Während hochumstrittene Planungen laufen, über 150 Atommüll-Behälter mit hochradioaktivem Abfällen per LKW von Jülich in das Zwischenlager nach Ahaus zu transportieren, gibt es nun neue Alarmmeldungen. (UPDATE:) Gestern meldeten Bürgerinitiativen sindgemäß: `Das Hallendach des Atommüll-Zwischenlagers hängt offenbar durch und muss mit Stahlseilen stabilisiert werden, um die Statik aufrechtzuerhalten. So habe ein Mitarbeiter der Genehmigungsbehörde im zuständigen Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) die Lage in Ahaus gegenüber Bürgerinitiativen auf Nachfrage bestätigt.´ Die BI Ahaus und die Initiative SOFA aus Münster hatten gestern eine entsprechende Pressemeldung veröffentlicht. Dazu gehört auch ein Brief an die Atomaufsicht im Land NRW, in dem sich Ahaus befindet. Zuständig ist die grüne Wirtschaftsministerin Mona Neubaur. UPDATE 8.1. 13.40 Uhr. Der Betreiber widerspricht den Meldungen der BIs. „Irreführend und Quatsch„heißt es bei der Münsterländer Zeitung (hinter einer Paywall). ** Weiteren hoch radioaktiven Atommüll jetzt nach Ahaus zu transportieren sei unverantwortlich, argumentieren die Umweltgruppen. Die Genehmigung für den Transport des Atommülls ist bislang nicht erfolgt. Vor den Bundestagswahlen, soviel ist seit Wochen klar, werden die Atomtransporte ohnehin nicht rollen. Initiativen und Umweltverbände fordern seit längerem eine umfassende Nachrüstung für die oberirdischen Zwischenlager, weil Alterungsprozesse, Unsicherheiten bei der Behälterlagerung und auch mangelhafte Auslegung der Gebäude gegenüber den alten und neuen Risiken verbesserte Sicherheits- und Sicherungskonzepte erfordern.
** In der Münsterland-Zeitung widerspricht die BGZ „ausdrücklich. „Es gibt keine Mängel“, betonte er auf Anfrage unserer Redaktion. Die Behauptung „Im Deckenbereich hat sich eine Mulde gebildet, in der sich Wasser ansammelt“ sei falsch und irreführend. Es gebe dort keine Mulde und keine Ansammlung von Wasser. Es habe ab dem Jahr 2018 Baumaßnahmen am Dach gegeben. Diese Maßnahmen seien Bestandteil der „Härtung“. Dabei sei auch eine Schutzwand um das Zwischenlager errichtet worden. Sie soll den Atommüll vor Terrorangriffen schützen.
Für eine „Stützenkopfverspannung“ würden dauerhaft Stahlseile eingesetzt, um die Deckenkonstruktion zu verstärken. Die Bauarbeiten seien erfolgreich abgeschlossen worden.“
UPDATE: Eine entsprechende Pressemeldung der BGZ ist bislang nicht online (stand heute 13.53 Uhr) auf deren Seite! Eine Anfrage von umweltFAIRaendern liegt der Pressestelle im BASE zu diesem Thema seit grad eben vor. Die Antwort ist grad eingegangen und lautet: „Ein Vertreter der BI Ahaus informierte in einem Anruf vom 16.12. über die Vermutung, dass es aktuell statische Probleme beim Lagergebäude des BZA gebe. Herr Dr. Bunzmann verwies darauf, dass für solche Fragen die atomrechtliche Aufsicht über das BZA, das MWIKE, verantwortlich ist. Dabei hat er darauf hingewiesen, dass dem BASE bekannt ist, dass das MWIKE bereits vor einigen Jahren Fragen zur Statik des Lagergebäudes bearbeitet habe. Zum aktuelle Stand zu diesem Sachverhalt kann nur das MWIKE als atomrechtliche Aufsicht Auskunft geben.“ Diese Auskunft habe BASE auch an die Münsterländer Zeitung erteilt. Die Angaben, auf die sich BASE bezieht, sind unten in der PM und dem Brief der Initiativen zu lesen….
Die BGZ teilt auf ihrer Homepage zu Ahaus mit Blick auf die dort gelagerten hochaktiven Abfälle mit:
„Aktuelle Belegung des Brennelemente-Zwischenlagers Ahaus (BZA)
Im BZA werden seit März 1998 sechs CASTOR-V-Behälter mit abgebrannten Brennelementen aus deutschen Atomkraftwerken gelagert. Die ebenso hier lagernden, deutlich kleineren 305 CASTOR THTR/AVR-Behälter sind mit bestrahlten Brennelementen aus dem stillgelegten Thorium-Hochtemperatur-Reaktor (THTR) in Hamm-Uentrop beladen. Der Abtransport dieser Brennelemente in das Brennelemente-Zwischenlager Ahaus war eine unverzichtbare Voraussetzung für die Stilllegung dieses Kraftwerkes. Darüber hinaus lagern hier seit 2005 18 Behälter vom Typ CASTOR MTR 2 mit Brennelementen aus dem Forschungsreaktor in Dresden-Rossendorf.“
Hallendach hängt durch – Bürgerinitiativen wenden sich an die Atomaufsicht
An den Seitenwänden und der Decke der Ahauser Lagerhalle für Atommüll haben sich jetzt gravierende Mängel in der Statik gezeigt, die zu einem Auseinanderdriften der Wände geführt haben. Als Folge davon hat sich im Deckenbereich eine 2 – 3 cm tiefe Pfütze gebildet, da das Hallendach offenkundig durchhängt. Damit dieser Prozess sich nicht fortsetzt, wurden nun Drahtseile von einer Wand zur anderen gespannt.
Mit diesem Sachverhalt, über den die Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus“ kürzlich unterrichtet worden war, haben mehrere Bürgerinitiativen jetzt in einem Brief die NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur konfrontiert, die zugleich Chefin der NRW-Atomaufsicht ist. Die Initiativen wollen wissen, ob diese gravierenden Vorgänge am Atommüll-Lager in Ahaus der NRW-Atomaufsicht bekannt sind, wie sie sie bewertet und welche Maßnahmen ggf. vorgesehen oder schon ergriffen worden sind.
„Dass das Ahauser Lager mit seinen Wand- und Deckenstärken von nur 20 – 30 cm im oberen Hallenbereich heutigen Sicherheitsanforderungen nicht mehr entspricht, haben wir schon seit vielen Jahren immer wieder kritisiert. Alle später errichteten Zwischenlager weisen erheblich dickeres Mauerwerk auf, das zuletzt in Bau befindliche in Lubmin sogar bis zum 180 cm“, so BI-Sprecher Felix Ruwe, „wir fordern deshalb insbesondere im Hinblick auf die drohende Langzeitlagerung von Atommüll in Ahaus den Neubau eines erheblich robusteren Gebäudes.“
„Unter den gegebenen Umständen ist jeglicher weitere Antransport von hochradioaktivem Atommüll, wie er aus Jülich und Garching geplant ist, unverantwortlich“, so Matthias Eickhoff (SOFA Münster). „Ministerin Neubaur muss sich ernsthaft fragen, ob unter den gegebenen Umständen nicht eine Räumungsverfügung für das Ahauser Lager angeordnet werden muss, wie sie für das Atommüll-Lager in Jülich bereits seit 10 Jahren besteht!“
Brief an die NRW-Wirtschaftsministerin und Chefin der NRW-Atomaufsicht Mona Neubaur
BI „Kein Atommüll in Ahaus“ e. V.
SOFA (Sofortiger Atomausstieg) Münster
Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen
An die
Ministerin für Wirtschaft, Industrie,
Klimaschutz und Energie
des Landes Nordrhein-Westfalen
Frau Mona Neubaur
40190 Düsseldorf
Ahaus, den 06.01.2025
Betr: Atommülllager Ahaus: Akute Sicherheitsmängel der Lagerhalle
Sehr geehrte Frau Ministerin Neubaur,
einer unserer wesentlichsten Kritikpunkte an der gegenwärtigen Form der Zwischenlagerung hochradioaktiven Mülls in Ahaus ist seit vielen Jahren die Struktur der hiesigen Lagerhalle: Deren Wände und Decke weisen im Vergleich zu allen später entwickelten Zwischenlager-Generationen eine viel zu geringe Wand- und Deckenstärke auf. Dies ist erst recht im Hinblick auf die geplante Langzeit-Zwischenlagerung inakzeptabel. Zuletzt hatten wir das in unserer „Stellungnahme zur geplanten Langzeitlagerung von hochradioaktiven Brennelementen in Ahaus“ im August 2024 formuliert, die auch Ihnen vorliegt.
Nun zeigen jüngste Ereignisse, dass unsere Bedenken viel früher als von uns erwartet traurige Realität wurden: Nach uns jetzt zugegangenen Informationen haben sich an den Seitenwänden und der Decke der Ahauser Lagerhalle gravierende Mängel in der Statik gezeigt, die zu einem Auseinanderdriften der Wände geführt haben. Die Folge davon ist, dass sich im Deckenbereich eine Mulde gebildet hat, in der sich Wasser ansammelt. Um ein weiteres Auseinanderdriften zu vermeiden, sind die Außenwände nun provisorisch durch starke Drahtseile miteinander verbunden worden. Dies zeigt ganz deutlich, dass das Gebäude schon gegenwärtig nicht mehr den Anforderungen entspricht, die an ein genehmigungsfähiges Zwischenlager gestellt werden müssten.
Dass es im oberen Hallenbereich des Ahauser Lagers Probleme gibt, ist übrigens auch dem Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) bekannt. Dies bestätigte der Leiter der Abteilung Genehmigungsverfahren des BASE, Dr. C. Bunzmann, bei einer telefonischen Nachfrage unsererseits am 16.12.2024.
Wir möchten Sie deshalb in Ihrer Eigenschaft als Leiterin der Atomaufsicht in Nordrhein-Westfalen fragen:
Waren Ihnen die geschilderten Vorgänge bereits bekannt? Und wenn ja, seit wann?
Wie bewerten Sie diese Vorkommnisse?
Welche Maßnahmen der Atomaufsicht halten Sie in dem Zusammenhang für geboten? Welche Maßnahmen haben Sie ggf. schon veranlasst?
Wäre unter den gegebenen Umständen nicht eine Räumungsverfügung für das Ahauser Lager geboten, wie sie bereits seit mehr als 10 Jahren für das Zwischenlager in Jülich besteht?
Teilen Sie unsere Auffassung, dass unter den gegebenen Umständen auf keinen Fall neuer radioaktiver Atommüll (z.B. Brennelemente aus dem AVR Jülich und dem FRM II Garching) nach Ahaus gebracht werden darf?
Sehr geehrte Frau Neubaur, wir bitten baldmöglichst um eine Antwort auf unsere Fragen, noch mehr aber darum, dass angesichts der Misere um das Ahauser Atommüll-Lager die erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden.
Mit freundlichen Grüßen,
i.A.:
Hartmut Liebermann, BI Ahaus
Felix Ruwe, BI Ahaus
Matthias Eickhoff, SOFA Münster
Jens Dütting, Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen
Pressemitteilung der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V.
7. Januar 2025
Bauliche Mängel am Ahauser Atommüll-Lager: Hallendach hängt durch. Gorleben-BI: Neubau bei verlängerter Zwischenlagerung „von krachender Aktualität“
Schaut man sich das Forschungsprogramm der bundeseigenen Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) an, dann spielt der Zustand der Lagergebäude nur eine Nebenrolle – für die Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus“ und die BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) hingegen hat der eine große Bedeutung, weil die geringen Wand- und Deckenstärken der Zwischenlagerhallen in Ahaus und Gorleben aus ihrer Sicht keinen hinreichenden Schutz gegen Terrorangriffe oder Flugzeugabsturz bieten.
An den Seitenwänden und der Decke Brennelemente-Zwischenlagers Ahaus (BZA) haben sich jetzt gravierende Mängel in der Statik gezeigt, die zu einem Auseinanderdriften der Wände geführt haben. Als Folge davon hat sich im Deckenbereich eine 2 – 3 cm tiefe Pfütze gebildet, da das 38 Meter breite Hallendach offenkundig durchhängt. Damit dieser Prozess sich nicht fortsetzt, wurden nun Drahtseile von einer Wand zur anderen gespannt.
Felix Ruwe, der Sprecher der Ahaus-BI: „Damit werden die Mängel aber nicht behoben, sondern nur vorübergehend gebremst. Nach unserer Einschätzung handelt es sich um ein meldepflichtiges Ereignis und schränkt die Nutzungsdauer des BZA-Gebäudes stark ein, wir haben die Atomaufsicht informiert. Soviel zu den BGZ-Aussagen bezüglich der „noch lange Zeit sicheren Halle“.“
In einem Brief an NRW-Ministerin Mona Neubaur fordern sie jetzt Klarheit und Konsequenzen: u.a. einen Transportstopp, denn aus dem Forschungszentrum Jülich sollen 125 Castoren in das BZA transportiert werden.
Die Castorhallen in Ahaus und Gorleben sind baugleich, deshalb ruft dieses Ereignis natürlich die Gorleben-BI zugleich mit auf den Plan. Deren Sprecher Wolfgang Ehmke kommentiert: „Es geht in Gorleben bereits jetzt um die verlängerte Zwischenlagerung über das Jahr 2034 hinaus, bereits Ende Januar 2025 will die BGZ über die anstehende Umweltverträglichkeitsprüfung auf einer öffentlichen Veranstaltung informieren, die dem neuen Genehmigungsverfahren vorangestellt wird. Durch das Ereignis in Ahaus bekommt unser wiederholt gestellter Hinweis auf die dünnen Wand- und Deckenstärken und die Forderung nach einem robusten Neubau der Lagerhalle eine krachende Aktualität.“