Der Euratom-Vertrag, die EU-Kommission, eine Bundesregierung und eine Reform?
Kommt es zu einer „Modernisierung des Euratom-Vertrages“? Die EU-Kommission hat dazu eine Mitteilung mit dem Titel „Eine effizientere und demokratischere Beschlussfassung in der Energie- und Klimapolitik der EU“. Mit Blick auf die darin vorgestellten Vorschläge zum Verfahren für eine Änderung des Euratom-Vertrag hatten Hubertus Zdebel und die Fraktion DIE LINKE die Bundesregierung bzw. das Bundesumweltministerium um einen schriftlichen Bericht für den Umweltausschuss gebeten, in dem dargelegt werden solle, mit „welchen Inhalten und Zielen“ auf die Mitteilung der EU-Kommission reagiert werden solle (siehe auch hier).
Das Berichtsersuchen für den nicht öffentlich tagenden Umweltausschuss des Bundestages war konkret verbunden mit der Bitte, darzulegen, „welche Experten für die angekündigte Sachverständigengruppe berufen werden sollen, um eine Weiterentwicklung des Euratom-Vertrags auf den Weg zu bringen, und schließlich ob und in welcher Weise angestrebt wird, den Atom-Förder-Charakter aus dem Euratom-Vertrag endlich konsequent zu streichen?“
Wie so oft, wenn es um die Atompolitik der amtierenden Bundesregierung aus SPD und CDU/CSU geht, bleiben die Antworten eher in so einem Nebel und in nicht so ganz verbindlichen bzw. klaren Aussagen stecken. Insofern deckt sich der vom Ministerium vorgelegte Bericht mit den unklaren Verabredungen im Koaliltionsvertrag. Im Koalitionsvertrag ist u.a. vorgesehen anzustreben, dass „die Zielbestimmungen des Euratom-Vertrages hinsichtlich der Nutzung der Atomenergie an die Herausforderungen der Zukunft angepasst werden.“
So mag die Bundesregierung in ihrem Bericht nicht mal so richtig klar und eindeutig das Ziel benennen, wenigstens den Fördercharakter des Euratomvertrages zugunsten der Atomenergie abzuschaffen. Bis heute braucht es für Entscheidungen zum Euratomvertrag einstimmige Entscheidungen, der Übergang zu Mehrheitsentscheidungen ist ohne vorherige (einstimmige) Änderungen nicht möglich. Davon ist zum Beispiel die Abschaffung des Förderzwecks oder die Erhöhung des Schutzzwecks bei der Atomenergienutzung betroffen.
Die Bundesregierung erläutert, dass die EU zu diesen Dingen konkret nichts sagt, auch nicht zur Auswahl zu bestellender Expert/innen oder zum Mandat der Sachverständigengruppe, die die Kommission für eine „Reform“ bis nach 2025 in der Mitteilung vorschlägt. Die Bundesregierung wiederum werde sich einer Hochrandigen Expertengruppe nicht verschließen, schweigt aber ebenfalls über Vorstellungen und Expert/innen für eine solche Gruppe. Aber immerhin wäre das alles ein „erster Schritt“, die Reform des Euratom-Vertrages anzugehen, heißt es.
Aber vorsicht, bei zu viel ungestüm: Es könnten ja auch pro-Atom bei einer solchen eifrigen Euratom-Reform herauskommen, die entgegen deutschen Interessen und deutscher Atompolitik zu einer weiteren Verankerung nuklearfreundlicher Positionen wie „Atomenergie ist klimafreundlich“ oder „EU-Finanzierungsforderungen pro Atomkraft (Neubauten/Laufzeitverlängerungen) führen könnten. Dass müsse man also genau prüfen und schauen, ob man so eine Reform machen wolle, wenn am Ende die Belange der Nichtnuklearstaaten sowie Aussteigerstaaten nicht ausgewogen berücksichtig würden.
Einen Zeitplan für die „Reform“ hat die EU-Kommission nicht vorgeschlagen. Weiteres ist erst zu erwarten, wenn die neue Kommission im Amt ist und ein Arbeitsprogramm vorgelegt hat. Das müsse, so die Sicht der Bundesregierung, abgewartet werden und ist dann kritisch zu prüfen.