Anhörung Endlagersuche im Umweltausschuss: Weitere Öffentlichkeitsbeteiligung sicherstellen – kritische Themen offen benennen

Bei dem öffentlichen Fachgespräch mit dem Nationalen Begleitgremium (NBG) bei der Atommüll-Endlagersuche im Umweltausschuss des Bundestages hat der Linken-Abgeordnete Hubertus Zdebel heute die Forderungen nach einer weiteren Öffentlichkeitsbeteiligung unterstützt und sich dafür ausgesprochen, dass die Zusammenarbeit zwischen geologischen Landesdiensten und den zuständigen Bundesstellen verbessert wird und die wachsenden Probleme auch im Zusammenhang mit den leicht- und mittelradioaktiven Atomabfällen in den Blick genommen werden müssen. Zdebel sprach dem NBG seinen Dank aus und betonte, wie wichtig das Gremium als unabhängiger Wächter ist, damit sich die Fehler von Gorleben nicht wiederholen können.

  • Das NBG hatte zur Anhörung eine Stellungnahme vorgelegt, in der acht Forderungen bzw. Vorschläge gemacht wurden: Siehe hier als PDF.

Als einen von vielen Punkten, die durch das NBG richtigerweise angesprochen werden, betonte Zdebel, dass die zuständige Bundesbehörde BaSE jetzt entsprechend den Forderungen auch der Teilgebiete-Konferenz bis Mitte Juli einen konkreten Vorschlag vorlegen muss, wie die Öffentlichkeitsbeteilung in der bereits angelaufenen „Phase 1B“ sichergestellt werden kann. Im Gesetz ist das derzeit nicht vorgesehen, aber es ermöglicht der Behörde, entsprechende Maßnahmen umzusetzen.

Derzeit arbeitet die Bundesgesellschaft für die Endlagerung (BGE) faktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit daran, von den rund 50 Prozent grundsätzlich geeigneter Flächen für den hochradioaktiven Atommüll einige wenige Standorte zu identifzieren, die dann per Beschluss des Bundestages zunächst oberirdisch weiter erkundet werden. Damit sich Gorleben nicht wiederholen kann, muss aus Sicht von Hubertus Zdebel auch in dieser Phase eine Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgen.

Zdebel sprach außerdem zwei Punkte an, die in der Öffentlichkeit derzeit kaum beachtet werden. Einerseits geht es um die leicht- und mittelradioaktiven Abfälle. Für eine große Menge ist derzeit unklar, wo diese endgelagert werden könnten. Sollte am Standort für die hochradioaktiven Abfälle „Platz“ sein, könnten die noch obendrauf kommen. Außerdem könnte das Endlagerprojekt Schacht Konrad scheitern. Dass sollte in den Planungen berücksichtigt werden, so Zdebel.

Und Zdebel sprach davon, dass nicht nur die Geologie für ein Endlager entscheidend wäre. Auch die dann notwenigen oberirdischen Atomanlagen, darunter ein großes Bereitstellungslager für viele hundert Castor-Behälter wäre erforderlich. Das müsse frühzeitig und ehrlich im laufenden Endlagersuchverfahren kommuniziert werden.

Das Video von der öffentlichen Anhörung hier direkt ansehen: (Zdebel ist bei Minute 48:20, bei 01:12 und bei 01:44 mit seinen Beiträgen und Fragen am Start.

 

Dokumentation der Zusammenfassung der Anhörung von der Seite des Deutschen Bundestags.

Vorschläge zur Öffentlich­keitsbeteiligung bei der Endlagersuche

Das Nationale Begleitgremium (NBG) hat Vorschläge unterbreitet, wie die Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle verbessert werden kann. In einem öffentlichen Fachgespräch im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit informierten Mitglieder des Gremiums auch über die bisher gemachten Erfahrungen und das weitere Vorgehen. Die Sitzung am Mittwoch, 23. Juni 2021, wurde von der Ausschussvorsitzenden Sylvia Kotting-Uhl (Bündnis 90/Die Grünen) geleitet.

Aufgabe des Nationalen Begleitgremiums ist es, das Standortauswahlverfahren für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle vermittelnd und unabhängig zu begleiten. Grundlage dafür ist das im Jahr 2013 verabschiedete Standortauswahlgesetz. Dem Gremium gehören insgesamt 18 Mitglieder an. Dabei handelt es sich um zwölf anerkannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die von Bundestag und Bundesrat gewählt werden, sowie um sechs Bürgerinnen und Bürgern, die in einem vom Bundesumweltministerium initiierten Verfahren ermittelt werden.

„Es darf keine Beteiligungslücke entstehen“

Wie die Co-Vorsitzende Prof. Dr. Miranda Schreuers, Professorin für Umwelt- und Klimapolitik an der Hochschule für Politik München, erläuterte, hat das Gremium seine Arbeit 2016 aufgenommen und tagt in der Regel monatlich. Ein Arbeitsschwerpunkt war demnach die Fachkonferenz Teilgebiete, die sich mit dem Zwischenbericht der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) befasst. Dieser Zwischenbericht hat 54 Prozent der Fläche Deutschlands als Teilgebiete für ein Endlager ausgewiesen. Für den 6. November 2021 plant das Begleitgremium eine Tagung, um die mit der Fachkonferenz Teilgebiete gemachten Erfahrungen auszuwerten.

Dr. Dr. h. c. Markus Dröge, ehemaliger Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und seit März 2020 Mitglied des Gremiums, appellierte an den Bundestag, eine kontinuierliche und substanzielle Öffentlichkeitsbeteiligung für den Verfahrensschritt 2 der Phase 1 festzulegen und diese Beteiligung gesetzlich oder untergesetzlich zu verankern. Es dürfe keine Beteiligungslücke entstehen, betonte Dröge, da es jetzt darum gehe, die möglichen Standortgebiete für ein Endlager weiter einzuschränken.

„Auch Bergwerksdaten veröffentlichen“

Prof. Dr. Maria-Theresia Schafmeister, Professorin für Angewandte Geologie an der Universität Greifswald und seit November 2020 Mitglied des Begleitgremiums, erhob die Forderung, alle für die Standortauswahl relevanten geologischen Daten – auch die Bergwerksdaten – zu veröffentlichen. Zudem müsse die Zusammenarbeit zwischen der Bundesgesellschaft für Endlagerung und den Staatlichen Geologischen Diensten der Länder verbessert und eindeutig definiert werden. Schließlich sei es erforderlich, für die seismische Risikoabschätzung eine neue Berechnungsmethode zu entwickeln.

Klaus Brunsmeier, ehemaliger stellvertretender Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und seit Dezember 2016 Mitglied des Begleitgremiums, unterstrich die Notwendigkeit, sich bereits heute mit Ungewissheiten und den daraus resultierenden Risiken im Auswahlprozess zu befassen und Lösungen verständlich zu kommunizieren. Außerdem gelte es, unterschiedliche Szenarien für die zu erwartenden Volumina der zusätzlich endzulagernden schwach- und mittelradioaktiven Abfälle zu erarbeiten.

„Ein selbsthinterfragendes und lernendes Verfahren“

Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) müsse eine langfristige Strategie zur Beteiligung der jungen Generation entwickeln, forderte Jorina Suckow, Rechtsreferendarin und als Vertreterin der jungen Generation seit Dezember 2016 im Gremium. Sie empfahl zudem, „ein selbsthinterfragendes und lernendes Verfahren“ zu implementieren und einen Runden Tisch der beteiligten Institutionen zu gründen.

Prof. Dr. Armin Grunwald, Leiter des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag und Co-Vorsitzender des NBG, informierte darüber, dass das Gremium beschlossen hat, ein Peer-Review-Verfahren des Standortauswahlprozesses zu initiieren. Im Rahmen dieses Verfahrens sollen unabhängige internationale Experten das bisherige Vorgehen begutachten. Dafür wünsche sich das Nationale Begleitgremium die Unterstützung durch die Mitglieder des Bundestages.

Bericht des Nationalen Begleitgremiums

Über rechtliche Grundlagen des Standortauswahlgesetzes, Empfehlungen und zukünftige Herausforderungen informiert das Nationale Begleitgremium in seinem Tätigkeitsbericht (19/15850). Insgesamt benötige das Thema Standortsuche mehr politische Aufmerksamkeit, resümiert das Gremium.

Das Nationale Begleitgremium hatte sich im Dezember 2016 konstituiert und hat zur Aufgabe, das Verfahren für die Suche nach „dem Standort mit der bestmöglichen Sicherheit zur Lagerung der hoch radioaktiven Abfälle vermittelnd, kritisch und unabhängig zu begleiten“, heißt es im Vorwort. Die Bilanz nach drei Jahren Arbeit sei „durchwachsen“, da man mit wichtigen Forderungen und Anliegen nicht so durchgedrungen sei wie gewünscht. Dies betreffe etwa ein Geologiedatengesetz. Bewährt habe sich, dass die Öffentlichkeit Kritik am Verfahren und der Durchführung üben könne sowie entsprechende Verbesserungsvorschläge „konstruktiv genutzt werden“ könnten, schreibt das Gremium.

Das gesamtgesellschaftliche Interesse an einer transparenten Suche nach dem bestmöglichen Standort sei als „sehr hoch zu bewerten“ und sei damit grundsätzlich als „vorrangig gegenüber den Rechten Dritter an den benötigten Daten“ anzusehen, heißt es. Weiter schreibt das Gremium, dass Zwischen- und Endlagerung unmittelbar zusammenhingen. Die befristeten Genehmigungen für die Zwischenlager würden spätestens im Jahr 2047 auslaufen. Zu diesem Zeitpunkt werde noch kein Endlager zur Verfügung stehen. Daher empfiehlt das Gremium der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ), frühzeitig und unter Beteiligung der Bürger ein Konzept für die Zwischenlager zu erarbeiten. (chb/vom/23.06.2021)

Dse4Zdebel

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