Mangelnde Umsetzung von EU-Umweltrecht: Vattenfall-Kohlekraftwerk Moorburg, die Kommission und die Bundesregierung im Streit

Was ist faul an der Genehmigung für das Vattenfall Kohlekraftwerk in Hamburg Moorburg? Die EU-Kommission ist der Auffassung, dass bei der Genehmigung für das 1.600 MW Klimamonster europäische Rechts-Vorschriften nicht ausreichend beachtet wurden. Bis Mitte Dezember 2014 war die Bundesregierung aufgefordert, der EU Kommission mitzuteilen, wie sie die aus Sicht der Kommission mangelhafte Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie korrigieren wird. Der Bundestagsabgeordnete Hubertus Zdebel hat aktuell bei der Bundesregierung nachgefragt. Das Ergebnis: Alles prima, sagt die Bundesregierung, gestützt auf eine Stellungnahme der zuständigen Hamburger Umweltbehörde. Demnach stehe die Genehmigung des Kohlekraftwerks Moorburg „im Einklang mit den maßgeblichen Vorgaben der Habitatsrichtlinie“.

Zu den Inhalten der Stellungnahme verweigert die Bundesregierung die Aussage. Weil das Verfahren noch läuft, sind die Inhalte „vertraulich zu behandeln.“

  • Das laufende Verfahren bei der EU steht im Zusammenhang mit einer Klage des BUND Hamburg gegen die Genehmigung des Kohlekraftwerks in Moorburg durch die dortige Umweltbehörde. Siehe dazu auch eine Presseerklärung des BUND Hamburg.

Die Kommission muss nun prüfen, ob sie die Bundesregierung verklagt, um die Umsetzung der Richtlinie durchzusetzen. Die Bundesregierung hofft, dass noch eine „einvernehmliche Streitbeilegung“ erreicht werden kann und teilt mit: „In den meisten Fällen gelingt eine außergerichtliche Einigung mit der Kommission.“ Bis dahin muss der Umweltschutz dann noch warten.

Einen Zusammenhang der Genehmigungsmängel mit einem von Vattenfall ehemals geführten Investitionsschutz-Verfahren beim ICSID ist „für die Bundesregierung nicht erkennbar“, heißt es außerdem in der Antwort. Vattenfall hatte seinerzeit aufgrund der scharfen Umweltauflagen der Hamburger Umweltbehörde, mit dem TTIP-ähnlichen Verfahren im Rahmen der Energie-Chara vor dem ICSID in Washington geklagt. Das Verfahren wurde mit einem Vergleich beendet. Einzelheiten darüber sind – wie bei diesen Verfahren üblich – geheim und für die BürgerInnen und die Öffentlichkeit nicht zugänglich.

Hier im Wortlaut die Antwort der Bundesregierung (Bundeswirtschaftsministerium) vom 19. Januar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Hubertus Zdebel, Fraktion die Linke:

Schriftliche Fragen an die Bundesregierung im Monat Januar 2015
Frage Nr. 32

Sehr geehrte Herr Abgeordneter,
seitens der Bundesregierung beantworte ich die Frage wie folgt:

Frage:
Welche inhaltlichen und rechtlichen Aussagen hat die Bundesregierung der EU-Kommission zu der in dem Ersuchen der EU-Kommission genannten mangelhaften Anwendung und Umsetzung von EU-Vorschriften bei der Genehmigung des Steinkohlekraftwerks von Vattenfall in Harnburg-Moorburg mitgeteilt, und welchen Zusammenhang hat die laut EU-Kommission nicht korrekte Anwendung der Habitatrichtlinie mit der inzwischen gütlich eingestellten Klage von Vattenfall vor dem internationalen Schiedsgericht ICSID?

Antwort:
„Es trifft zu, dass die EU-Kommission in dieser Sache ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet hat. Darin bemängelt sie, dass im Zusammenhang mit der Genehmigung des Kohlekraftwerkes Harnburg-Moorburg die Vorschriften der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie 92/43/EWG nicht korrekt angewendet würden. Zuletzt hatte die Kommission der Bundesregierung dazu am 17. Oktober 2014 eine sog. „mit Gründen versehene Stellungnahme“ übermittelt. ln Vertragsverletzungsverfahren wendet sich die Kommission an die Bundesregierung, auch wenn es sich um Handlungen oder Unterlassungen der Bundesländer handelt (hier der Freien und Hansestadt Hamburg). Auf der Grundlage einer Stellungnahme Hamburgs hat die Bundesregierung im Dezember 2014 auf die „begründete Stellungnahme“ geantwortet und dargelegt, dass die Genehmigung des Kohlekraftwerkes Hamburg-Moorburg im Einklang mit den maßgeblichen Vorgaben der Habitatrichtlinie steht. Einer der Gegenstände des Verfahrens ist die Bewertung der Fischaufstiegsanlage an der Staustufe Geesthacht als Schadensminderungsmaßnahme.

Ein Zusammenhang der laut EU-Kommission nicht korrekten Anwendung der  Habitatrichtlinie mit dem durch Vergleich beendeten Schiedsverfahren von Vattenfall vor dem internationalen Schiedsgericht ICSID ist für die Bundesregierung nicht erkennbar. Die Prüfung der Habitatrichtlinie erfolgte im Rahmen der Genehmigungserteilung durch die
Freie und Hansestadt Hamburg.

Das vorliegende Vertragsverletzungsverfahren ist noch anhängig und damit bis zu
seinem Abschluss vertraulich zu behandeln. Dadurch soll der ordnungsgemäße Ablauf
des Verfahrens sichergestellt und gewährleistet werden, dass Möglichkeiten zur
einvernehmlichen Streitbeilegung nicht vorzeitig vereitelt werden. ln den meisten Fällen
gelingt eine außergerichtliche Einigung mit der Kommission.“

Dse4Zdebel

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