Risse im Dampfrohr: AKW Neckarwestheim 2

Risse im Dampfrohr: AKW Neckarwestheim 2

Anti-Atom-Organisationen haben vom Umweltministerium Baden-Württemberg verlangt, aufgrund von Rissen in den Heizrohren der uralten Dampferzeuger im AKW Neckarwestheim 2 eine Wiederanfahrgenehmigung erst nach einem Austausch dieser maroden Komponenten zu erteilen. „Jeder Riss ist einer zu viel!“ hatten sie in einem Antrag an das grün geführte Ministerium geschrieben. Ihre Forderung hatten sie mit Gutachten von renomierten Atomexperten untermauert. Die Risse stellen massive Sicherheitsrisiken dar. Das Umweltministerium Baden-Württemberg als Aufsichtsbehörde und die EnBW als Betreiberin des Atomkraftwerks Neckarwestheim haben im Rahmen der diesjährigen Revision Teile ihrer Schadensbilanz vorgestellt. Bei der Prüfung wurden erneut Risse in zentralen Bauteilen des Reaktors, den sogenannten Dampferzeugern, gefunden. Doch ein Austausch, wie von den Anti-Atom-Organisationen auf Basis von Gutachten gefordert, wird nicht erfolgen. Das Ministerium hat inzwischen die Zustimmung zum Wiederanfahren von Neckarwestheim 2 erteilt. Das Neue Deutschland berichtet hier.

umweltFAIRaendern dokumentiert im Folgenden den Antrag und die Gutachten der Anti-Atom-Gruppen sowie die Gegengutachten des Umweltministeriums BaWü. EnBW berichtet über das AKW hier.

Gutachten zur Begründung des Antrags (Auftrag .ausgestrahlt, BUND, BBMN):

Gutachten Im Auftrag Umweltministerium Baden-Württemberg:

Dokumentation der Presseerklärung der Anti-Atom-Organisationen:
AKW Neckarwestheim 2 – Risse in Heizrohren der Dampferzeuger:  Jeder Riss ist einer zuviel

BUND Baden-Württemberg, Bund der Bürgerinitiativen mittlerer Neckar und die Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt kommentieren die neuen Funde von Rissen:

„Jeder Riss, jede Korrosion in den Dampferzeugern kann im Extremfall zum berüchtigten Super-GAU führen. Dass schon wieder Risse gefunden wurden, zeigt, dass die EnBW das Kraftwerk nicht im Griff hat und uns mit jeder Stunde, die der Reaktor in Betrieb ist, einem unkalkulierbaren Risiko aussetzt. Das Umweltministerium muss endlich handeln und den Austausch der unwiederbringlich geschädigten Dampferzeuger zur Bedingung für einen Weiterbetrieb machen – oder das Kraftwerk ganz stilllegen!“

Es existiert keine technische Möglichkeit, die Dampferzeuger so zu reparieren, dass keine weiteren Risse mehr auftauchen können. Mit diesen Schäden ist ein Betrieb des AKWs aber rechtlich nicht zulässig. Das Umweltministerium muss dafür sorgen, dass die Schäden vor einer Wiederinbetriebnahme komplett behoben sind. Dies ist nur durch einen Austausch der Dampferzeuger möglich, den die drei Organisationen mit ihrem Antrag an das Umweltministerium fordern.

Hintergrund

Der BUND Baden-Württemberg, die Anti-atom-Organisation ausgestrahlt. und der Bund der Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar (BBMN) reichten am 19.06.2020 beim Umweltministerium Baden-Württemberg einen Antrag auf Entzug der Betriebserlaubnis des Atomkraftwerks Neckarwestheim II ein, behelfsweise auf Untersagung des Betriebs ohne vorherigen Austausch der vier defekten Dampferzeuger. Die Organisationen begründeten den Antrag unter anderem mit zwei Gutachten der Atomexperten Prof. Manfred Mertins und Dipl.-Ing. Helmut Mayer. Manfred Mertins legt dar, dass die Dampferzeuger irreparabel geschädigt sind und ein AKW mit geschädigten Dampferzeugern nicht betrieben werden darf. Helmut Mayer belegt die Rechtswidrigkeit, und zeigt, dass es unverantwortbar ist, das Kraftwerk in diesem Zustand zu betreiben.

Weitere Informationen:

19. Juni 2020 | Atomkraft, Energiewende, Klima und Energie (BW), BUND Baden-Württemberg (BW)

Antrag: AKW darf ohne Austausch der beschädigten Dampferzeuger nicht wieder ans Netz

Dokumentation Presseerklärung: Das Umweltministerium BaWü berichtet am 10. Juli hier: Prüfung der Dampferzeugerheizrohre im Kernkraftwerk Neckarwestheim (Block II) abgeschlossen – Sieben schadhafte Rohre außer Betrieb genommen

Während der derzeit noch laufenden Revision im Kernkraftwerk Neckarwestheim II sind in den letzten Wochen auch alle rund 16.000 Heizrohre der vier Dampferzeuger auf Korrosionsschäden untersucht worden.

Zwei der vier Dampferzeuger waren befundfrei, an sieben Rohren der anderen beiden wurden sicherheitstechnisch relevante so genannte lineare Schäden festgestellt – das sind in Umfangsrichtung verlaufende rissartige Wanddickenschwächungen. Dazu gab es 19 kleine und nicht registrierpflichtige so genannte volumetrische Wanddickenschwächungen (Lochkorrosion, Rohre an allen vier Dampferzeugern).

Alle sieben Rohre mit sicherheitstechnisch bedeutsamen Befunden werden, wie in den Vorjahren, verschlossen und damit außer Betrieb genommen.

Im Vergleich zu den Vorjahren ist die Zahl der Befunde deutlich zurückgegangen. Auch die Tiefe und Länge der Korrosionsschäden ist deutlich geringer als in den Vorjahren. 2018 gab es insgesamt 191 befundbehaftete Rohre, 2019 101 befundbehaftete Rohre.

Bereits 2018 hatte die EnBW entsprechend den Anforderungen der Atomaufsicht auf die Korrosionsschäden an den Heizrohren reagiert. Die Ursachen wurden ermittelt und Maßnahmen zur Vermeidung von Heizrohrschäden ergriffen.

Unter anderem wurden die Dampferzeuger gereinigt, der Eisenoxideintrag in die Dampferzeuger reduziert und salzartige Verunreinigungen beseitigt. Schadhafte Rohre sind seither verschlossen.

Die Bewertung der Schadensbefunde durch unabhängige Experten und die Atomaufsicht führte in den vergangenen Jahren jeweils zu dem Ergebnis, dass die Anlage auf der Basis des kerntechnischen Regelwerks und des Standes von Wissenschaft und Technik sicher betrieben werden kann.

Die Detailauswertung der neuen Befunde durch die vom Umweltministerium zugezogenen Sachverständigen läuft derzeit noch.

Einen Überblick zum Gesamtsachverhalt (Jahre 2017 – 2019) enthält der Bericht des Umweltministeriums zu den Prüfungen [09/19; 1 MB] im Rahmen der Jahresrevision 2019. Der Bericht wird zeitnah unter Berücksichtigung der Ergebnisse 2020 fortgeschrieben und auf der Homepage des Ministeriums zur Verfügung gestellt.

Die zuständige Abteilung des Ministeriums befasst sich darüber hinaus selbstverständlich auch mit dem vorliegenden Antrag des BUND Landesverband BW, des Vereins ausgestrahlt, des Bunds der Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar sowie Privatpersonen zum Widerruf der Betriebsgenehmigung für GKN II aufgrund der früher festgestellten Schäden an den Dampferzeugerheizrohren. Noch vor der Beendigung der Revision will das Umweltministerium den Antragstellern Gutachten übermitteln, die sich mit der Auffassung des von ihnen hinzugezogenen Gutachters auseinandersetzen.

Dirk Seifert

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