Neo-Nazis und Umweltbewegung – „Umweltschutz = Tierschutz = Heimatschutz = Volksschutz“
Nicht erst die NSU-Morde und das völlige Versagen der Geheimdienste machen erneut deutlich, wie gefährlich Neo-Nazis in Deutschland sind und wie schwer sich die Staatsgewalt ausgerechnet im Umgang mit dieser rechten Szene tut. Die Wahlerfolge der Nazi-Parteien, aber vor allem die Vielzahl von Freundeskreisen, Kameradschaften und sonstigen Bündnissen zeigt, dass neofaschistische und rechte Ideologien immer mehr Raum greifen. Hinzu kommt, dass die Neo-Nazis einen massiven strategischen politischen und kulturellen Wandel vollzogen haben. Immer mehr mischen sich äußerlich nicht besonders auffällige Neo-Nazis in Bürgerbündnisse ein, die mit „softeren“ Argumentationen gesellschaftliche Räume für ihre Ideologie und Politik zu vergrößern suchen. Auch in der Umwelt- und Anti-Atom-Politik ist das in den letzten Jahren vermehrt zu bemerken. So warnte die NPD im Bundestagswahlkampf 2011 vor dem „Atomtod aus Polen“ und ruft zum Ökostromwechsel auf. Erst im Mai 2011 musste die Anti-Atom-Initiative Schwerin einen NPD-Funktionär rausschmeißen, nachdem dieser versucht hatte, sich in der BI zu engagieren.
Es gibt gute Gründe, dass sich die Anti-Atom- und die Umweltbewegung intensiver mit den Neo-Nazis und ihrem Engagement in diesen Politikfeldern auseinandersetzt. Das zeigte sich erst jüngst wieder: Nach eigenen Angaben gab Holger Strohm, Autor des Buches und des Films „Friedlich in die Katastrophe“ einem – wie er sagt – „Anti-Atom-Aktivisten aus dem Wendland“ ein Interview. Dieses erschien dann – angeblich ohne die vereinbarte Autorisation des Interviews – in der rechtsextremen Zeitung „Umwelt & Aktiv“. In dem Interview hatte Strohm dann aber auch gesagt, dass es “selbst unter Nazis gute Menschen” gäbe. Die taz – und auch die BI Lüchow Dannenberg, Contratom und dieser Blog hier – haben Holger Strohm daher vorgeworfen, er würde die Verbrechen der Nazis verharmlosen (wohlgemerkt: Der Vorwurf lautet nicht, dass Holger Strohm Neo-Nazi sei!!) und sich distanziert. Inzwischen hat Strohm nicht nur in einem offenen Brief an die taz reagiert, sondern schreibt unter der Überschrift „Holger Strohm wehrt sich gegen die Verleumdungen der taz“ nunmehr unter seinem Namen auf der Homepage der rechtsextremen Zeitung!
Gründe genug, sich mit den Rechtsextremen und ihrer Umwelt- und Anti-Atom-Politik genauer zu befassen. Daher wird hier ein Text vom Januar 2012 von der Homepage „Endstation Rechts“ dokumentiert, den der Autor Andreas Speit verfasst hat. Der gibt einen Überblick, zu welchen umweltpolitischen Themen und wie sich Rechtsextreme engagieren. Auch die rechtsextreme Zeitung Umwelt & Aktiv wird dabei unter die Lupe genommen. Das Original des Textes gibt es hier.
DOKUMENTATION:
„Mittwoch, 25. Januar 2012- Projekte und Positionen völkischer Ökologie
«Schweinemast – Nein Danke.» Der Titel des Flugblatts dürfte nicht nur Vegetarier und Veganer ansprechen. In vielen Briefkästen, an Wohnhäusern und einigen Ablagen in Einkaufszentren fand sich in Bad Oldesloe das farbige Informationsblatt gegen eine geplante Schweinemastanlage.
Ein einschlägiges Zitat wurde hervorgehoben: «Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr feststellen, dass man Geld nicht essen kann.» Wer kennt sie nicht, diese indianische Weissagung, die den Crees zugeschrieben wird? Seit fast 40 Jahren greift die alternative Bewegung auf diese Mahnung zurück. Die Kritik an einer materialistischen Weltsicht, in der Natur und Tierwelt allein unter ökonomischer Verwertungslogik wahrgenommen werden, ziert T-Shirts, Plakate, Aufkleber und Buttons. Keine Tierrechtsgruppe oder Umweltinitiative verteilte aber das Flugblatt im Juli 2011 in der schleswig-holsteinischen Stadt. Bei regnerischem Wetter steckten die «Autonomen Nationalen Sozialisten Stormarn» das Blatt in Briefkästen und legten es auf Packtischen aus. Ihre «nationale» und «sozialistische» Ausrichtung verheimlichten die «nationalen Aktivisten» nicht. Auf dem Flugblatt prangt gut sichtbar ihr Name und das Logo für diese Aktion: Ein Kreis mit der Inschrift des Gruppennamens in dessen Mitte eine schwarze und grüne Fahne mit einer Tiertatze zu sehen ist. Knapp 30 Kilometer von Bad Oldesloe entfernt, in Köthel, soll die Mastanlage für 1490 Tiere entstehen. In der Gemeinde mit rund 330 Anwohnern sprachen sich 70 Prozent gegen das Bauvorhaben aus. Bereits zweimal lehnte die Gemeindevertretung 2010 das Vorhaben eines Bauerns aus Trittau ab. Eine Bürgerinitiative «Keine Schweinemast in Köthel» führte seit Bekanntwerden des Projektes Informations- und Protestveranstaltungen durch. Trotz positiven Bauvorbescheides des Bad Oldesloer Kreisbauamtes lehnte die Gemeindevertretung den Bau im Juli 2011 erneut ab. Mit der Flugblattaktion griffen die «Autonomen Nationalen Sozialisten Stormarn» in die laufende Auseinandersetzung ein. Überraschung über so eine Aktion verrät mehr über die Überraschten als über die Überrascher.
In den vergangenen Jahren wendete sich die Szene von Nationaldemokratischer Partei Deutschlands (NPD) über Freie Kameradschaften (FK) bis zu den Autonomen Nationalisten (AN) sozialen Problemen und lokalen Konflikten zu. Die Themen der gesellschaftlichen Mitte, mahnt seit 1996 der NPD-Bundesvorsitzende Udo Voigt die Partei, sollen die Themen der extremen Rechten sein.
In diesem strategischen Kontext sind Umwelt-, Natur- und Tierschutz Themenfelder in Ost und West. Die Sorge, die die Rechtsextremisten umtreibt ist, dass der Missbrauch der «deutschen Natur» die Beschädigung der «Substanz des deutschen Volkes» vorantreibe. Die Freien Aktivisten Wolfenbüttel/Salzgitter klebten denn auch in der niedersächsischen Region Sticker «Umwelt- und Tierschutz ist Selbstschutz für uns Menschen» und verteilten Flugblätter mit der Botschaft, Tiere nicht unbedacht zu verschenken. Im sächsischen Landtag betont die NPD-Fraktion, dass der «Ausstieg aus der Kernenergie nur im gesamteuropäischen Rahmen vollzogen werden kann» und fordert, Ökostrom zu fördern. Der Landesverband der NPD-Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) Rheinland-Pfalz berichtet in ihrer Schülerzeitung Schinderhannes von einer NPD-Aktion gegen gentechnisch verändertes Saatgut vor dem Landtag Mecklenburg-Vorpommerns. Im dortigen Landtag macht sich die NPD-Fraktion gegen genmanipulierte Kartoffeln stark und fordert, die Massentierhaltung einzudämmen. Im ersten Ordnungsruf , dem Mitteilungsblatt der NPD-Fraktion, ist ihr Nein zu gentechnisch veränderten Organismen das Titelthema. Im Kampf um den Wiedereinzug warnte die NPD 2011 vor dem «Atomtod aus Polen». Die Szene eint die parteipolitische Parole «Umweltschutz ist nicht grün» und die weltanschauliche Gleichung «Umweltschutz = Tierschutz = Heimatschutz = Volksschutz».
Publizistische Projekte: «Umweltschutz ist nicht grün»
In der extrem-rechten Szene hat sich das Magazin Umwelt & Aktiv (U&A) zu der ökologischen Publikation entwickelt. 2007 erschien erstmals das Magazin mit dem Untertitel «Umweltschutz – Tierschutz – Heimatschutz» auf dessen letzter Seite die Redaktion um Christoph Hofer hervorhebt: «Umweltschutz ist nicht grün». Sie führt aus: «Der Schutz der Natur beginnt vor Ort, in den heimischen Wäldern, Bergen, Seen und Stränden, kurz in der Heimat. Und dazu gehört auch der Schutz der Kultur als gewachsener Träger des Umwelt- und Tierschutzes vor Ort, frei von kommerziellen Zwängen» und sie betont: «Wir werden nicht länger jenen Menschen das Thema Umwelt- und Naturschutz überlassen, denen gar nichts an der Heimat liegt».
Auf der Website von U&A findet sich das Editorial der Erstausgabe mit dieser Kampfansage wieder. Kaum ein Thema des Magazins, dessen Titelblatt Sonnenblumen, Kühe, Wale und Bäume zierte, das ökologisch Interessierte nicht angesprochen hätte: von Vorteilen der Permakultur, über E10-Boykott, Rosen aus Afrika, Pangasius als schlimmer Industriefisch, Gartengifte und Energiesparlampen.
2008 starrt in der ersten Ausgabe des Jahres allerdings das bekannte Gesicht von Uncle Sam die Leserschaft an. Es besteht zur Hälfte aus Schädelknochen, das Hemd ist blutverschmiert, in der Jackentasche steckt genmanipulierter Mais. «Amerika weltweit?» titelt die Redaktion provokant. Im Magazin erläutert der Autor die Titel-Botschaft: Für ihn sind die Patentierung von Saatgut und die Ausbreitung von Gen-Mais nichts anderes als Methoden der USA, ihre Macht zu sichern.
Schon nach den ersten Ausgaben fiel anderen extrem-rechten Redaktionen U&A auf, das offiziell als «Rundbrief an Mitglieder und Freunde des Umweltvereins Midgard e.V.» mit Postfachadresse im bayrischen Traunstein erscheint. So lässt die NPD-Monatszeitung Deutsche Stimme (DS) im Januar 2009 Laura Horn in einem Interview das Magazin vorstellen. «Zu unseren Zielen gehört auch, das politische Feld des Umweltschutzes wieder mit heimatverbundenen Kräften zu besetzten», sagt die Mitbegründerin von U&A. Ihre Zeitschrift sei «die einzige Umweltzeitung aus dem konservativen […] Spektrum und sie versichert auch, sich «Tabu-Themen» anzunehmen.
Im Interview mit der vom DVU-Gründer Gerhard Frey verantworteten National-Zeitung erklärt Horn erneut ihr Ziel, eine «Umweltzeitung aus dem rechtskonservativen Lager» herausgeben zu wollen. In der ersten Ausgabe des vierteljährlich erscheinenden Magazins macht sie die politische Zielsetzung, ihre vermeintlich konservative Ausrichtung deutlich, als sie mit Blick auf Juden und Muslime fragte: «Darf man das betäubungslose Töten in der BRD nicht strikt verbieten, weil man sonst unter Rassismus-Verdacht gerät?». Der Orient kenne noch andere «religiöse Bräuche», die auch in die Bundesrepublik «importiert» werden könnten, «damit sich die Migranten wie zu Hause fühlen», die «Genitalverstümmelung an Mädchen, die vom Koran ausdrücklich abgesegnete Prügelstrafe für Frauen, den Schleierzwang, das Auspeitschen, das Steinigen und Handabhacken nach der ‚Scharia’». Und sie antwortet selbst: «Es ist mehr als an der Zeit, diesen als Religionsfreiheit deklarierten Diaspora-Romantik-Reibach abzuschaffen!».
Über den Verein und das Magazin mag die U&A-Autorin Claudia Laimer nicht so gern reden. «Wir leben auch sehr umweltbewusst», sagte sie gegenüber der taz 2008. Mehr wollte sie nicht sagen; auch nichts zu ihrer Nähe zu Hofer, der auch dem Verein vorsteht. Nicht ohne Grund. «Der Vereinsvorsitzende und Herausgeber, Christoph Hofer war niederbayrischer NPD-Bezirksvorsitzender und -Kreisvorsitzender in Rottal-Inn» erläutert Robert Andreasch, Rechtsextremismusexperte für Bayern. Dem Vereinsregister ist zu entnehmen, dass Laimers Ehemann, Hans-Günter, Schatzmeister bei Midgard ist. 2003 kandidierte ihr Mann für die NPD bei der Bezirkswahl in Passau-Land. In Meinach betreibt sie einen Biohof. Hier soll U&A ausgelegen haben. An der Tür stritt sie aber gegenüber Kontraste, dem Politikmagazin des Bayrischen Fernsehens, ab, das Magazin Kunden nahe gebracht zu haben und Kassenprüferin des Vereins zu sein. Fragen wollte sie nicht beantworten: «Weil ich das jetzt nicht mache», sagt sie in der Sendung vom 11. Mai 2011.
Die Zurückhaltung verwundert wenig. Interne E-Mails der NPD, die Februar 2011 verschiedenen Redaktionen zugespielt worden sind, belegen, dass Redaktionsmitglieder zu der Partei ein enges Verhältnis haben. «Laura Horn» ist das Pseudonym von Berthild Haese, der Frau des langjährigen NPD-Kaders Peter Haese, der auch ihre Artikel bearbeitet. Die inhaltliche Nähe zur völkischen Ideologie der NPD konnte aber nicht erst durch interne Mails erkannt werden. In dem mehrfarbigen Magazin, dessen Seitenstärke von 31 bis 40 Seiten schwankt, wird in der Rubrik «Heimatschutz» immer wieder vermeintliches germanisches Brauchtum oder deutsche Kultur vorgestellt, Julfeste, Tischsprüche, Jahreskreisfeste, 1.-Mai-Bräuche, Winter -sonnenwendfeiern und Liedgut – auch für die Kinder. «Langsam und schleichend wandern Sitten aus fremden Ländern ein, während traditionelle Bräuche immer mehr verkommen», warnt die Redaktion. Die «fremdländischen Bräuche» würden gerade Kindern durch die Medien «aufoktroyiert». Und sie mahnt: «Das Unterbinden von deutschen oder europäischen Traditionen und der Kniefall vor einer Minderheit ist nicht nur beschämend, sondern sollte Anlass zu ernster Sorge geben!».
Diese Nähe zum völkischen Verständnis möchte Laura Horn / Berthild Haese gar nicht leugnen. Im Interview mit der DS bezieht sie sich positiv auf eine politische Klassifizierung der taz. «Umwelt & Aktiv», so die Redakteurin sei «die einzige Umweltzeitung» aus dem «völkischen […] Spektrum», wie «die taz es formulieren würde».
Positionierung der extremen Rechten: «Realpolitischer Heimatschutz statt pseudogrüner Öko-Folklore» bei der NPD
Die NPD als die Partei des völkisch-nationalistischen Spektrums hebt hervor, dass sie eine der ersten Parteien war, die ökologische Positionen vertreten habe. «Ein ökologisch denkender Mensch», führte in den 1970er-Jahren der NPD-Bundesvorsitzende Martin Mußgnug aus, nehme «automatisch eine rechte Position ein». Keine bloße Propaganda: In diesen Jahren war in der marxistischen Linken der Fortschrittsoptimismus stark verankert. «Während Liberalisten und Marxisten weltweit dem Wahn vom ewigen Wirtschaftswachstum huldigten, waren es zuerst rechte Mahner, die vor diesem Irrweg warnten» verkündete Mußgnug.
Er verschwieg aber, dass in «der Linken» viele Linke diesen Wachstums- und Fortschrittsoptimismus nicht teilten. Hier wird nicht bloß verschwiegen, sondern auch verharmlost. Denn die umweltpolitischen Forderungen der NPD gingen (und gehen) nie mit weltweit ökologischen, sozialen und emanzipatorischen Vorstellungen einher. Die völkischen Motive waren 1967, drei Jahre nach der NPD-Gründung, virulent. In den Deutschen Nachrichten, eine Wochenzeitung der NPD, wurde am 24. November 1967 zur Bedeutung der Bauern dargelegt: «In ihrem vollmechanisierten Dasein haben sie die Verbindung mit dem Ursprünglichen eingebüßt, den Kontakt zu Pflanze, Tier und Lebendigen verloren […] Einst war bäuerliche Lebensart Urgrund und Nährboden für die deutsche Kultur schlechthin. Im bäuerlichen Brauchtum offenbart sich die deutsche Seele […] Wer darum die deutsche Seele töten wollte, wer das deutsche Volk in seinen Wesenskern treffen wollte, der musste dieses Brauchtum vernichten! Und dieses Ziel haben die Feinde unseres Volkes unbeirrt und brutal verfolgt».
Bäuerliches Brauchtum wird als ureigener Volkscharakter getreu völkischen Denkens vorgestellt. Bürger gegen Bauer ist das alte Motiv gegen eine moderne Gesellschaft, die das deutsche Volk auslöschen will. In der Wochenzeitung heißt es am 28. April 1967, dass der «vermeintliche Fortschritt [des] Industriezeitalters […] nur die seelische Verarmung» verursache.
Diese Sorge des Verlustes der «gesundheitlichen Substanz» durch eine verfehlte Umweltpolitik bewegte 1973 die Partei auf ihrem Bundesparteitag. Die Mitglieder stimmten zu, einen Passus «Volksgesundheit und Umweltschutz» in das Parteiprogramm aufzunehmen. Der Titel offenbart die Intention. In Angst um das «gesunde Erbgut» des deutschen Volkes erklären sie, dass «der Schutz der Natur und Umwelt […] unerlässliche Vorbedingung für die Erhaltung des menschlichen Lebensraums und der Volksgesundheit [sei]. Umwelt- und Naturschutz müssen deshalb zu leitenden Gedanken der Politik erhoben werden».
Fünf Jahre später verdichten die JN in ihrem «Ökologischen Manifest» diese Vorstellungen. 1977 betont die NPD-Jugendorganisation darin, dass «Umwelt- und Naturschutz» zusammen mit «Volks- und Lebens -schutz» als leitende Gedanken bestimmend sein sollen. Knapp 35 Jahre später findet sich diese moderne Form der Blut-und-Boden-Ideologie weiterhin in den umweltpolitischen Parteiforderungen.
Im aktuellen Parteiprogramm, 2010 auf dem Bundesparteitag beschlossen, wird das Bauerntum als unbedingt förderlich herausgestellt. Unter «Landwirtschaft und Naturschutz» heißt es: «Der deutsche Bauernstand ist von enormer wirtschaftlicher und auch kultureller Bedeutung und verdient daher den Schutz des Staates». Das Verbot gentechnisch veränderter Waren wird gefordert und gemahnt «Tiere sind keine Wegwerfware». Die Partei erklärt weiter, dass Tierversuche nur bei «äußerster Notwendigkeit» zulässig sein sollten und die Massen -tierhaltung grundsätzlich abzulehnen wäre. Die einzelnen Forderungen sind in die rechte Weltanschauung eingepasst. Im Programm wird einleitend betont: «Deutsche Landschaften sind Kulturlandschaften. Deshalb kann Umweltschutz grundsätzlich nicht getrennt von der kulturellen Entwicklung gesehen werden», und weiter: «Der Materialismus […] hat die Zerstörung der natürlichen Lebens -grundlage» vorangetrieben.
Das Programm spiegelt sich in der Politik wider. Im sächsischen Landtag sprach sich der NPD-Abgeordnete Winfried Petzold gegen die gemeinsame Agrarpolitik der EU aus. Sein Credo folgt fast wortgetreu der Idealisierung des «deutschen Bauern»: «Der deutsche Bauernstand […] ist immer noch von enormer wirtschaftlicher und auch kultureller Bedeutung und verdient daher den Schutz des Staates».
Im Landtag Mecklenburg-Vorpommerns greift die NPD regelmäßig in die Debatte um genmanipuliertes Saatgut ein. Auffallend: In den Berichten des Parteiorgans Deutsche Stimme (DS) wird die Sorge um das deutsche Erbgut nicht wortwörtlich erwähnt. Oft heißt es nur: «Der Anbau gentechnisch veränderter Organismen stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die Natur dar, der mit unübersehbaren Folgen für Mensch und Natur verbunden ist».
Lutz Giesen, NPD-Kader aus Mecklenburg-Vorpommern, betont in einem sehr langen Artikel in der DS auch nur, dass «die Auswirkungen» auf Mensch und Natur nicht absehbar seien. Etwas deutlicher führt er aus: «Gerade für Volkstreue steht aber nicht die Profitmaximierung im Mittelpunkt unseres Wollens, sondern der Nutzen für unser Volk».
Mit der moderaten Wortwahl scheint die politische Grundausrichtung bewusst verharmlost zu werden. Einschlägiger berichtet am 24. Mai 2011 allerdings der sächsische NPD-Fraktionsmitarbeiter Peter Schreiber über eine Debatte im Meißner Kreistag zu Gen-Maisanbau. Schreiber, selbst Kreistagsmitglied, wirft den dortigen Grünen vor, einen NPD-Antrag zum «Ausstieg aus der Agro-Gentechnik» abgelehnt zu haben. Die Grünen hatten Nein gesagt, erklärt der Grüne Kreisrat Volker Herold, weil der NPD-Antrag «voll mit nationalsozialistischer Ideologie war» und sie generell keinem Antrag dieser Partei zustimmen würden.
«Biologisch korrekt oder lieber politisch korrekt?», fragt Schreiber rhetorisch in dem Beitrag «Realpolitischer Heimatschutz statt pseudogrüner Öko-Folklore», der auf verschiedenen Szenewebsites gelesen werden kann.
Und er antwortet: «Das Beispiel im Kreistag Meißen zeigt, dass die […] GRÜNEN ihre Öko-Propaganda längst nur noch zur Bemäntelung ihrer wahren, gesellschaftspolitischen Zielsetzungen, etwa im Bereich der ‚Migrations-politik’ oder mit ihrem Eintreten für das ‚Gender-Mainstreaming’-Konzept […] einsetzen. Die Zerstörung der Familie, der Völker und einer von uns Nationalen als natürlich empfundenen Ordnung […] ist die wahre Aufgabe der ‚grünen’ Mogelpackung». Im Vorwurf des NPD-Kaders, der auch auf der Website von U&A veröffentlich ist, schwingt die enge Verzahnung der «natürlichen Ordnung» von Volk und Vaterland mit. Er ist auch nicht der erste, der Umweltschutz- und Einwanderungspolitik miteinander verbindet. Die NPD verschweigt nicht, wer diese Verbindung mit entwarf, Herbert Gruhl (1921 – 1993) und Baldur Springmann (1912 – 2003).
Braune Traditionen am konservativen Rand: die ÖDP
Im März 2011 erinnert Rolf Lehmann in der DS vor allem an Herbert Gruhl, Autor des Umweltbestsellers «Ein Planet wird geplündert» von 1975, Vorsitzender des Bundes für Natur- und Umweltschutz (BUND) und CDU-Bundestagsabgeordneter. Er behauptet, dass heute «niemand» mehr unter den Grünen ihre Namen kennen würde.
Bei der Gründung der Grünen als Partei, 1980, waren Herbert Gruhl und Baldur Springmann involviert, verließen sie aber später wegen ihres «linken Kurses», ein Prozess, der 1982 zur Gründung der Ökologisch Demokratischen Partei (ÖDP) durch Gruhl und Springmann führte. Nach der Gründung übernahm Gruhl den Vorsitz und Springmann wurde einer der stellvertretenden Vorsitzenden. Der Weggang von den Grünen ist für Lehmann der Beginn des Verlustes des ökologischen Parteiprofils. Das Grünen-Programm «wurde nun ein Warenhauskatalog vor allem aus egozentrischen Randgruppen-Interessen (Schwule, Lesben, Emanzen, Pädophile, Soziologen)».
Gruhl hingegen hätte die natürlichen Zusammenhänge von Mensch und Natur betont, nicht ohne zur «Multikultur» anzumerken, dass der Begriff ein Widerspruch sei. «Wenn viele Kulturen in einen Raum zusammengemixt würden», gibt Lehmann Gruhl wieder, würde «ein Gemisch» entstehen, «dessen Wert mit zunehmender Durchmischung sinkt». Grundsätzlich, so hebt er hervor, habe Gruhl das «Einwanderungsproblem immer als ein ökologisches Problem» verstanden.
«Auch für Nationaldemokraten ist das eine richtige und wichtige Erkenntnis», schreibt Lehmann. Mitnichten gibt er Gruhl, der auch das Bundesverdienstkreuz erhielt, bewusst verzerrt wieder. In der RTL-Plus-Show führte Gruhl am 14. April 1992 im Streitgespräch diese Sichtweise aus und antwortete weiter auf die Vorhaltung, ob das nicht die These des «unwerten Lebens» sei: «Das ist ein Gesetz der Entropie, das wir besonders in der Ökologie haben, und dieses Gesetz gilt auch für menschliche Kulturen.»
In der Herbert-Gruhl-Gesellschaft (HGG) wird bis heute sein Ansehen gepflegt. Bei der ÖDP wird ihr Gründer inzwischen differenzierter betrachtet. Kritisch steht die Partei auch zu früheren Beschlüssen. 1986 hatte die ÖDP ein Zehn-Punkte-Papier «Ökologisches Gleichgewicht und Bevölkerungsdichte» beschlossen. Unter Punkt Zwei wird Immigrationspolitik mit Ökologie eng verbunden: «Die Bundesrepublik gehört zu den am dichtesten besiedelten Ländern der Erde und kann aus diesem Grunde mit Sicherheit kein Einwanderungsland sein. Störungen des ökologischen Gleichgewichts und die Zerstörung natürlicher Lebensräume gehen mit der Bevölkerungsdichte Hand in Hand. Der positive Effekt einer Entlastung der Bevölkerungsdichte durch Verminderung der Geburten darf aber auch nicht durch Zuwanderung von außen wieder beseitigt werden».
Trotz der Forderung der Geburtenkontrolle lehnte die ÖDP Abtreibungen ab. Ende der 1980er-Jahre warfen antifaschistische Initiativen der Partei vor, rechtslastig zu sein. In der ÖDP kam es – auch wegen dieser Vorhaltungen – zum Bruch zwischen Parteivorsitzender und Partei. Auf der Bundeswebsite räumt die ÖDP 2011 selbstkritisch ein: «Der Vorwurf der ‹Rechtslastigkeit› basierte auf der kategorischen Ablehnung der Abtreibung, tendenziell ausländerfeindlichen Aussagen in früheren Parteiprogrammen und der mangelnden Abgrenzung zu rechtsextremen Vereinigungen», und ihre Gründer hätten sich im Vorfeld des Parteitags 1989 «mit Leuten» eingelassen, «denen man völkisches Gedankengut unterstellen konnte».
Braune Akteure auf ökologischen Wegen in Mecklenburg-Vorpommern
Ein Sandweg führt zu der Schmiede. Lächelnd grüßt Jan Krauter vom Trecker. Drei Jungs spielen vor der Scheune, in der die Schmiede ist. «Gern zeige ich Ihnen die Schmiede», sagt er und öffnet die Scheune: Ein mit Naturmaterialien renovierter Raum, an dem eine Buchbinderei angeschlossen ist. Feine Schmiedekunst, Klingen, aber auch Kerzenständer, sind ausgestellt. Nachfragen zu den liebevoll verwendeten Naturmaterialien beantwortet er gerne. Auch zu den Schmiedekursen ist er sehr auskunftsfreudig. Über regionale Vernetzungen mag der jetzige Schmied und frühere Bankkaufmann allerdings weniger sagen. Mitte der 1990er-Jahre gehörte er zu jenen Rechtsgesinnten die sich offensichtlich im Geiste der Artamanen in der Region von Teterow und Güstrow in der Mecklenburgischen Schweiz ansiedelten.
Seit einigen Jahren versuchen unterschiedlich rechts-motivierte Familien im ländlichen Raum ein neues Leben im Einklang mit Natur und Heimat aufzubauen. In verschiedenen Bundesländern bemühen sie sich, in kleinen und größeren Siedlungsprojekten völkisch zu leben. Vor Ort, in Ost und West, bauen sie auch Netzwerke von ökologischen Unternehmen und biologischen Betrieben auf. Die politische Intention, zwischen ökologischer Landwirtschaft, biologi schem Handel und vermeintlich traditionellem Leben, wird selten offen erklärt.
«Nicht nur er streitet jede rechtspolitische Motivation ab», sagte Richard Scherer, vom Freundeskreis Ehemaliges Jüdisches Gemeindehaus Güstrow, in Bezug auf Krauter der taz . Vor ein paar Jahren war nicht nur Scherer über die Siedler überrascht, die so gar nicht dem Klischee von Neonazis entsprechen. Gern zeigen sich diese Siedler, wie der Biobauer Helmut Ernst und der Händler von Öko-Baustoffen Huwald Fröhlich, nur als ökologisch bewusste Anwohner. In der neu-rechten Wochenzeitung Junge Freiheit wurden die drei Herren allerdings im Kontext der Artamanen vorgestellt und ihre Intention wohlwollend dargelegt.
Den theoretischen Kontext ihres Siedlungsgedankens offenbart Fröhlich auch in dem Band «Opposition für Deutschland», herausgegeben von dem früheren NPD-Funktionär und ehemaligen Waldorfschullehrer Andreas Molau: Die Bibel würde ein «orientalisches Naturerleben» wiedergeben, schreibt er, «für uns Deutsche» seien aber die «nordischen Überlieferungen eine wichtige Quelle zum Verständnis des Verhältnisses unserer Ahnen zu ihrer Umwelt». Christentum und Humanismus seien «ihrem Wesen nach widernatürlich».
Das Engagement jener Herren beschäftigt die Region bis heute. «Sehr», sagt eine Expertin der Arbeitsgemeinschaft Völkische Siedler. Die verstärkte Ansiedlung von völkisch Motivierten in Mecklenburg-Vorpommern führte zur Gründung der Arbeitsgemeinschaft, in der Präventionsexperten der Regionalzentren für demokratische Kultur, des Vereins Soziale Bildung und der Opferberatung Lobbi e.V. zusammenarbeiten. Vor allem die Festigung und Verstetigung solcher Projekte beschäftigt die Arbeitsgemeinschaft. Sie beobachten auch den Zuzug von NPD-nahen Personen und Familien. «Uns scheint, dass die ‚Artamanen’ Freelancer waren, jetzt kommen Kader aus verschiedenen rechtextremen Strukturen», sagt die Expertin. Im Landkreis Güstrow leben alleine ein Dutzend «nationale Familien», zu denen etwa 60 Kinder gehören.
Auf dem Szeneportal «Mupinfo», das der NPD-Landesvize David Petereit verantwortet, findet sich in der Rubik «Hintergrund» ein Beitrag über die 1923 entstandene Artamanenbewegung. Unter dem Titel «Rückkehr» schreibt Stephan Jurisch nicht nur über die Geschichte dieser «alternativen Lebensgestaltung». Er betont, dass die Zukunft in «unumstößlichen kleinen Gemeinschaften der bäuerlichen Siedlung in Mitteldeutschland» läge: «Es sind nicht die Schlechtesten, die sich gegen die befremdende Zivilisation wehren».
Nicht erst zuziehen musste Tino Müller. In Ueckermünde ist der NPD-Landtagsabgeordnete groß geworden. Als «Ökotante» wird seine Frau Antje Müller im Wohnort Ferdinandshof eher wahrgenommen, denn als «Rechtsextreme». Die Mutter von zwei Söhnen interessiert sich auch sehr für Heidentum und Natur. Gern trägt sie Wollröcke und ihre Haare zu Zöpfen oder Kränzen geflochten. Im Kindergarten ihres jüngsten Kindes bot sie «alte Haushaltspraktiken» an. Ein Anzeigenblättchen berichtete über eine private Aktion der Frau beim Kornschroten und Brotbacken mit Kindern.
Die Entstehung einer braunen Ökobewegung?
Die braune Bio-Szene ist inzwischen gut vernetzt. Ein reger Internet-Handel, Seminarangebote oder Ferien auf dem Biohof gehören zum Angebot. Der Style der Autonomen Nationalisten passt nicht in das ökologische Bild. Aber die politische Vernetzung funktioniert dank eines völkischen Umweltverständnisses über Szenegrenzen hinweg.
Die Autonomen Nationalen Sozialisten Stormarn haben so auch weiter Natur- und Tierschutzthemen auf ihrer Website aufgegriffen. Auf der Straße verteilten sie jedoch bis Ende August 2011 keine weiteren Flugblätter gegen die Schweinemast. «Wir haben die Aktion natürlich wahrgenommen», sagt Frank Kieper, Sprecher der Bürgerinitiative «Keine Schweinemast in Köthel». Die Bürgerinitiative schaut auch nicht weg. «Wir beobachten das, weil wir mit denen nichts zu tun haben wollen» sagt Kieper und versichert, in der Bürgerinitiative sei von denen keiner. Dort, wo das Agieren der extremen Rechten nicht verschwiegen wird, fällt ihnen auch die Etablierung schwer. «Wir sind überparteilich und freuen uns über jede Unterstützung», sagt Kieper und betont erneut: «Diese Rechtsextremen sind aber mehr als unerwünscht».
Es ist einerseits erfreulich, dass jetzt auch die (meist geldschweren, auf jeden Fall aber schwerfälligen) Hauptamtlichenapparate der NGOs sich zu Wort melden. Leider hat das aber zwei Seiten. Denn leider werden solche Themen erst wahrgenommen, wenn die Eliten der Bewegung (große Verbände oder Promis) sie für ihre Öffentlichkeitsarbeit nutzen. Aber tatsächlich entstehen sie nicht dadurch. Das gilt hier wie für andere Themen. Während die Eliten auch politischer Bewegungen im Mainstream rühren (weil sich dort am meisten Spenden akquirieren lassen), sorgen sie selbst dafür, dass kritische Infos unter dem Teppich bleiben. Fast alle Informationen über die Nähe von Nazis und Ökos sind alt – einschließlich des jetzt vielbenannten Magazins „umwelt&aktiv“. Personen, die in der allgemeinen Öffentlichkeit und in der Bewegung von den Funktionseliten beiseite gehalten werden, thematisieren das schon seit Jahren (genauer wäre hier: Jahrzehnten). Aber es beachtet jemand.
So ist es mit Themen regelmäßig. Innerhalb der Bewegung existieren damit die gleichen Logiken wie „draußen“. Wichtig ist, was von oben (Verbands- und Agenturzentralen der Bewegung) kommt. Das aber ist in der Regel fein gefiltert eben nach dem, was für die Verbände und vor allem deren Konten nützlich ist. Wer früher mitbekommen will, was so geht, sollte sich auch innerhalb von politischen Bewegungen mehr aus „unabhängigen“ Quellen informieren – nicht nur aus den ständigen Informationenflüssen der Hauptamtlichenzentralen. Und damit es nicht einseitig wird: Aus mehreren!
Gruß, Jörg B.
Autor von „Reich oder rechts?“ (vor 12 Jahren erschienen) und
mehrerer Internetseiten speziell zu diesem Thema (schon länger im Netz)
Hallo die Damen und Herren,
als ich mir den Beitrag durchgelesen habe, bin ich mal wieder an ein altes aber grundlegendes Problem erinnert worden, welches ich zur Disposition stellen möchte.
Zunächst Allgemeines:
Grundsätzlich ist eine Gedanken- und Gesinnungskontrolle nicht zulässig.
Das kann langfristig im Interesse von Niemandem sein, dass „Zeitgeistbedingt die eine oder später ggf. eine andere Strömung die Unterdrückung der jeweils Anderen betreibt.
Konkrete HANDLUNGEN oder allenfalls NICHT auslegungsfähige Aussagen sollten plausibler Weise als EINZIGES als Bewertungsgrundlage herangezogen werden dürfen, ob eine Partei oder Position im vorliegenden Fall eine Verfassungsinkonformität herbeiführt bzw. vertritt.
Nur wenn im Zuge dessen die Ordnung der gleichberechtigten demokratischen Teilhabe droht ausgehebelt zu werden, muss ein jeder sich motiviert fühlen gegen diese Entwicklung vorzugehen.
Ich persönlich kann bei einigen Aussagen, die ich bereits gehört habe aus verschiedenen Lagern, beliebige Bedrohungsszenarien für die hiesige Ordnung als Folge dieser Aussagen konstruieren. Aber es bleiben halt Konstrukte….die sind leider nicht zwangsläufig hinreichend bzw. ausreichend für eine Bewertung,…..sondern im Gegenteil auf einer wesentlichen wenn nicht gar ausschließlichen Ebene subjektiv und schlicht beliebig. Die Grenzen zur Geschmacksbeurteilung sind dann irgendwann fließend.
Das Leute mit „fraglicher Grundhaltung“ ggf. ihren Eid leisten (ja ich weiss der ist angeblich nicht justizabel….beunruhigend genug) gibt in allen Bereichen.
Klassisches aber vielsagendes Beispiel für eine verfassungsINkonforme Haltung könnte sein:
„das Beste wäre für Europa, wenn Frankreich bis an die Elbe reicht und Polen direkt an Frankreich grenzt“ (http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13507379.html)
Ich persönlich halte solch eine Position durch die Meinungsfreiheit gedeckt, obwohl sie schon ziemlich eindeutig ist. Ich wünsche mir daher dass so etwas Usus ist, solange nicht fallbezogen Handlungen von dieser Person zu erwarten sind, welche eine Verfassungsinkonformität faktisch herbeiführen. Das ist allgemeingültig.
Nun zum Konkreten:
Für den realpolitischen Alltag halte ich es nicht für zielführend, Gesetzesvorschläge egal aus welchem „Lager“ sie kommen mögen zu blockieren, nur weil sie eben aus dem „feindlichen“ Lager kommen.
Bemächtigt man sich einer solchen Herangehensweise, dann wandelt man, ganz gleich welcher politischen Grundhaltung man sich verpflichtet fühlen möge, lediglich Energie in Wärme um.
Zwar mag die Entropieerhöhung eine physikalische Gesetzmäßigkeit über das Gesamtsystem gesehen sein, jedoch kann in kleinen Systemen punktuell auch eine Entropieerniedrigung stattfinden. Und darauf so meine ich, könnte sich jedermann im Rahmen der legislativen Arbeit verpflichtet fühlen……. Nein?
Ziel und Kern eines demokratischen Entscheidungsprozess ist, nach meinem Dafürhalten doch gerade, dass sich Menschen unterschiedlicher Sicht auf die Welt auf einen gemeinsamen Nenner verständigen sollten.
Beispiel:
Zwei Parteien hätten es sich zur Aufgabe gemacht die „Massentierhaltung“ einzuschränken/abzuschaffen.
Beiden könnten und würden, im angenommenen Fall, unabhängig voneinander einen entsprechenden Gesetzestext ausarbeiten, der „identisch“ ist bzw. in seiner faktischen Wirkung der Gleiche ist
.
Anstatt dann übereinzukommen und den jeweiligen Gesetzesvorschlag des „Anderen“ in einer Abstimmung mit seiner Stimme zu bestätigen (wer zuerst kommt mahlt zuerst), wählen offenbar, nicht zu selten, die Betroffenen einen anderen Weg.
Sie hacken sich ggf. lieber die Augen aus, weil die vermeintliche Motivation/Weltsicht auf dessen Grundlage der Entwurf der opponierenden Seite fussen mag (ob zu Recht oder zu Unrecht ist belanglos), einem nicht geheuer/koscher ist bzw. Ablehnung erfährt.
Wäre folgende Herangehensweise nicht adäquater?:
Der Wähler entscheidet, welcher Partei er seine Stimme gibt.
Die jeweilig hineingewählten Parteien haben dann (lediglich) den Auftrag die Inhalte ihres Programms umzusetzen.
Wenn zwei „unterschiedliche“ Parteien in einem Bereich die selbe, in ihrer Wirkung faktisch identische, Zielsetzung haben, umso besser. Unterschiedliche Vorstellungen und daraus resultierende Gesetzentwürfe wird es ja noch zu genüge geben, um sich öffenlichkeitswirksam „distanzieren“ zu können !!!!
Dass Parteien bzw. bestimmte Strömungen aus (vermeintlich) unterschiedlichen Beweg- und Bewertungskriterien heraus (auch mal) zur selben Handlungsmaxime/Schlussfolgerung kommen mögen (klassische Reiz-Beispiele könnten sein Amerika- oder Israelpolitik) sollte eigentlich eine gemeinsame Entscheidungsfindung erleichtern und im Zuge dessen die Interessen beider Wählerschaften befriedigen. Ist das nicht wunderbar?!!!!!!!!!!!!!!!!!
Beide erreichen ihre konkreten Ziele und jeder mit einer anderen Motivation und alle sind „glücklich“. …………Nein?
Ja …..sicher…..da ist dieses „Geschmäckle“……aber das geht den anderen unter Umständen auch so ;)….da wette ich drauf…..
Die eine Partei mag dann von sich, gegenüber ihrem Wähler, behaupten oder insinuiren (können), die „Massentierhaltung“ für den „Erhalt des super-arischen Erbguts und mega-deutschen Volkes und des Erhaltes von gaanz viel Ehre und gaaaanz viel Blut und noooooch viel mehr Boden“ eingedämmt zu haben, und eine andere Partei kann den seleben Erfolg für sich reklamieren aber im Namen des „Siegs der Weltrevolution über die faschistisch/kapitalistischen Todessterne“ und wiederum eine Weitere für den Ausbau eines „multikulturellen zentral gesteuerten Weltgemeinschaftswolkenkuckucksheim“ und wiederum eine weitere Partei um „den quantenphysikalisch belegten Verbundenheiten aller Seelen aaallller Lebewesen miteinander und zueinander und übereinander gerecht zu werden, auf dass es für alle Lichtwesen und AAAALLLES eine bessere und leuchtende Zukunft geben mag, welche uns schlußendlich gemeinsam den Weg in das leidensfreie Nirvana bereiten kann und wird“ und wiederum eine weitere Partei, „welche sich der Abwehr der ausbeuterischen und materialischen Globalisierungspirale, welche durch einige wenige Finanz-Oligarchen vorangetrieben wird“, verschrieben hat……usw….usw….usw….
Es sei angemerkt, dass es sich bei den in Anführungszeichen gesetzten Passagen nicht um Originalzitate handelt.
Dass ich in überspitzer Form und möglicherweise in einer ins Lächerliche ziehende Weise kreativ geworden bin sollte nicht (vorrangig 😉 ) überheblich wirken.
Ich bemerke bei mir nur zu oft genug eigene bequeme Weltbilder und Konstrukte und gedankliche Be-/Einschränkungen. Das ist auch nicht schlimm….in erster Iteration…..es ist menschlich…..
Vorurteile und einfach gehaltene bzw. stereotype Weltbilder mögen sicherlich hilfreich sein um Angst zu reduzieren und einem jedem wieder ein Gefühl der Kontrolle über das Leben und seine Widersprüchlichkeiten und Unwägbarkeiten zu verschaffen.
ABER….die Nachteile, sollte man auf Ihnen starr beharren und sie ausschließlich als Grundlage für etwaige Handlungsmaxime nutzen….sind naheliegend……
Naja…wie dem auch sei….ich wollte nach dem trockenen Anfang meines Gesamtbeitrags wenigstens EINMAL überzeichnend darauf aufmerksam machen, dass eben jene starre Denkstrukturen durchweg durch alle Bänke menschlich sind. Möglicherweise kann es daher hilfreich sein, sich im konkreten Fall um den realpolitischen gemeinsamen Nenner zu bemühen, als seine Lebenszeit darauf zu verschwenden sich gegenseitig als No-Go-Hassobjekt zu generieren und im Zuge dessen gegenseitig zu blockieren.
Einen Beitrag zur Verständigung und Annäherung und damit des friedlichen Miteinanders leistet man damit jedenfalls nicht. Und wer das sowieso für sich á priori ausschliessen will, der sollte überlegen, ob er sich nicht lieber einen Ort sucht, wo die Praxis der Duellierung noch Ansehen genießt. Auf jeden Fall aber sollte er aber Dritten nicht Radikalität oder Fanatismus unterstellen bzw. vorwerfen, denn er bedient sich Selbiger. Er wäre also in guter Gesellschaft und inkonsistentes Verhalten ist schwerer vermittelbar.
Ich höre es nun schon in meinen Ohren klingeln…Beispielhaft aus aktuellem Anlass ist das Folgende auf eine Seite gemünzt, dass geht selbstredend aber ebenso umgekehrt…. frei nach Schnauze:
„Ja aber, wenn wir diese bösen, menschen-verachtenden Faschisten jetzt wählbar machen, dadurch dass wir mit Ihnen reden und ggf sogar bei einen Gesetzesvorschlag von denen zustimmen, dann haben wir die Morgen wieder gesellschaftsfähig gemacht und Übermorgen haben wieder Diktatur, Hitler und Weltkrieg und ganz viel Tod und Teufel……“
Auf dieses Sorge möchte ich folgendes entgegnen:
Wer dafür sorgt dass Postionen und Programmpunkte von Menschen Berücksichtigung finden und sozio-ökonomisch das Land bzw. seine Menschen nicht an den Rand drängt, entzieht jeder extremen Position und Entwicklung automatisch den Boden und schafft umgekehrt langfristig die Voraussetzungen dafür, dass Leute sich diesem System verbunden und verpflichtet fühlen.
Mein Fazit:
Wer positiv für einen Gesetzesentwurf abstimmt, wenn es aus seinem eigenem Hause kommt, der kann auch positiv dafür abstimmen, wenn das „selbe Gesetz“ aus einem anderen , wohlmöglich ungeliebten, Hause kommt.
Grüße
Ich will es kurz machen. Ich gebe diesen, sagen wir „krautigen“ Beitrag frei, teile aber in fast allen Punkten nichts von den Aussagen. Neo-Nazis haben nichts mit demokratischen Spielregeln bzw. Grundprinzipien zu tun. Ihre Grundlagen sind rassistisch und menschenverachtend. Da gibt es für mich keine Toleranz. Ich bitte von weiteren Kommentaren dieser Art abzusehen.