Atommülllagerung als „nationale Aufgabe“? Nur mit ohne Bayern!
Einen gesellschaftlichen Konsens bei der Atommülllagerung sollte es geben. So hatten es die Partei-, Fraktions- und Regierungsspitzen in Bund und Ländern im Sommer 2013 verkündet. Von historischen Momenten und einem Neustart wurde fabuliert. Wie wenig Substanz das hatte, zeigten nicht nur die massiven Einsprüche seitens der Anti-Atom-Gruppen und Umweltverbände, die bis heute überwiegend den vermeintlichen Neustart z.B. ablehnen weil Gorleben als Standort immer noch im Rennen ist. Das Bundesland Bayern jedenfalls lässt keine Möglichkeit aus, um zu zeigen, dass ihnen das Geschwätz von gestern ziemlich egal ist: Atommülllagerung – nicht bei uns!
- Aktuell siehe auch: Neues Atommüll-Programm der Bundesregierung – unter Vorbehalt
Für den vermeintlichen Neustart bei der Suche nach einem Atommülllager für hochradioaktive Abfälle im Sommer 2013 kam es zu eigenartigen Deals: Einerseits wollte man den Salzstock in Gorleben nicht von der neuen, angeblich ergebnisoffenen Suche ausschließen, andererseits sollte aber kein weiterer Atommüll mehr in das dortige oberirdische Zwischenlager. Nur so war die Zustimmung des Bundeslandes Niedersachsen zu erhalten, das damit allerdings gleich Wahlversprechen (Gorleben muss raus!) opferte.
Jedenfalls: Der Deal machte es erforderlich, dass insgesamt 26 Castor-Behälter mit Atommüll aus der Wiederaufarbeitung bundesdeutscher Brennelemente in Frankreich und England nicht mehr mit dem Reiseziel Gorleben auf die Reise gehen durften. Neue Lagerorte mussten also her. Bis heute ist dafür keine Lösung gefunden!
Schleswig-Holsteins grüner Energieminister bot das Castor-Lager am AKW Brunsbüttel an. Allerdings nur für einen Teil der Castoren. Im Frühjahr allerdings brachte das Oberverwaltungsgericht in Schleswig diesen Vorschlag zu Fall: Es hob – wegen Mängeln und Fehlern bei den Sicherheitsnachweisen – die Genehmigung für den Betrieb dieses Lagers auf. Oops.
Baden-Württembergs grüner Umweltminister Franz Untersteller sagte für ebenfalls einen Teil der Castoren seine Bereitschaft zu. Aber: Es brauchte ein weiteres, drittes Bundesland. Und es sollte eines sein, in dem die CDU oder CSU an der Regierung beteiligt war. So eine Art politischer Lastenausgleich.
Aber da ist Seehofer vor, und nicht nur er. Landräte rund um den inzwischen vom Bundesumweltministerium anvisierten AKW-Standort Isar/Ohu halten WAA-Atommüll an ihrem Standort für Teufelszeug. Es gäbe ja immerhin Gorleben, so hieß es jüngst. Und auch die Landesregierung ist gegen eine Lagerung dieser Abfälle in Bayern. „Die niederbayerischen Landräte fordern die Bundesregierung unter diesen Aspekten eindringlich auf, gemeinsam mit der bayerischen Staatsregierung und allen Bundesländern ein schlüssiges Konzept zur Zwischen- und Endlagerung von Atommüll auszuarbeiten. Sollte dabei der Standort Gorleben als „nicht geeignet“ befunden werden, ist nach nachvollziehbaren Kriterien unter Beteiligung der Bundesländer die Unterbringung bzw. Verteilung der Castoren zu regeln.“ (Siehe den Beschluss hier als PDF)
Richtig aber wäre eins: Es braucht in jedem Fall erhebliche Nachrüstungen bei den Zwischenlagern, in die die WAA-Abfälle aus Frankreich und La Hague am Ende gehen sollen. Dazu aber fordern die Landräte nichts und das Bundesumweltministerium arbeitet dazu ebenfalls auf Sparflamme. So wäre z.B. die Nachrüstung von so genannten Heißen Zellen erforderlich, damit im Falle von Undichtigkeiten bei den Castoren eine Reparatur vor Ort möglich wäre.
Aber nicht nur bei den WAA-Rücktransporten sperrt sich Bayern: Der Spiegel bringt es auf den Punkt: „Atommüll: Bayern sperrt sich komplett gegen Endlagersuche“ heißt es in einem Bericht.
Die Linie ist im Grunde recht einfach: Natürlich sei man total dabei, wenn es um eine neue Atommülllager-Suche gehe, völlig ergebnisoffenen, sowieso! Aber klar sei ja in jedem Fall irgendwie auch, dass ein Atommüll-„Endlager in Bayern in Wirklichkeit gar nicht möglich ist. Der Spiegel fasst das so zusammen: „“Die Suche ist ergebnisoffen“, erklärt das Bayerische Umweltministerium zwar auf Anfrage. „Nach vorliegenden Erkenntnissen des Bayerischen Landesamtes für Umwelt über den geologischen Untergrund sind Standorte in Bayern aber nicht geeignet für die Endlagerung“, teilt das Ministerium mit.“
Und dort ist auch richtigerweise weiter zu lesen: „Tatsächlich hat die Bundesanstalt für Geowissenschaft und Rohstoffe BGR längst eine Karte vorgelegt, die Gesteinsformationen zeigen, in denen hochradioaktiver Müll verschlossen werden könnte. Salzstöcke, Tonschichten und Granitgebirge gelten als geeignet. Mit Ausnahme des Saarlands, Rheinland-Pfalz und den drei dicht besiedelten Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg kommen den Experten zufolge alle Länder infrage.
- Zur BGR-Studie siehe hier mehr: Atommüll-Kommission will reden: Mit Atommüll-Regionen, Endlager-Regionen und – nur wie – mit „kritischen Gruppen“
Bayern würde „Kernaussagen des BGR-Berichtes nicht korrekt wiedergeben“, hatte das Bundesamt für Strahlenschutz bereits vor vier Jahren moniert. Die Weigerung Bayerns widerspricht der Haltung der anderen Länder: „Es gibt keine geografischen Vorfestlegungen – selbstverständlich gilt das auch für Baden-Württemberg“, sagt etwa das Umweltministerium in Baden-Württemberg. Wolle man die Endlagersuche erfolgreich abschließen, müssten sich alle Beteiligten vor einseitigen Urteilen hüten.
„Bayern steht in der Verantwortung“, erklärt das niedersächsische Umweltministerium. „Ob es dort geeignete Standorte gibt, kann nur auf Basis der Kriterien der Atommüllkommission beantwortet werden.“ Niedersachsen, das über Jahrzehnte mit dem Salzstock Gorleben im eigenen Land von der Endlagersuche geplagt wurde, kommt nach eigener Ansicht weiterhin infrage – „wie jedes andere Bundesland“, sagt ein Sprecher.“
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