Ohne Öffentlichkeitsbeteiligung: Hochradioaktiver Atommüll aus Obrigheim darf in Neckarwestheim zwischengelagert werden

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AKW Neckarwestheim mit seinen zwei Reaktoren (einer ist stillgelegt). Rechts im Bild soll der Anleger für die Castoren aus Obrigheim entstehen.

Ohne jede Öffentlichkeitsbeteiligung und ohne Umweltverträglichkeitsprüfung hat das neue Bundesamt für kerntechnische Entsorgung (vormals BfS) die Einlagerung von 15 Castor-Behältern mit hochradioaktivem Atommüll aus dem stillgelegten AKW Obrigheim im Zwischenlager Neckarwestheim genehmigt. Für den grünen Umweltminister in Baden-Württemberg „macht es Sinn“ (PM), wenn diese riskanten Atomtransporte über den Neckar verschifft werden, damit in Obrigheim der Betreiber EnBW die Kosten für den Bau und Betrieb eines eigenen Zwischenlagers einsparen kann. Eine Genehmigung für den Transport ist beantragt, aber noch nicht erteilt. Außerdem müssen die Schiffsanleger für die geplanten Neckar-Transporte noch fertig gestellt werden. Der BUND und andere Anti-Atom-Gruppen kritisieren die geplanten Atomtransporte und haben Proteste angekündigt. Auch vor Ort regt sich Widerstand in der Kommunalpolitik.

Der BUND in BaWü kritisiert die Genehmigung und schreibt auf seiner Homepage: „Castor-Transporte mit hochradioaktivem Atommüll sind per se schon viel zu riskant. Bei einem Transport per können schon kleinere Zwischenfälle unabsehbare Folgen für Mensch und Umwelt haben. Ein Unfall trifft automatisch auf viele Kilometer Wasser und auf Tausende Menschen. Es wird nicht nur bei einer Fahrt mit der gefährlichen Fracht bleiben. Da nur drei Castoren auf ein Schiff passen, werden für die 15 Obrigheimer Castoren mindestens fünf Fahrten durchgeführt werden müssen. „Die Pläne der EnBW gleichen einem Shuttle-Service für hochradioaktiven Atommüll. Das Risiko dafür ist unberechenbar. Wenn Umweltminister Franz Untersteller die Sorgen der Anlieger ernst nehmen möchte, so heißt das: Kein Transport auf dem Neckar!“, so Gottfried May-Stürmer, Regionalgeschäftsführer BUND Heilbronn-Franken.“

Das AKW Obrigheim wird seit Jahren zurück gebaut. Bürgerinitiativen haben wiederholt das Vorgehen des Betreibers mit Unterstützung der Landesregierung schwer kritisiert und sind damit auch vor Gericht gezogen. Aus Sicht der Initiative AtomErbe Obrigheim werden beim Strahlenschutz gesundheitliche Risiken nicht ausreichend beachtet.

Während das bisherige Genehmigungsverfahren weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden hat, sagte Umweltminister Untersteller laut PM: „„Wichtig ist nun, dass die EnBW ihre bisherige Informationspolitik fortführt und auch künftig frühzeitig die betroffenen Bürgerinnen und Bürger in das weitere Verfahren einbindet“, betonte Untersteller. Besonders im Zusammenhang mit der vom Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit noch zu erteilenden Genehmigung für den Transport der Castoren auf dem Neckar gelte es, die berechtigten Fragen und Sorgen der betroffenen Anlieger ernst zu nehmen.“

Eine Sichtweise, die zumindest vor Ort in Neckarwestheim Erstaunen auslösen dürfte: „Der Bürgermeister der Standortgemeinde Neckarwestheim, Jochen Winkler, wurde von der Information überrascht. „Mit gutachterlicher Hilfe werden wir die Unterlagen, die wir angefordert haben, prüfen.“ Blinden Aktionismus werde es nicht geben, so Winkler. Sollte Aussicht auf Erfolg bestehen, werde sich die Gemeinde aber gegen die zusätzliche Belastung wehren. Der Kommune war zugesagt worden, dass in den Stollen nur Brennelemente aus Neckarwestheim gelagert werden.“ Das berichtet die Heilbronner Stimme und führt weiter aus: „Insbesondere ärgert sich Winkler, dass es keine direkte Information gebe. Im Genehmigungsverfahren sei nicht vorgesehen, dass die Standortkommune beteiligt wird. Nun habe man über das Informationsfreiheitsgesetz Einblick in die Unterlagen verlangt. Der Kontakt zur EnBW sei zwar nicht abgebrochen – „noch gibt es einen Draht zur EnBW“ – doch hier gebe es einfach unterschiedliche Standpunkte. “

Die Heilbronner Stimme berichtet außerdem: „Kurzfristig kann die Verlagerung ohnehin nicht stattfinden. Derzeit wird noch die Schiffsanlegestelle in Neckarwestheim gebaut. Diese Arbeiten sind frühestens Anfang 2017 fertig, ein Transport ist erst anschließend möglich. Weitere Aussagen gibt es weder bei der EnBW noch bei den Bundesbehörden.“

Im Europaticker heißt es außerdem: „Die EnBW hatte Ende 2013 die Änderung der seit 2003 bestehenden sogenannten Aufbewahrungsgenehmigung für das Zwischenlager in Neckarwestheim beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) beantragt. Die Antragstellung erfolgte frühzeitig, um mit dem BfS sowie mit anderen Behörden Gespräche über die Machbarkeit des Gesamtvorhabens führen zu können. Die Zuständigkeit für das Genehmigungsverfahren ging am 30. Juli 2016 vom BfS auf das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) über. Zuvor fand eine grundsätzliche Neuordnung der behördlichen Zuständigkeiten statt, die der Deutsche Bundestag am 23. Juni 2016 mit dem „Gesetz zur Neuordnung der Organisationsstruktur im Bereich des Strahlenschutzes und der Endlagerung“ beschlossen hatte.“

Dirk Seifert

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