Atom-Brennelemente-Steuer absichtlich vergeigt? Bundesregierung bestreitet Vorwürfe

Die Atomkonzerne bekommen fast sieben Milliarden Euro aus der für verfassungswidrig erklärten Brennelementesteuer zurück. Das Magazin Monitor hatte jüngst in einer Recherche dargelegt, dass die damalige Bundesregierung (2010/11) aus CDU/CSU und FDP möglicherweise sehenden Auges ein Scheitern dieser Steuer eingeplant hat. Auf Nachfragen von Hubertus Zdebel (Fraktion DIE LINKE) gibt sie die Bundesregierung unschuldig.

Zdebel zur Antwort der Bundesregierung: „Ein Schelm, wer dabei böses denkt. Natürlich gibt sich die Bundesregierung jetzt unschuldig, nachdem das Bundesverfassungsgericht die Brennelementesteuer kassiert hat und damit den Atomkonzernen eine Rückzahlung dieser Steuer im Wert von fast sieben Milliarden Euro bescherrt. Dennoch: Sie wusste von den Warnungen der Atomkonzerne und hat nicht reagiert, um die Brennelementesteuer rechtlich besser abzusichern.“

Das Magazin Monitor hatte in einem Bericht darauf verwiesen, dass die Bundesregierung bereits 2010/11 über die rechtlichen Risiken bei der Konstruktion der Brennelementesteuer von den Atomkonzernen informiert war und diese eine Klage auf den Weg bringen würden. Der Vorwurf: Trotz des Wissens um die Risiken habe die Bundesregierung nicht reagiert und eine rechtssichere Brennelementesteuer auf den Weg gebracht.

Die Steuer war Bestandteil des Deals mit den Atomkonzernen, denen die damalige Regierung aus CDU/CSU und FDP eine satte Laufzeitverlängerung für die Atomkraftwerke bewilligte. Die Brennelementesteuer war sozusagen eine Art Deal: Wenn die Atomkonzerne ihre Gewinne durch einen längeren AKW-Betrieb absichern, sollte auch der Staat davon etwas abbekommen. Als dann Bundeskanzlerin Angela Merkel nach der Katastrophe von Fukushima den Beschluss zur Laufzeitverlängerung kassierte, acht Atomkraftwerke endgültig stilllegte und der Bundestag den schrittweisen Atomausstieg bis 2021/22 ins Atomgesetz schrieb, blieb die befristet bis Ende 2016 beschlossene Brennelementesteuer wirksam. Die Atomkonzerne reagierten mit der bereits vorher der Bundesregierung angekündigten Klage gegen diese Steuer und gewannen diese vor wenigen Wochen schließlich vor dem Bundesverfassungsgericht (siehe den Link oben).

Mit Hinweis auf die Monitor-Recherche hat Hubertus Zdebel jetzt die Bundesregierung befragt, warum sie auf die Warnungen nicht reagiert und die Rechtskonstruktion für die Brennelementesteuer rechtzeitig angepasst habe?

Hier die Frage des Abgeordneten und die Antwort der Bundesregierung (Plenarprotokoll 18/242): Frage des Abgeordneten Hubertus Zdebel (Fraktion DIE LINKE) (Nr. 32, Drucksache, PDF):

„Ist die Information des Magazins „Monitor“ vom 15. Juni 2017 (www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/atomindustrie-100.html) zutreffend, dass die Bundesregierung bzw. das Bundesministerium der Finanzen bereits frühzeitig im Jahr 2010 über die Risiken der gewählten Rechtsgrundlage bei der Einführung der Brennelementesteuer informiert war, und warum hat die Bundesregierung nicht darauf hingewirkt, eine rechtssichere Grundlage für diese Steuer herbeizuführen?“

Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr.  Michael Meister auf die Frage des Abgeordneten Hubertus Zdebel (DIE LINKE) (Drucksache 18/12876, Frage 32):

„Die Verfassungsmäßigkeit und die Europarechtskonformität der Kernbrennstoffsteuer wurden von der Bundesregierung umfassend geprüft. Nach Auswertung der zahlreichen Gutachten und Stellungnahmen, die auch die verschiedenen alternativen Ausgestaltungsmöglichkeiten rechtlich bewerten, sind wir zu der Auffassung gelangt, dass das Kernbrennstoffsteuergesetz weder gegen den EURATOM-Vertrag, die EU-Energiesteuerrichtlinie noch die EU-Verbrauchsteuersystemrichtlinie verstößt.

Die Frage, ob es sich bei der Kernbrennstoffsteuer um eine Verbrauchsteuer im Sinne von Artikel 106 Absatz 1  Nummer 2 GG handelt  und damit überhaupt eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes vorliegt, wurde ausführlich geprüft und bejaht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Grundgesetz keine Definition der Verbrauchsteuer enthält und die Einordnung daher eine Frage der Auslegung ist. Die Einordnung der Kernbrennstoffsteuer als Verbrauchsteuer war zwischen den Ressorts der Bundesregierung abgestimmt. Ebenfalls gab es gutachterliche Stellungnahmen, die diese Einordnung bestätigen. Auch der 7. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hatte mit seiner Stellungnahme für das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ausgeführt, dass er keine Bedenken mit Blick auf die Verfassungsmäßigkeit der Kernbrennstoffsteuer habe. Im Übrigen gab es selbst im urteilenden Senat – ausweislich des klaren abweichenden Votums zweier Verfassungsrichter – maßgebliche Stimmen, die eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes als gegeben betrachteten.

Der Bundesregierung war bekannt, dass die Energieversorgungsunternehmen (EVU) und Kernkraftwerk  (KKW)-Betreibergesellschaften Zweifel an der rechtlichen Zulässigkeit der Erhebung der Kernbrennstoffsteuer hatten, die aber von der Bundesregierung nicht geteilt wurden. Die EVU und die KKW-Betreibergesellschaften wollten sich schon aus aktienrechtlichen Gründen rechtliche Schritte gegen die Erhebung einer solchen Steuer vorbehalten.

Die bisherige Rechtsprechung des BVerfG und des BFH zeigen, dass die jetzige Entscheidung des BVerfG in dieser Form nicht vorhersehbar war. Darüber hinaus hat auch der EuGH (mit Urteil vom 4. Juni 2015 (C-5/14) – Rs. Kernkraftwerke Lippe-Ems GmbH –) entschieden, dass die deutsche Kernbrennstoffsteuer mit der EU-Verbrauchsteuersystemrichtlinie vereinbar und damit unionsrechtskonform ist.

Die Bundesregierung hat daher umfassend darauf hingewirkt, dass die Kernbrennstoffsteuer, soweit damals ersichtlich, auf einer rechtssicheren Grundlage bestand. Aus der nun gegenläufigen Entscheidung des BVerfG lässt sich nicht folgern, dass ein Scheitern der Steuer von vornherein vorhersehbar gewesen wäre.“

Dse4Zdebel

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