Fukushima – Neun Jahre Atomkatastrophe

Fukushima – Neun Jahre Atomkatastrophe

Drei Atomkraftwerke explodierten nach dem schweren Erdbeben und einer Flutwelle am 11. März 2011 in Japan. Nach Erdbeben, Tsunami und den Kernschmelzen wurden große Mengen Radioaktivität freigesetzt. Zum Glück für die Bevölkerung in der Region Fukushima zog ein Großteil der Strahlenwolke in Richtung Meer, ebenso wie große Mengen verseuchten Wassers. Dennoch mussten mindestens 160.000 Menschen teilweise bis heute evakuiert werden, andere Quellen sprechen von um die 200.000 Betroffenen. Am neunten Jahrestag erinnert der Umweltausschuss des Bundestages an die Atomkatastrophe. Dabei werden die in Japan stattfindenden Olympischen und Paralympischen Sommerspiele 2020 Thema sein, die nach dem Willen der japanischen Regierung auch in der Region Fukushima stattfinden sollen. Bis heute sind „nur“ neun der ehemals 54 Atomreaktoren in Japan in Betrieb.

Im Jahr der Olympischen Spiele will die japanische Regierung die Katastrophe von Fukushima vergessen machen, Normalität demonstrieren. Daher sollen SportlerInnen und BesucherInnen in der Hauptstadt der Präfektur Fukushima an olympischen Wettkämpfen teilnehmen: Baseball und Softball-Spiele sollen in Fukushima Stadt ausgetragen werden – 50 km vom havarierten Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi entfernt. Außerdem soll der Fackellauf in den belasteten Gebieten der Präfektur beginnen.

Greenpeace berichtet auf seiner deutschen Homepage: „Die Idee ist so absurd, wie sie klingt: Die Region um das 2011 havarierte Atomkraftwerk  Fukushima ließe sich einfach so von der Strahlung befreien. Eine Gegend fast so groß wie Dänemark könnte dekontaminiert werden, indem man radioaktive Erde und Pflanzen in Müllsäcke steckt. Als ließe sich die radioaktive Strahlung nach der Explosion von drei Atomreaktoren einfach so aufräumen, einsammeln und wegwischen. Wie etwas verschüttete Milch, nur eben viel großflächiger und unsichtbar.“ Über die Lage vor Ort und die Entwicklung der letzten Jahre ist unter dem angegeben Link mehr zu erfahren.

Greenpeace informiert über aktuelle Messungen: „Die Strahlungsmessungen in der Region Fukushima aus dem Herbst 2019 zeigen: Unwetter wie der Taifun Hagibis führen zum Auftreten neuer radioaktiver Hotspots. Auch in den Gebieten, in denen im Sommer 2020 die Olympiade stattfinden soll.“  Der aktuelle „Fukushima-Report 2020“ kann hier direkt bei Greenpeace heruntergeladen werden.

Unter der Überschrift „Gefahr unberechenbar“ erklärt GP-Strahlenexperte Heinz Smital: „Das Heimtückische an Radioaktivität ist, dass ein kleines Körnchen Cäsium hochgradig gefährlich sein kann. Und keiner weiß, ob es da ist und wo es liegt. Ob es jetzt gerade vom Wald mit einem Windstoß durchs Fenster geweht wird. Oder ob der letzte Regen eines aus den Bergen in die Pfütze unter der Kinderrutsche geschwemmt hat. Deshalb fordert Greenpeace weiterhin, die Rückkehr in die einstigen Sperrzonen auszusetzen und niemanden zur Rückkehr zu zwingen.“

Das Bundesamt für Strahlenschutz verharmlos demgegenüber die Risiken, hier in einer PM nachzulesen.

Die IPPNW erklärt in einer PM zum Fukushima-Jahrestag: „Im Inneren der zerstörten Reaktoren herrscht nach wie vor lebensbedrohliche Strahlung. Die Atomruinen müssen durch ununterbrochene Wasserzufuhr gekühlt werden. Große Teile des kontaminierten Wassers verseuchen trotz massiver Gegenmaßnahmen weiterhin Grundwasser und Meer, der aufgefangene Teil des radioaktiven Abwassers wird in riesigen Tanks gespeichert. Wegen Platzmangels soll das stark verstrahlte Wasser ab 2022 direkt in den Pazifik abgelassen werden.

In den verstrahlten Gebieten besteht anhaltend ein zusätzliches gesundheitliches Risiko durch radioaktive Strahler wie Cäsium-137. Insbesondere Kinder, Schwangere sowie Kranke und ältere Menschen sind bedroht. Mit zusätzlichen Krebsfällen ist in den kommenden Jahren und Jahrzehnten zu rechnen. Einen kleinen Teil der zu erwartenden Krebserkrankungen stellen Schilddrüsenkrebserkrankungen dar. Dies ist jedoch die einzige Erkrankung, die die japanische Regierung zumindest bei Kindern und Jugendlichen in einem systematischen Screening untersucht. Am 13. Februar 2020 stellte das Aufsichtskomitee der Schilddrüsenstudie der Fukushima Medical University (FMU) die neuen Studiendaten vor.“(mehr unter dem genannten Link, dort auch ein detaillierter zusätzlicher Bericht.)

Die IPPNW fordern mit vielen anderen Organisationen keine „radioaktiven Spiele“ durchzuführen und fordern von der japanischen Regierung und dem IOC, die Wettkämpfe und den Start des Fackellaufs in der Region Fukushima abzusagen. Die IPPNW berichtet: „Internationale Regelungen sehen vor, dass die Bevölkerung nach einem Atomunfall lediglich 1 mSv zusätzlicher Strahlung pro Jahr ausgesetzt werden darf. In den rückbesiedelten Gebieten in Fukushima wird der Bevölkerung jedoch eine Strahlendosis zugemutet, die bis zu 20 Mal höher liegt (bis 20 mSv). Selbst Ortschaften, die bereits dekontaminiert wurden, können durch Wind und Wetter jederzeit erneut verstrahlt werden, denn Wälder und Berge stellen ein Reservoir dar.“

Dirk Seifert