“ in Kraft getreten war.

In der Vergangenheit waren verbrauchte Brennelemente aus deutschen Kernkraftwerken zu Wiederaufarbeitungsanlagen in Frankreich und Großbritannien gebracht worden. Durch die Wiederaufarbeitung konnte Material für die Herstellung neuer Brennelemente zurückgewonnen werden. Dabei fielen auch nicht verwertbare radioaktive Abfälle an. Zur Rücknahme dieser Abfälle sind die Bundesrepublik Deutschland und die deutschen Kernkraftwerksbetreiber verpflichtet.

„Für die Rücknahme der verbliebenen Abfälle aus dem Ausland hat die Bundesregierung ein Konzept vorgelegt, zu dessen Umsetzung wir uns im Zuge der gesetzlichen Neuordnung der kerntechnischen Entsorgung verpflichtet haben. Dieser Verpflichtung kommen wir mit unserer heutigen Antragstellung nun nach“, erläutert Jörg Michels, Geschäftsführer der EnBW Kernkraft GmbH. „Dass dieser Schritt zu Informations- und Gesprächsbedarf am Standort Philippsburg führen wird, ist uns bewusst. Dem werden wir uns gemeinsam mit dem Bundesumweltministerium aktiv stellen.“

Das Rücknahmekonzept des Bundesumweltministeriums sieht vor, dass die deutschen Wiederaufarbeitungsabfälle aus Frankreich (voraussichtlich 5 Castor-Behälter) im Standort-Zwischenlager der EnBW in Philippsburg zwischengelagert werden sollen. Die entsprechenden deutschen Abfälle aus Großbritannien sollen auf die Standort-Zwischenlager in Biblis, Brokdorf und Isar verteilt werden.

Für die Rückführung der Abfälle aus Frankreich nach Philippsburg wird das Jahr 2019 angestrebt. Entsprechend der gesetzlichen Regelung wird das Standort-Zwischenlager Philippsburg ab dem 1. Januar 2019 vom Bund betrieben, so dass das Lager bereits in der Verantwortung des Staates liegen wird, wenn die Anlieferung erfolgt. Weitere Eckdaten für den Transport stehen noch nicht fest.

Abfälle werden in speziellen Castor-Behältern sicher verschlossen

Die Abfälle aus der französischen Wiederaufarbeitung sind der Kategorie mittelradioaktiv zuzuordnen. Sie wurden in der Wiederaufarbeitungsanlage mit Silikatglas vermischt, in zylindrische Behälter aus Edelstahl gegossen und – nach Aushärtung – verschlossen. Diese mit ausgehärtetem Glasgemisch gefüllten Behälter werden „Glaskokillen“ genannt. Für Transport und Lagerung werden die Kokillen in speziell konstruierte Castor-Behälter überführt und sicher verschlossen. Vorgesehen ist der Castor-Behälter vom Typ HAW28M. Er kann bis zu 28 Glaskokillen aufnehmen.

Castor-Behälter sind massive, tonnenschwere Metallkonstruktionen, die in Tests nachgewiesen haben, dass sie auch unter extremen Bedingungen sicher sind. Nur so haben sie die behördliche Zulassung für ihren generellen Einsatz als Transport- und Lagerbehälter erhalten.

Infolge des Kernenergieausstiegs reicht die Kapazität des Zwischenlagers aus

Das Standort-Zwischenlager in Philippsburg verfügt über 152 Stellplätze für Behälter mit verbrauchten Brennelementen. Davon werden jedoch – als Folge des vorzeitigen Ausstiegs aus der Kernenergie – nach aktueller Schätzung nur etwas mehr als 100 Plätze für die Zwischenlagerung der Brennelemente aus den beiden Kraftwerksblöcken in Philippsburg benötigt. Die Unterbringung der voraussichtlich fünf Castoren aus Frankreich ist somit möglich. Der für das Zwischenlager genehmigte Rahmen – wie z.B. die Wärmeentwicklung und Dosisleistung der Gesamtheit der Behälter – bleibt durch den heute gestellten Antrag unverändert und wird auch nach der Einlagerung der voraussichtlich fünf Behälter aus Frankreich weiterhin unterschritten. Aktuell befinden sich im Zwischenlager 60 beladene Behälter.

Unternehmenskommunikation EnBW Energie Baden-Württemberg AG

3. Zwischenlager in Brokdorf und Isar: PreussenElektra stellt Antrag auf Aufbewahrung von Wiederaufarbeitungsabfällen

04. Oktober 2017: PreussenElektra hat vergangene Woche beim Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) den erforderlichen Antrag für die Aufbewahrung der Abfälle aus der Wiederaufarbeitung in Großbritannien und Frankreich gestellt. Die Verpflichtung zur Rücknahme dieser Abfälle in die Standortzwischenlager ist Bestandteil des öffentlich-rechtlichen Vertrags, der im Zuge der Umsetzung der Empfehlungen der Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs (KFK) mit der Bundesregierung geschlossen wurde, und ist zudem im Atomgesetz fixiert.

„Mit der Antragstellung entsprechen wir dem 2015 zwischen Bund und Ländern vereinbarten Konzept, die noch aus der Wiederaufarbeitung in Frankreich und Großbritannien nach Deutschland zurückzuführenden Abfälle in unseren Standortzwischenlagern zwischenzulagern“, so Geschäftsführer Jan C. Homan.

Bisher wurden die verglasten mittel- und hochradioaktiven Abfälle in das dafür vorgesehene zentrale Zwischenlager Gorleben gebracht. Dort stehen bereits 108 Castor-Behälter mit Wiederaufarbeitungs­abfällen. Gemäß dem Konzept des Bundesumweltministeriums sollen jeweils bis zu sieben Castor-Behälter in den Standortzwischenlagern in Brokdorf und Isar sowie weitere in Philippsburg und Biblis eingelagert werden.

Für die Rückführung der radioaktiven Abfälle an diese Standorte ist der Zeitraum von 2019 bis 2021 vorgesehen. Die Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle an den Standorten gehen zum 1. Januar 2019 an die bundeseigene Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) über. Wenn die Anlieferung erfolgt, werden die Lager in der Verantwortung des Bundes sein.

Weiterführende Informationen zur Rückführung der Wiederaufarbeitungsabfälle finden Sie unter: http://www.bfe.bund.de/DE/ne/abfaelle/rueckfuehrung/rueckfuehrung.html

4. Zwischenlager Biblis: Kraftwerk Biblis stellt Antrag auf Aufbewahrung von Castoren aus der Wiederaufbereitung

(29. September 2017) RWE Power wird im Rahmen der Transparenzinitiative die Bevölkerung über das Genehmigungsverfahren informieren

RWE Power hat am 29.09.2017 beim Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) als zuständiger Genehmigungsbehörde einen Antrag auf Aufbewahrung von bis zu sieben aus der Wiederaufbereitung in England zurückzuführenden Castorbehältern im Standortzwischenlager Biblis gestellt.

Hintergrund: Die Bundesrepublik Deutschland hat eine völkerrechtliche Verpflichtung zur Rückführung der radioaktiven Abfälle aus der Wiederaufarbeitung in Frankreich und England. Im Gesetzgebungsprozess zur Standortauswahl für ein Endlager wurde entschieden, dass keine weiteren Castorbehälter in das Zwischenlager am Standort Gorleben eingelagert werden sollen.

Im Juni 2015 hatte das Bundesumweltministerium ein Konzept zur Rückholung dieser Abfälle vorgelegt, das auch eine Einlagerung in das Standortzwischenlager Biblis umfasst. RWE Power hat sich – wie die anderen Betreiber – im Rahmen der Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung dazu verpflichtet, dieses Konzept zügig umzusetzen. Für die Rückführung wird der Zeitraum zwischen 2019 bis 2021 angestrebt, in dem bis zu sieben Behälter nach Biblis transportiert werden sollen.

Am 1.1.2019 gehen der Betrieb und die Verantwortung für die Standortzwischenlager gemäß der Regelungen des Entsorgungsübergangsgesetzes auf die bundeseigene Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) über. Die Einlagerung der Castoren in das Standortzwischenlager Biblis wird somit in der Verantwortung des Bundes erfolgen.

„Wir werden im Rahmen unserer Initiative „KW Biblis transparent“ die Bürgerinnen und Bürger selbstverständlich auch über das Genehmigungsverfahren informieren“, betont Kraftwerksleiter Horst Kemmeter. Für das 1. Halbjahr 2018 ist deshalb ein Fokustag zur Rückführung geplant. Hierzu sollen auch Vertreter des Bundesumweltministeriums und der Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) eingeladen werden.

Informationen des Bundesamts für kerntechnische Entsorgungssicherheit zur Rückführung der Abfälle aus der Wiederaufbereitung sowie zum Konzept des Bundesumweltministeriums finden Sie hier: http://www.bfe.bund.de/DE/ne/abfaelle/rueckfuehrung/rueckfuehrung-wohin.html

Dirk Seifert

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