Nach dem Netz-Kauf: Hamburg braucht Wärme-Konzept und Dialog
Viele Dinge werden in den nächsten Tagen und Wochen noch über die Einzelheiten zum gestern vom Hamburger Senat verkündeten Netz-Rückkauf zu klären und zu reden sein. Das gilt vor allem für den Bereich der Wärmeversorgung der Hansestadt. Einerseits, weil hier für den Klimaschutz die größten Potentiale bestehen, andererseits weil die gestern dargestellten Eckdaten zur möglichen Übernahme der Fernwärme von Vattenfall durch die Stadt viele Fragen aufwerfen, in der Sache selbst, aber auch mit Blick auf die Frage nach der weiteren Umsetzung des Volksentscheids „Unser Hamburg – Unser Netz“.
Die gute Nachricht bei der Fernwärme: Hamburg hat jetzt ein Rückkaufsrecht von Vattenfall erhalten, die gesamte Fernwärme zu übernehmen. Allerdings ist diese Option auf das Jahr 2019 terminiert. Damit ist aber klar: Gerichtliche Auseinandersetzungen, wie sie zwischen Vattenfall und der Stadt sonst fällig geworden wären, entfallen damit. Vattenfall hatte das Recht der Stadt bestritten, auf Basis einer Vereinbarung der Stadt mit dem Vattenfall-Vorgänger HEW das Fernwärme-Netz zu übernehmen, wenn die Konzession nicht verlängert würde. Dieser Rechtsstreit mit unklarem Ausgang für beide Seiten ist nun hinfällig geworden.
So wichtig die Prüfung der mit den Verträgen neu geschaffenen Rahmenbedingungen und evtl. zu fordernder Korrekturen ist: Es ist höchste Zeit, dass nun die Stadt im Sinne der Umsetzung des Volksentscheids „Unser Hamburg – Unser Netz“ nicht bis zur Netz-Übernahme wartet, sondern jetzt aktiv eine klimaverträgliche Wärmeerzeugung in Angriff nimmt.
Wärmekonzept – und Dialog: BürgerInnen und Verbände einbeziehen
Mehrfach haben Umweltverbände und -Initiativen die Stadt aufgefordert, endlich für ein Wärmekonzept zu sorgen und damit die Grundlage für mehr Klimaschutz zu schaffen. Auch die SPD-Fraktion hatte ein solches Konzept verlangt (Drucksache 20/1229). Mit einem neuen Antrag werden die Grünen das Thema demnächst auf die Tagesordnung der Bürgerschaft setzen. Mit der Drucksache 20/10501 wollen sie das Thema Wärmekonzept im Zusammenhang mit der Rekommunalisierung der Fernwärme einfordern.
Bis heute ist die Umweltbehörde auf Tauchstation bei diesem Thema. Das muss sich jetzt ändern.
Es braucht aber nicht nur ein Wärmekonzept, sondern auch einen breiten gesellschaftlichen Dialog darüber. Einen Wärme-Dialog, der die BürgerInnen ebenso einbezieht, wie die Umweltverbände und Bürgerinitiativen, die Wissenschaften und andere Akteure der Energiewende.
Immer wieder hat die Politik betont, dass die Energiewende nur gemeinsam mit den BürgerInnen gelingen kann. Das hat der Volksentscheid in aller Deutlichkeit unterstrichen, auch indem er als Ziel eine sozial gerechte, klimaverträgliche und demokratisch kontrollierte Energieversorgung benannt hat.
Der Senat und insbesondere die Umweltbehörde wären also gut beraten, jetzt die Türen aufzumachen und mit den Menschen dieser Stadt die künftige – klimaverträgliche – Wärmeversorgung für Hamburg gemeinsam in Angriff zu nehmen!
Besser fürs Klima: Alternativen für Kohle-Heizkraftwerk Wedel per Dialog!
Weit oben auf der Tagesordnung steht ganz sicher die Frage: Wie kann das alte kohlebefeuerte Heizkraftwerk in Wedel ersetzt werden? Der in Hinterzimmern gestrickte Plan von Vattenfall und Stadt, dieses Kraftwerk durch den Neubau eines gasbefeuerten Gas- und Dampfkraftwerks (GuD) zu ersetzen, hat nicht wirklich überzeugt. Weil sich die Menschen übergangen fühlten, ist inzwischen in Wedel eine mächtige Bürgerinitiative entstanden. Und nicht vergessen werden sollten auch die Auseinandersetzungen um die ehemalige Moorburg-Trasse, deren Klimaschädlichkeit zu heftigen Kontroversen in der Stadt führte.
Die Zeiten, wo Unternehmen oder Senat mit dem Kopf durch die Wand ihre Hinterzimmer-Planungen einfach durchsetzen, sind offenkundig vorbei. Auch das hat der Volksentscheid eindrucksvoll demonstriert. Zeit, dass das in den Chefetagen endlich begriffen wird.
Das vor kurzem noch als „Innovations-Kraftwerk“ umjubelte Projekt ist ohnehin in der Krise. Das zeigt auch der jetzt ausgehandelte Vertrag zwischen Vattenfall und Senat. Beim Kaufpreis hat man schon mal berücksichtigt, dass das neue GuD-Kraftwerk gar nicht gebaut wird. In der Senats-PM dazu heißt es: „Für das Fernwärmegeschäft wurden zwei alternative Mindestpreise (ebenfalls bezogen auf 100%) vereinbart. Für den Fall, dass in Wedel eine GuD-Anlage gebaut wird, beträgt dieser 1.150 Mio. Euro, für den Fall, dass bis 2015 keine Entscheidung für den Bau einer GuD-Anlage in Wedel getroffen wird, beträgt dieser Mindestpreis 950 Mio. Euro.“(siehe hier)
Das klingt wie ein stiller Abschied von dem ehemaligen Herzstück des Deals der SPD mit Vattenfall, wie es uns seinerzeit verkauft wurde.
Es wäre jetzt also der richtige Zeitpunkt, gemeinsam über die Alternativen zu beraten. Das auf den Weg zu bringen, wäre nun Sache der Umweltbehörde.
Hamburg braucht vor allem ein Hausdämmungs- und Verkehrskonzept.
Die Energiewende kann bei Städten nicht vornehmlich in der regenerativen Energieproduktion bestehen, sondern muss eine Energieverbrauchsminderung sein.
Peter Klemm
Ja, das stimmt. In dem Artikel spreche ich nur EIN wichtiges Projekt an, weil es in Sachen Fernwärme besonders aktuell ist. Daher auch dder Hinweis vor dem Teil zu Wedel mit dem Satz: „Weit oben auf der Tagesordnung steht ganz sicher die Frage…“ Gruß Dirk Seifert