Neue Uran-Brennstoffe für alte Reaktoren

Neue Uran-Brennstoffe für alte Reaktoren

Die Atomlobby ist nicht nur dabei, neue nukleare Anwendungen und dafür erforderliche neue Uran-Brennstoffe zu entwickeln. Auch für die immer älteren noch in Betrieb befindlichen Atommeiler in aller Welt wird intensiv an neuen Uran-Brennstoffen gearbeitet. Diese sollen bei niedrigeren Kosten eine höhere Stromausbeute ermöglichen und damit gegenüber den Erneuerbaren Energie Kosten-Nachteile reduzieren. In den USA wird dazu – mit deutscher Unterstützung – unter anderem auch eine höhere Anreicherung des spaltbaren Uran-235 angestrebt. Der zu Rosatom gehörende russische Konzern TVEL geht eine andere Richtung: Das Uran wird kompaktiert, so dass sogar eine niedrigere Anreicherung eine höhere Stromausbeute ermöglichen soll. Klar dürfte sein, dass bei allen Entwicklungen mit veränderten Brennstoffen in Alt-Anlagen auch veränderte Sicherheitsanforderungen entstehen. (Foto: Old school – Brennelementefertigung in Lingen)

Die Aktivitäten der internationalen Atomlobby zur Herstellung neuer Nuklear-Brennstoffe sind überaus vielfältig. So sind Brennstoffe bzw. Brennelemente in der Entwicklung, die im Falle eines Versagens der Kühlung möglichst nicht oder verspätet schmelzen bzw. kritisch werden sollen. Damit – so die Versprechungen, könnten die Auswirkungen schwerer Unfälle eingegrenzt werden. Russland, China und nun auch die USA arbeiten auch intensiv daran, für neue mobile und modulare Reaktoren, die noch allesamt in der Erforschung sind, mit fast atomwaffenfähig angereichertem Uran (19,75 Prozent) ihre Ziele zu erreichen.

In den USA ist ein Auftrag für die Herstellung von rund 600 KG solchen Brennstoff ein Auftrag gerade an die us-amerikanische Centrus Energy gegangen. URENCO ist damit vorerst aus dem Rennen, was diesen Brennstoff für den US-Markt angeht, verfolgt aber mit einer eigenen Uran-Batterie eigene Wege. Militärs und Rohstoff-Konzerne sind an diesen neuen Mini-Reaktoren besonders interessiert.  Sie sollen ohne Wartung für drei bis fünf Jahre Strom und Wärme erzeugen, bei einer Leistung von 5 – 30 MW. Ob das funktionieren wird, ist unklar. Aber es wird sehr viel Geld in diese Technik gesteckt.

Andere Entwicklungen neuartiger Brennstoffe sind für die bis heute noch am Netz befindlichen herkömmlichen Atomreaktoren vorgesehen. Dabei geht es vor allem darum, die Wirtschaftlichkeit, also die Stromausbeute zu erhöhen. Damit wird natürlich auch eine weiter Verlängerung der Laufzeiten angestrebt, sodass immer ältere Reaktoren mit immer intensiver ausgenutzten Sicherheitsmargen konfrontiert werden.

Auch das teilweise deutsche Unternehmen URENCO will dazu in den USA jetzt Uran bis zu 10 Prozent anreichern. Dass hatte die Bundesregierung jüngst eingeräumt. Bislang wird Uran-Brennstoff in den bestehenden AKWs zwischen 3 – 5 Prozent angereichert. Eine erhöhte Anreicherung erhöht die Stromerzeugung und reduziert möglicherweise die Stillstandszeiten. Die USA wollen damit ihre Klimaziele erreichen, indem die AKWs möglichst länger laufen. Ohne eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit wären aber längere AKW-Laufzeiten nicht denkbar. Und es braucht weitere Maßnahmen, wie z.B. Steuervergünstigen, über die die US-Regierung derzeit berät. Für die teilweise deutsche URENCO ist das ein Markt, in dem sie mit einer neuen Genehmigung für bis zur 10 Prozent Anreicherung jetzt einsteigen wird – wenn es vorerst beim sogenannten HALEU (siehe oben) schon nicht so wie gewünscht klappt.

Der russische Brennstoffkonzern TVEL verfolgt eine andere Linie, mit der der Uranbrennstoff zu einer erhöhten Stromausbeute bei den laufenden Alt-Anlagen beitragen soll. Darüber berichtet aktuell World Nuclear News. Demnach wird das Uran höher verdichtet, sodass die Energieausbeute auch bei weniger hoch angereichertem Uran verbessert werden kann, so die Meldung. Nachdem TVEL bereits mit dem Betreiber von Paks in Ungarn entsprechende Verträge geschlossen hat, ist es dem Unternehmen nun gelungen, auch einen Vertrag mit dem finnischen Betreiber der AKWs in Loviisa abzuschließen.

WNN berichtet auf seiner Seite, dass bei Entwicklungsarbeiten für diesen neuen Brennstoff zahlreiche Einrichtungen beteiligt waren: „The company noted the project has involved the participation of a number of Russian nuclear industry enterprises, such as OKB Gidropress (part of Rosatom’s machine-building division Atomenergomash), Bochvar Institute (TVEL’s material science research facility), Elemash Machine-building plant and the Kurchatov Institute national research centre. The new fuel passed a range of hydraulic, longevity and vibration tests at the site of OKB Gidropress research and experiment facility.“

In Finnland handelt es sich um zwei Reaktoren vom russischen Typ VVER-440, der Vertrag war demnach bereits im März 2018 vereinbart worden. Schon im November 2017 hatte TVEL mit MVM Paks Verträge für wdie Entwicklung dieser Brennstoffe für die ebenfalls VVER-440-Reaktoren unterzeichnet.  Dabei wurden unterschiedliche Lösungen für die jeweiligen Reaktoren bzw. die Brennelemente umgesetzt.

Weiter informiert WNN: „The new modification of second-generation VVER-440 fuel for the Paks plant enables an increase in the coolant volume inside the reactor core and optimisation of the hydro-uranium ratio, which will have a positive impact on both the technical and economic performance of the power unit, TVEL said.

„Using the new design of a fuel bundle with increased uranium capacity, we have developed two different solutions of VVER-440 fuel cycle strategy for our customers in Hungary and Finland, taking into account their individual requirements,“ said Alexander Ugryumov, vice president for Research, Development and Quality at TVEL JSC. „While the Paks plant in Hungary will enhance economic efficiency by decreasing the amount of fuel bundles loaded in the reactor core, the team at the Loviisa plant decided to maintain the same number of fuel assemblies, but lower their uranium enrichment level. In both cases, our engineering projects will make power plant operation in Finland and Hungary more efficient.“

Zu deutsch (danke an Deepl.com): „Während die Anlage in Paks in Ungarn die Wirtschaftlichkeit durch die Verringerung der Anzahl der in den Reaktorkern geladenen Brennelemente erhöhen wird, hat sich das Team in der Anlage in Loviisa entschieden, die gleiche Anzahl von Brennelementen beizubehalten, aber den Urananreicherungsgrad zu verringern. In beiden Fällen werden unsere Engineering-Projekte den Kraftwerksbetrieb in Finnland und Ungarn effizienter machen.“

TVEL wird künftig intensiver auch mit dem französischen Atomkonzern Framatome zusammenarbeiten. An der in Deutschland betriebenen Uran-Brennelementefabrik von Framatome in Lingen, wird sich TVEL mit 25 Prozent beteiligen. Siehe dazu auch diesen Artikel online auf der Seite vom Freitag. Die Uranfabrik ist ebenso wie eine weiter Brennstofffabrik in Gronau bis heute vom Atomausstieg ausgeschlossen. Die Anlagen verfügen über unbefristete Genehmigungen und versorgen weltweit Alt-Reaktoren mit Brennstoff. Natürlich sind die Konzerne bemüht, ihren Anteil am Weltmarkt auch künftig auszubauen.

Dirk Seifert

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