Nachgefragt: Rechtswidrige Reaktoren in Europa – Wann handelt die Bundesregierung?
Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sind laut Medienberichten derzeit mindestens 18 Atomkraftwerke in der EU rechtswidrig in Betrieb. Der EuGH hatte Ende Juli entschieden, dass für die Laufzeitverlängerung der belgischen Alt-Reaktoren Doel 1 und 2 eine Umweltverträglichkeitsprüfung inklusive einer grenzüberschreitenden Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlich gewesen wäre. Der Bundestagsabgeordnete Hubertus Zdebel (Fraktion DIE LINKE) fordert die Bundesregierung nun auf, sich für die umgehende Stilllegung der betroffenen AKWs in den Nachbarländern einzusetzen.
Außerdem will er mit einer Schriftlichen Frage (siehe unten) in Erfahrung bringen, wie es um das Exportverbot für die Lieferungen von Uranbrennstoff für marode Atomreaktoren in den europäischen Nachbarstaaten bestellt ist. CDU /CSU und SPD hatten im Koalitionsvertrag eine Prüfung vereinbart, wie derartige Exporte rechtssicher verhindert werden können. Zuletzt sind aber im Juli erneut solche Uran-Exporte nach Belgien mit Genehmigung der Bundesregierung durchgeführt worden.
- Abschalten, dann prüfen – EuGH-Urteil zur AKW-Laufzeitverlängerung
- Pressemitteilung des Europäischen Gerichtshofs (PDF) zum Urteil über die rechtswidrige Laufzeitverlängerung für Doel 1 und 2. (Siehe auch hier)
- Mehr Informationen über maroden Atomkraftwerke Doel und Tihange hier
- Mehr Informationen über Uran-Exporte und die Uranfabriken Gronau und Lingen.
Der Bundestagsabgeordnete Zdebel kritisiert, dass immer mehr immer ältere Atommeiler in Europa in Betrieb sind und die Risiken schwerster Atomunfälle damit weiter steigen. Obwohl die Bundesrepublik bis Ende 2022 schrittweise aus der Atomenergie aussteigt, versorgen die Uranfabriken in Gronau und Lingen ohne jede Befristung Atommeiler in aller Welt mit Uran-Brennstoff. Darunter auch die maroden Atommeiler Doel und Tihange in Belgien, deren Betrieb wegen tausender Risse in den Reaktordruckbehältern höchst umstritten ist. Zdebel setzt sich mit der Fraktion DIE LINKE dafür ein, dass die Uranfabriken in Gronau und Lingen stillgelegt werden und Uran-Exporte beendet werden.
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs basiert auf eine Klage gegen den Betrieb der beiden Reaktorblöcke von Doel in Belgien. Das dort zuständige Gerichte muss nun noch das EuGH-Urteil umsetzen.
Dokumentation: Schriftliche Frage des Bundestagsabgeordneten Hubertus Zdebel an die Bundesregierung
In welcher Weise wird die Bundesregierung mit den laut Bundesumweltministerium (BMU) „guten Argumenten“ (siehe Quelle) aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshof, wonach die Verlängerung der Laufzeiten für die belgischen Atomreaktor-Blöcke Doel 1 und 2 wegen fehlender Umweltverträglichkeitsprüfungen und einer erforderlichen grenzüberschreitenden Öffentlichkeitsbeteiligung nicht rechtens war, gegenüber den Nachbarländern darauf drängen, dass die offenbar insgesamt mindestens 18 AKWs im EU-Ausland (siehe: https://www.spiegel.de/wirtschaft/atomkraft-dutzende-meiler-in-europa-laufen-offenbar-ohne-genehmigung-a-1282287.html), die ebenfalls eine Laufzeitverlängerung ohne eine solche grenzüberschreitenden Öffentlichkeitsbeteiligung erhalten haben, solange abgeschaltet werden bzw. keine Kernbrennstoffe aus bundesdeutschen Uranfabriken mehr erhalten werden, bis entsprechende Beteiligungsverfahren nachgeholt worden sind und in welcher Weise hat sich die EU inzwischen zur Frage des BMU (siehe Antwort auf Schriftliche Frage 4/474, 9. Mai 2019) geäußert, ob ein nationales Export-Verbot für Kernbrennstoffe zulässig ist? (Quelle: BMU PM 29.7.2019, https://www.bmu.de/meldung/stellungnahme-des-bundesumweltministeriums-zum-eugh-urteil-zu-doel/)