Dis-Harmonische Töne, Demokratie und ein Streichorchester … Ein Friedenskonzert
Es ist immer ein besonders Vergnügen, das Erste Improvisierende Streichorchester (E.I.S.) zu erleben, allemal dann, wenn es gleich um die Ecke in meiner Kirche am Kloppstockplatz aufspielt und auch, wenn der ehemalige Pastor Uli Hentschel in einer kleinen Ansprache mit „Zwischentönen“ mahnt. „Hat Frieden einen besonderen Klang?“ fragt das seit nunmehr 40 Jahren bestehende Orchester und will mit seinen Friedenskonzerten einen Raum schaffen, „in dem Musizierende und Hörende dieser Frage nachspüren können“. Von Dis-Harmonie spricht der „Orchester-Pastor“, von Zwischentönen, ausgerechnet, wenn vielstimmig gestrichene, geschabte und behauptete Töne im Raum umherfliegen, von allen Seiten kommend, einwirken, Aufmerksamkeit einfordern, sich aufdrängen, verlieren, nachklingen. Ein Konzert fü Frieden eben. Und ein Film von Thomas Deuber über dieses wundervolle demokratische Streichorchester gabs als Zugabe gleich um die Ecke.
- Das Friedenskonzert mit dem Ersten Improvisierenden Streichorchester – Benefizkonzert für die »Schule ohne Grenzen« – Deutschunterricht für Flüchtlinge in der Kirchengemeinde Ottensen fand am 22. Dezember in der Christianskirche am Klopstockplatz statt. Der Flyer ist hier als PDF online.
- Thomas Deuber hat aus Anlass des 40. Jubiläums das Orchester bei Proben, bei Gesprächen und bei einem Event in Osnabrück still und dezent gefilmt und gelauscht und als Premiere den Film „EIS40“ in der Arnold Schnittke Akademie gleich um die Ecke in der MBA 24 präsentiert. „Improvisierend miteinander umgehen“ heißt auf der Seite der Kuhkoppel-Produktion, wo auch einige Bilder über diesen einfühlsamen Film zu finden sind. Töne und Demokratie und ein Orchester. Ein Erlebnisfilm.
- Foto: Das Foto oben ist entnommen dem Flyer zum Konzert vom E.I.S. – Ich hoffe, es gibt kein Urheberproblem mit der Übernahme hier.
Uli Hentschel sprach beim Friedenskonzert 2024 (Es gilt das gesprochene Wort!)
Hat Frieden einen besonderen Klang? So habt ihr in der Werbung für das heutige Konzert gefragt. JA, ihr habt mit eurer Orchester-Gemeinschaft einen Klangraum geschaffen, „in dem Harmonie, Zwischentöne und Disharmonie ihren Platz finden.“ Und, so möchte ich jetzt ergänzen: auch die Klage hat ihren Platz. Das ist, inmitten des Weihnachtsgedudels auf Märkten und in den Rundfunksendern, schon ein besonderer Klang. Wie gut, dass ihr es Euch und uns mit der Sehnsucht nach Frieden nicht so leicht macht.
Ja, wir brauchen und suchen nach Harmonie, dem Gefühl, es könnte so gut sein, wenn…
Aber wir brauchen auch den Raum, den inneren und äußeren, in dem die Disharmonie nicht verdrängt werden muss. Denn im vergangenen Jahr und im neuen wird es nicht anders sein, wird es Kriege geben, werden viele Menschen dabei begeistert mitmachen. Aber viele andere werden fliehen müssen, und sie werden einen Platz auf dieser Erde suchen, in dem sie leben können. Auch hier in unserem Land. Diese Menschen aus aller Herren Länder werden es schwerer haben als bislang schon. Angefeindet von einigen Medien, Parteien und rassistischen Gruppierungen, schikaniert von zahllosen Gesetzen und Verordnungen und deren „Vollziehern“, brauchen sie Solidarität, im ideellen und im praktischen, unsere Solidarität.
Wir werden uns gegen den zu erwartenden neuen Kanzler und leider auch seine christliche Partei stellen müssen.
Friedrich Merz: „Wenn wir von Leitkultur sprechen, von unserer Art zu leben, dann gehört für mich dazu, vor Weihnachten einen Weihnachtsbaum zu kaufen. … Es ist die Art von christlich-abendländisch geprägter kultureller Identität, die sich über Generationen überträgt, von der unsere Kinder geprägt sind, und die sie dann so oder so ähnlich selbst weitertragen.“ – Es empfiehlt sich also, den GrenzbeamtInnen beim Versuch einer Einreise in unser Vaterland einen Weihnachtsbaum vorzuzeigen.
Jens Spahn hat gefordert, dass man gegebenenfalls „mit physischer Gewalt irreguläre Migrationsbewegungen aufhalten“ müsse. Und er geht davon aus, dass „die Grenze früher oder später geschlossen (wird). Ob in fünf oder in 15 Jahren kann ich Ihnen nicht sagen. Aber es wird passieren.“
Werden wir das verhindern können? Werden wir jedenfalls kleine Räume des Friedens schaffen? Werden wir Ideen und Handlungen entwickeln, um friedenstüchtig zu werden?
Disharmonien erwarten uns, Harmonien mögen uns erfüllen, nicht auszuweichen, sondern das notwendige zu tun. Etwas können Sie jetzt gleich dazu beizutragen mit Ihrem Geld für die Deutschkurse hier in der Gemeinde. Es gibt zudem viele andere Initiativen und Organisationen, die sich für Asyl, Menschenwürde und Solidarität einsetzen.“
Das E.I.S. zum Konzert (siehe PDF oben): „Friedenskonzerte spielt das Erste Improvisierende Streichorchester (E.I.S.) seit dem 11. September 2001. Es verwirklicht den Wunsch, den Kriegs- und Flucht-Katastrophen etwas entgegenzusetzen. Die Konzerte drücken die Sehnsucht nach Frieden, Lebendigkeit und Vielfalt aus. Das Thema Frieden ist derzeit so aktuell wie nie zuvor – weltweit, aber auch in Europa. Jedes Jahr sterben zigtausend Menschen in bewaffneten Konflikten. Als Folge befinden sich viele Millionen Menschen auf der Flucht. Dies wird von der Öffentlichkeit unterschiedlich WAHR-genommen. Die Friedenskonzerte sind deshalb auch ein Zeichen der Solidarität mit geflüchteten Menschen. Wir bitten um Ihre wohlmeinende Spende.“