Teilweise deutsche URENCO und Herstellung von fast atomwaffenfähigem Uran: Kontakte zu US-Behörden?
Hat es zwischen dem teilweise deutschen Urankonzern URENCO und dem US-Verteidigungs- oder Energieministerium Gespräche über die Lieferungen eines neuartigen, fast atomwaffenfähigen Uran-Brennstoffs für nukleare Anwendungen gegeben? Die Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) auf diese Mündliche Frage des Bundestagsabgeordneten Hubertus Zdebel gehört in die Kategorie Mauern!
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Dem Bundeswirtschaftsministerium ist zwar bekannt, dass es zwischen URENCO und dem US-Energieministerium (Department of Energy, DOE) Gespräche gegeben habe, aber ob dabei auch über Lieferungen des neuartigen Brennstoffs für den US-Markt gesprochen wurde, – darüber will die Bundesregierung keine Informationen haben. Zu möglichen Kontakten mit dem US-Verteidigungsministerium schweigt das BMWi komplett. Dabei hatte in einer vorhergehenden Antwort die Bundesregierung eingeräumt, dass sich Wirtschaftsstaatssekretär Feicht (CDU) erst jüngst bei einem Treffen in Gronau mit URENCO-Vertretern und dem zur URENCO gehörenden Hersteller von Zentrifugen zur Urananreicherung (Enrichment Technology Company, ETC)) über die Pläne zur Herstellung dieser neuen, fast atomwaffenfähigen „Kernbrennstoffe der nächsten Generation“ informiert habe.
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- Hinweis: Dieses “High-assay low-enriched uranium” (HALEU) soll eine Anreicherung des spaltbaren Uran 235 bis zu 19,75 Prozent enthalten. Ab 20 Prozent Anreicherung gilt das Uran als atomwaffenfähig. Technisch wichtig ist: Die ersten Anreicherungen, z.B. für den Einsatz in herkömmlichen Reaktoren bei ca. 3 – 5 Prozent, ist technisch sehr aufwendig. Je höher das Uran aber angereichert ist, desto leichter werden die weiteren Anreicherungen. Aus als “knapp” atomwaffenfähigem Material “richtig” atomwaffenfähiges Uran zu machen, ist dann technisch kein weiter Schritt.
Hubertus Zdebel, Sprecher für Atomausstieg der Bundestagsfraktion DIE LINKE, erklärt zur offenkundigen Blockadehaltung gegenüber seinen Fragen: “Die ausweichenden Antworten der Bundesregierung sind umso verwunderlicher, weil sie zum Gesprächsinhalt zwischen Feicht und den URENCO und ETC-Vertretern selbst einräumt, dass z.B. die `zitierten modular aufgebauten Forschungsreaktoren´, deren Entwicklung in den USA vorangetrieben werden soll, `Seitens der Firma URENCO´ `im Rahmen der wirtschaftlichen Perspektiven für diesen Kernbrennstoff exemplarisch als potenzielle Abnehmer´ auf dem US-Markt bezeichnet wurden. Dass sich das Unternehmen in offenbar vorhandenen Kontakten mit dem DOE und mit Blick auf die angekündigte Herstellung dieses neuartigen Brennstoffs auch über mögliche Lieferungen mit dem Ministerium unterhält, wäre vor diesem Hintergrund durchaus zu erwarten.
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Die Berichte (Physics today, Telepolis), die ich in meiner Mündlichen Frage erwähne, legen die Vermutung nahe, dass es umtriebige Bemühungen seitens URENCO gibt, als Lieferant für derartig brisantes Uran in den USA ins Spiel zu kommen. Bereits Anfang Februar 2019 hatte URENCO in den USA angekündigt (siehe auch “Urenco USA announces HALEU activities”, 06 February 2019, WNN)), sich mit diesem speziellen Uranbrennstoff im US-Markt zu beteiligen. Unter anderen das US-Militär soll sich für dieses besondere Uran interessieren, um es als Brennstoff für Mini-Reaktoren einzusetzen (siehe Physics today).
Aber klar ist auch: Es ist skandalös und unter dem Gesichtspunkt der Weiterverbreitung von atomwaffenfähigen Stoffen alarmierend, wenn immer höher angereichertes Uran in immer größeren Mengen hergestellt und eingesetzt wird. Atomwaffenfähiges Uran kann immer leichter in falsche Hände geraten. Deshalb ist klar: Wir brauchen weltweit den Atomausstieg. Daher müssen Uranfabriken wie die der URENCO in Gronau endlich stillgelegt werden.”
Hinweis: Eine PM vom Februar 2019 der URENCO USA ist von deren Seite inzwischen offenbar gelöscht worden. Über diese Mitteilung berichtet aber auch World Nuclear News.
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Die Mündliche Frage des MdB Hubertus Zdebel (DIE LINKE) und die Antwort der Bunderegierung ist hier als PDF online. Hier Frage 60 im Protokoll der 145. Plenarsitzung
Frage 60
Antwort der Parl. Staatssekretärin Elisabeth Winkelmeier-Becker auf die Frage des Abgeordneten Hubertus Zdebel (DIE LINKE):
Welche konkreten Inhalte bzw. „Perspektiven“ sind gemeint, wenn die Bundesregierung in ihrer Antwort auf meine mündliche Frage 13 (Plenarprotokoll 19/142) über ein stattgefundenes Treffen zwischen Vertretern des Urankonzerns Urenco, der ETC sowie dem Bundeswirtschaftsministerium antwortet, dass beim „Thema ,Kernbrennstoffe der nächsten Generationʼ unter anderem für modular aufgebaute Forschungsreaktoren … seitens der Urenco die Perspektiven von im oberen Bereich niedrig angereichertem Uran summarisch beschrieben“ wurden, und hat es mit Blick auf Medienveröffentlichungen in „Physics Today“ (1. Januar 2020, Controver-sy continues to swirl around uranium enrichment contract, https://physicstoday.scitation.org/doi/10.1063/PT.3.4385) bzw. Telepolis (24. Januar 2020, www.heise.de/tp/features/Urenco-Umstrittene-Uran-Anreicherung-mit-deutscher-Beteiligung-4644963.html), in denen davon die Rede ist, dass laut einem Bericht der US-Armee aus 2018 „Urenco für einen bescheidenen bis groß angelegten Einsatzʼ tragbarer Reaktoren die kostengünstigste Quelle für HALEU ist“, Gespräche zwischen Vertretern von Urenco mit Stellen des Department of Defense oder des Department of Energy hinsichtlich möglicher Lieferungen von HALEU bzw. Kernbrennstoff der nächsten Generation gegeben?”
Antwort
“Während des besagten Treffens zwischen den Unternehmen Urenco und ETC sowie dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat es keine inhaltliche Vertiefung des Themas „im oberen Bereich niedrig angereichertes Uran“ (sogenanntes High Assay-LEU oder HA-LEU) gegeben. Die zitierten modular aufgebauten Forschungsreaktoren wurden im Rahmen der wirtschaftlichen Perspektiven für diesen Kernbrennstoff exemplarisch als potenzielle Abnehmer seitens der Firma Urenco aufgeführt. Dem BMWi ist bekannt, dass es wegen der Urenco-Aktivitäten auf dem US-Markt in der Vergangenheit Gespräche zwischen Vertreterinnen und Vertretern des Unternehmens und dem US-Department of Energy gab. Gespräche zu möglichen Lieferungen von HALEU sind dem BMWi nicht bekannt.”
Dokumentation: Siehe URENCO PM zu HALEU
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