Jülicher Atommüll: Rechtliche Prüfung eines US-Exports dauert an
Die grundsätzliche Prüfung der Bundesregierung, ob ein Export von hochradioaktivem Atommüll aus dem Atom-Versuchsreaktor Jülich in die USA rechtlich zulässig wäre, dauert an. Das teilt die Bundesregierung auf eine entsprechende Frage dem Bundestagsabgeordneten Hubertus Zdebel (DIE LINKE) mit. Die Prüfung erfolgt ohne Beteiligung der Öffentlichkeit durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), das in dieser Frage fachlich dem Bundesumweltministerium (BMU) zugeordnet ist.
- Die Fragen und Antworten sind hier im Protokoll der Bundestagssitzung vom 6. Juni 2019 (Frage 57, PDF)) enthalten. Siehe auch gleich unten im Text.
- Nachgefragt: US-Export von hochangereicherten Uran-Kugeln aus Atomkraftwerk AVR Jülich zulässig?
Zdebel: “Ein Export des hochradioaktiven Atommülls aus dem zur Stromerzeugung genutzten Atomreaktor Jülich ist spätestens seit 2005 rechtswidrig. Es gibt auch sonst keine Gründe, warum der hochradioaktive Atommüll exportiert werden müsste. Statt Atomtransporte egal wohin zu planen, braucht es ein neues Zwischenlager in Jülich, das den Sicherheitsanforderungen gerecht wird. Es ist höchst Zeit, dass alle Verantwortlichen in der Bundesregierung und in der NRW-Landesregierung endlich an einem Strang ziehen und eine solche Lösung schnellst möglich betreiben.”
Zdebel spricht damit jüngste Entwicklungen an, nach denen möglicherweise eine weitere begrenzte Zwischenlagerung in Jülich wieder zulässig und ein neues Lager gebaut werden könnte.
- Atommülllager Jülich: Interessenskonflikte unter Ministerien statt Sicherheit
- Entscheidung über Exportgenehmigung für Atommüll aus Jülich in die USA weiter offen
Anlass der Prüfung ist ein Antrag der Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen (JEN), die zu Textzwecken 33 frische Brennelemente-Kugeln mit hochangereichertem Uran in die USA exportieren wollen, um dort auf Kosten der hiesigen Steuerzahler*innen ein bis heute nicht existierendes Verfahren zur Wiederaufarbeitung von insgesamt 152 Behältern mit tausenden hochradioaktiver AVR-Brennelement-Kugeln entwickeln zu können. Die Wiederaufarbeitung ist in der Bundesrepublik seit 2005 für Reaktoren zur Stromerzeugung atomrechtlich verboten. Um einen solchen Reaktor aber handelte es sich bei dem AVR Jülich, der als Prototyp entwickelt und damals von mehreren Stadtwerken für die Stromerzeugung gebaut und betrieben wurde (Siehe Wikipedia).
Hintergrund ist, dass die Zwischenlagerung der hochradioaktiven Atomabfälle aus dem AVR in Jülich in der derzeitigen Halle nicht mehr ausreichend sicher ist und das Land NRW angeordnet hat, das Lager möglichst schnell zu räumen. Dazu soll JEN ein Konzept vorlegen. Demnach könnte es zu einem Neubau eines Zwischenlagers in Jülich kommen, zu einem Abtransport der 152 Castor-Behälter in das Zwischenlager nach Ahaus oder aber aus Sicht von JEN und offenbar auch des Bundesforschungsministeriums zur Wiederaufarbeitung in die USA.
Da bis heute ein technischen Verfahren zur Wiederaufarbeitung der speziellen AVR-Brennelemente nicht existiert, müsste es in den USA erst entwickelt werden. Bis heute ist es aber noch nicht gelungen, entsprechende Verfahren zu entwickeln, die in größerem Maßstab in der Lage wären, die hochradioaktiven Graphit-Uran-Kugeln aufzuarbeiten. Um dazu nötige Forschungsarbeiten betreiben zu können, will JEN der Savannah River Site in den USA 33 frische Brennelemente-Kugeln aus dem AVR schicken. Um einen solchen Export von Kernbrennstoffen durchführen zu können, benötigt JEN eine Genehmigung durch das BAFA. Nachdem JEN einen entsprechenden Export-Antrag gestellt hat, hat das staatliche Unternehmen gegen das BAFA im September 2018 Klage wegen Untätigkeit eingereicht.
Dokumentation:
Frage 57
Antwort der Parl. Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter auf die Frage des Abgeordneten Hubertus Zdebel (DIE LINKE):
Frage: Hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle inzwischen die Genehmigung für den Export von hochangereicherten frischen Uranbrennstoffkugeln des AVR Jülich in die USA erteilt, und bedeutet eine solche Ausfuhrgenehmigung aus Sicht der Bundesregierung auch, dass ein Export der bestrahlten Kugelbrennelemente aus dem AVR, die derzeit in 152 Castor-Behältern in Jülich ohne ausreichende atomrechtliche Genehmigung aufbewahrt werden, dann grundsätzlich rechtlich ebenfalls zulässig wäre (siehe Sachstandsbericht des Wirtschaftsministers des Landes Nordrhein-Westfalen, Prof. Dr. Andreas Pinkwart, vom 27. Juni 2018, www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV17-931.pdf)?
Antwort: Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat die Genehmigung nach § 3 Atomgesetz zur Ausfuhr der 33 Brennelementkugeln bislang nicht erteilt. Die JEN Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen mbH (JEN) hat im September 2018 Klage gegen das BAFA erhoben. In der Klageerwiderung der Beklagten wird die Auffassung vertreten, dass die Sachentscheidungsvoraussetzungen derzeit nicht vorliegen, weshalb das Verfahren nach § 75 Satz 3 VwGO auszusetzen ist. Eine Entscheidung steht noch aus.
Aus Sicht des Bundesumweltministeriums besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Ausfuhr dieser 33 frischen Brennelementkugeln und der möglichen Ausfuhr der bestrahlten Brennelemente in den genannten 152 Behältern der Bauart CASTOR® THTR/AVR. Das BAFA und das Bundesumweltministerium prüfen zurzeit aufgrund des Antrags der JEN die Frage der Zulässigkeit des Exports der 152 Behälter.