Dreckiges Uran – gefährliche Atomgeschäfte: Besuch aus den Uranminen des Niger in Münster
Die dreckigen Geschäfte mit der vermeintlich sauberen Atomenergie: Darüber kann
Almoustapha Alhacen, Sprecher der Nichtregierungsorganisation ONG Aghirin’man (Schutz der Seele) aus Arlit (Agadez) im Niger einiges erzählen. Lange Jahre hat er für den französischen Atomkonzern AREVA in den dortigen Uranminen gearbeitet. Am 10. September wird er auf Einladung des Bundestagsabgeordneten Hubertus Zdebel (Fraktion DIE LINKE) gemeinsam mit Peter Bastian von SoFA in Münster zu Gast sein und über die sozialen, ökologischen und gesundheitlichen Folgen des Uranabbaus in einem der ärmsten Staaten der Welt berichten. Alhacen wird Mitte September in Basel für sein Engagement mit dem Nuclear-Free Future Award 2017 ausgezeichnet.
- Politischer Talk mit Brunch – Die dreckigen URAN-Geschäfte – 10.9. um 11.00 Uhr im Linken Zentrum Münster (Achtermannstraße 19), ein politischer Brunch mit Almoustapha Alhacen aus dem Niger, Peter Bastian von SoFA und MdB Hubertus Zdebel über Uranbergbau, Armut und Umweltzerstörung für den Wohlstand in Europa. Der Veranstaltungsflyer ist hier als PDF online.
- Alhacen ist am Tag zuvor auf der Demonstration in Lingen zur Stilllegung der dortigen Uranfabrik und des AKWs. Auch MdB Hubertus Zdebel wird an der Demonstration teilnehmen: Save the date: Am 9. September für die Stilllegung der Uranfabriken in Lingen (und Gronau).
- Zur Person Alhacen siehe auch unten. Die Reise von Alhacen wird organisiert vom Uran-Netzwerk in Zusammenarbeit mit der Rosa Luxemburg Stiftung (Veranstaltungshinweis). Alhacen war bereits 2008 (AKU) und 2014 zu Gast in Münster und besuchte dabei auch die Urananreicherungsanlage in Gronau. Siehe dazu den Bericht der Westfälischen Nachrichten.
Uranbergbau im Niger: Zwischen Umweltzerstörung und Gesundheitsgefahren
Uranbergbau in der Wüste des Niger für den Atomstrom in der Wohlstandszone Europa: Große Wassermengen werden dafür benötigt, um das Uran aus dem Gestein zu lösen. Der Grundwasserspiegel sinkt noch weiter ab. Abraumhalden, deren radioaktiver Staub vom Wind großflächig in der Region verteilt wird. Immer wieder wurde von unabhängigen Organisationen berichtet, wie leichtfertig radioaktiv belastete Materialien aus den AREVA-Minen von der Bevölkerung ohne ihr Wissen weiter verwendet wurde. Greenpeace und das unabhängige französische Strahlenmeß-Netzwerk CRIIRAD stellten an vielen Stellen überhöhte Radioaktivitätswerte fest, registrierten wachsende Zahlen von Erkrankungen.
In einem Spiegel-Artikel aus dem Jahr 2014 heißt es: „Beide Organisationen kommen zu einem verheerenden Ergebnis: Die Strahlung ist fast allgegenwärtig. Sie verbirgt sich in der Erde, in der Luft und im Wasser, in den Hauswänden, ja sogar im Kochgeschirr“ und berichtet weiter: „So lag laut Greenpeace-Bericht der Strahlenwert bei vier von fünf getesteten Wasserproben über der von der Weltgesundheitsbehörde WHO empfohlenen Höchstdosis für Trinkwasser. Denn Areva deckt den gewaltigen Wasserbedarf für den Uranabbau aus dem Grundwasser und leitet die kontaminierten Abwässer anschließend einfach in nahegelegene Seen und Flüsse ab.“
Herkunft des Uran in deutschen Atomanlagen wird vertuscht
Etwa ein Drittel des französischen Urans stammt aus den Uranminen im Niger und es ist wahrscheinlich, dass in deutschen Atommeilern und in den Uranfabriken in Gronau und Lingen dieses dreckige und giftige Schwermetall verwendet wird. Genaues lässt sich nicht sagen, weil die Herkunft des Urans vertuscht wird. Frankreich importiert es aus dem Niger und verkauft es anschließend als französisches (aufbereitetes) Uran weiter. Anfragen an die Bundesregierung, wie viel Uran aus dem Niger in welchen deutschen Atomanlagen eingesetzt wird, bleiben mit dem Verweis auf Frankreich als Exportland damit regelmäßig unbeantwortet (siehe dazu diesen Spiegel-Artikel).
- Über den Uranbergbau im Niger, die Geschäfte mit Frankreich und die militärische Situation im Niger und im benachbarten Mali informiert auch der Blog umweltFAIRaendern in diesem Dossier.
- Eine Rede von Almoustapha Alhacen über den Uranbergbau und die Situation im Niger aus dem Jahr 2009 ist bei urgewald online.
Urangeschäfte mit Niger: Vorteil Frankreich
Obwohl es nach Verhandlungen zwischen AREVA und dem Niger 2014 zu verbesserten Einnahmen aus dem Uranbergbau für das bitterarme Land in der Sahelzone gekommen ist (taz), ist der Niger weiterhin nur gering an den Gewinnen aus den Atomgeschäften beteiligt. Dort heißt es: „Nigers Exporte des Landes bestehen zu über 70 Prozent aus Uran. Nach Angaben von Nichtregierungsorganisationen steht diese Ausfuhr aber nur für 5,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Sie kritisieren „40 Jahre Ausbeutung“.
Die Deutsche Welle (DW) berichtete aus Anlass der neuen Verträge: „Wie Peanuts wirken da die 100 Millionen Euro, die der Konzern jetzt zusätzlich für Entwicklungsprojekte im Niger versprach. Von dem Geld sollen etwa Asphaltstraßen zwischen der Uranstadt Arlit im Norden und Tahoua weiter südlich gebaut werden. Doch auf Strom, fließendes Wasser und Arbeit, von der man leben kann, wartet die Mehrheit der rund 17 Millionen Menschen im Land bislang vergebens. Niger belegt den letzten Platz des Human Development Index (HDI) und zählt somit laut Vereinten Nationen zu den ärmsten und am wenigsten entwickelten Ländern der Welt. Mehr als 60 Prozent der Bevölkerung leben hier von weniger als einem Euro am Tag. Dazu kommen die Gefahren für die Gesundheit der Menschen, die in den Uranabbaugebieten leben und arbeiten. Rund um die Minen von Arlit liegen Millionen Tonnen von Abraum – strahlender Müll, der beim Uran-Abbau anfällt.“
Urangeschäfte im militärischen Krisengebiet
Der Niger gehört zu den ärmsten Ländern der Welt und gehört zur Sahelzone. Die Urananlagen bei Arlitt werden von französischem Militär gesichert, nachdem es dort z.B. 2013 zu Anschlägen und Sabotageaktionen gekommen ist (Spiegel). Die Anschläge standen offenbar auch im Zusammenhang mit dem Militäreinsatz im benachtbarten Mali. Frankreich hatte Truppen dort nach einem Aufstand von Tuaregs und Islamisten zum Einsatz gebracht. Später folgten zusätzlich UN-Truppen mit deutscher Beteiligung. Bis heute sind dort fast 1.000 deutsche SoldatInnen in Mali im Einsatz. Die Grenzen in der Sahel-Region spielen nur eine untergeordnete Rolle. In der Vergangenheit ist es bei den Auseinandersetzungen im Niger rund um die Uranminen auch wiederholt zu Entführungen von AREVA-Managern gekommen.
„Der 1957 geborene Tuareg Almoustapha Alcahen transportierte Salz in Kamelkarawanen bevor er – nichtsahnend – in Arlit Mitarbeiter des Urankonzerns AREVA wurde. Als er sah, wie die Kranken und Toten von der Firma ignoriert und radioaktiver Eisenschrott von lokalen Handwerkern ungehindert weiter verarbeitet wurde, gründete er 2002 die Organisation NGO AGHIRIN`AN (in der Sprache der Tuareg „Schutz der Seele“). Als lautstarker Gegner des Uranabbaus in Niger und Gegner des französischen Konzerns Areva trat er in TV-Shows und auf öffentlichen Veranstaltungen auf. 2015 verlor er seinen Arbeitsplatz. Ohne Mittel kämpft er weiter.“