BUND erhebt Einwendungen: Hochradioaktive nukleare Terrorgefahren führen zu Neubau eines Atommülllagers in Lubmin

BUND erhebt Einwendungen: Hochradioaktive nukleare Terrorgefahren führen zu Neubau eines Atommülllagers in Lubmin

Weil das bisherige Atommülllager nicht entsprechend den Anforderungen für den nuklearen Terrorschutz nachgerüstet werden kann, muss in Lubmin jetzt eine neue Zwischenlagerhalle für hochradioaktiven Abfall gebaut werden. Vor dem Hintergrund der Kriegshandlungen in der Ukraine und den Angriffen gegen dortige Atomanlagen sind die Risiken der Atomenergie auch als militärische Angriffsziele noch einmal deutlicher in den Focus geraten. Gegenüber bestehenden Atommüllhallen mit hochradioaktivem Atommüll sollen in Lubmin die Stahlbeton-Wände noch einmal deutlich verstärkt werden. Der BUND will im Rahmen des jetzt angelaufenen atomrechtlichen Genehmigungsverfahren über die Sicherheitsprobleme und -risiken der Atommüll-Lagerung diskutieren. Seit Jahren fordert der Umweltverband eine offene gesellschaftliche Debatte über die ungelösten Atommüllrisiken. Deswegen bietet der BUND Mecklenburg-Vorpommern nun mit einer Sammeleinwendung die Möglichkeit, sich einzumischen und über die Sicherheitsanforderungen bei der Genehmigung eines neuen Atommüll-Zwischenlagers mit Betreibern und Behörden zu streiten. Bundesweit können Einwendungen erhoben werden.

Drei bauliche Sicherheitsklassen gibt es derzeit: In Gorleben und Ahaus sind die Stahlbetonwände nur knappe 20 cm Stark. Etwas dickere Wände gibt es bei den süddeutschen Zwischenlagern und noch mal mehr in Norddeutschland. Doch ausgerecht im Norden haben oberste deutsche Gerichte für das Zwischenlager in Brunsbüttel die Genehmigung aufgehoben, weil erhebliche Fehler und Mängel begangen wurde. Behörde bestreiten das bis heute – nur der Geheimschutz wäre verantwortlich. Real gäbe es keine Sicherheitsdefizite. Seit dem Ukraine-Krieg räumen IAEO und Behörden in Deutschland aber ein, dass gegen gezielte militärische Angriffe eine Atomanlage nicht gesichtert ist.

Nun sollen in Lubmin neue Maßstäbe umgesetzt werden. Aber wird das ausreichen? Denn klar ist auch: Die Zwischenlagerung hochradioaktiver Abfälle ist nicht nur immer neuen Terrorgefahren ausgesetzt. Weil es ein Endlager immer noch nicht gibt, wird der Atommüll viel länger in den Hallen und in den Castor-Behälter bleiben müssen, als bisher vorausgesagt. Das wiederum stellt erhebliche Fragen an die Sicherheit – nicht nur der Lagerhallen, sondern auch an die Behälter und die Abfälle in ihrem inneren. Bis hin zu der Frage, ob in den Behältern möglicherweise die hochradiaktiven Abfälle erneut kritisch werden und explodieren könnten.

DOKUMENTATION : Sicherere Atommüll-Zwischenlagerung jetzt!

 

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) lehnt die Nutzung der Atomkraft ab. Verseuchte Gebiete beim Uranabbau, Strahlenemissionen beim AKW-Betrieb, die Risiken eines Unfalls oder Terroranschlags und nicht zuletzt die ungelöste Frage nach dem Verbleib der über Jahrtausende strahlenden Abfälle – all dies macht Atomkraft untragbar. Wir wollten zu keiner Zeit den Atommüll – dennoch ist er nun da und steht in über 1100 Behältern deutschlandweit an unsicheren Zwischenlagern. Der BUND setzt sich für einen verantwortungsvollen Umgang mit den Hinterlassenschaften der Atomindustrie ein. Wir fordern den bestmöglichen Schutz bei der Lagerung der radioaktiven Abfälle.

Zwischenlager sind aktuell ungenügend gesichert

In Mecklenburg-Vorpommern lagern am stillgelegten Atomkraftwerk Greifswald, das sich auf dem Gebiet des Seebades Lubmin befindet, 585 Tonnen hochradioaktiver Atommüll in Castorbehältern. Die eingelagerten Abfälle stammen sowohl aus dem ehemaligen Kraftwerk als auch aus weiteren deutschen Anlagen. Das bestehende Zwischenlager kann nicht entsprechend der aktuellen Sicherheitsanforderungen nachgerüstet werden, insbesondere gegen Störmaßnahmen und sonstigen Einwirkungen Dritter (SEWD) wie etwa Terrorangriffe. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine zeigt deutlich, welche Gefahren von Atomanlagen auch durch Angriffe von außen ausgehen. Durch Geschosse, die Atomkraftwerke oder Atommüll-Zwischenlager treffen könnten, droht eine nukleare Katastrophe. Zwischenlager müssen daher maximal gesichert und gegen Bedrohungen gerüstet werden.

Planungen für neues Zwischenlager in Lubmin nicht ausreichend

Am Standort des ehemaligen AKW Greifswald soll nun ein neues Zwischenlager entstehen – das sogenannte Ersatztransportbehälterlager (ESTRAL). Die aktuellen Pläne weisen aus Sicht des BUND jedoch große Mängel auf und bedürfen erheblicher Nachbesserung. Auch ist heute schon absehbar, dass ein sogenanntes Endlager für den Atommüll erst sehr viel später in Betrieb gehen wird, als geplant. Deshalb ist die Zwischenlagerung, auch in Lubmin, hochwahrscheinlich bis zum Ende des Jahrhunderts notwendig. Die aktuellen Sicherheitsanalysen und -einrichtungen sind jedoch nicht auf diesen langen Zeitraum ausgelegt. In den Planungen fehlt außerdem eine Reparatureinheit, eine sogenannte „heiße Zelle“, um defekte Castoren zu öffnen.

Sicherere Zwischenlager überall!

Der BUND ist sich bewusst, dass eine Zwischenlagerung des Atommülls notwendig ist. Das neue Zwischenlager Lubmin kann zum Vergleichsfall für andere Zwischenlagerplanungen in Deutschland werden und muss daher einen neuen Standard für einen verantwortungsvollen und sicheren Umgang mit radioaktiven Abfällen setzen. Wir fordern für Mensch und Umwelt an jedem Zwischenlagerstandort die bestmögliche Sicherheit und allumfassenden Schutz. Damit muss in Lubmin begonnen werden.

Sammeleinwendung gegen den geplanten Neubau des Zwischenlagers ESTRAL in Lubmin

Um an der atomrechtlichen Öffentlichkeitsbeteiligung beim Neubau des Zwischenlagers teilzunehmen, müssen Sie im Rahmen der laufenden Auslegungsfrist der Antragsunterlagen eine Einwendung erheben. Dies ist auch über die vorliegende Sammeleinwendung möglich. Erst durch Ihre Einwendung haben Sie die Möglichkeit mit dem Antragsteller und der Genehmigungsbehörde zu diskutieren und sich für verbesserte Sicherheit einzusetzen. Von dieser Möglichkeit sollten Sie auch dann Gebrauch machen, wenn Sie an einem anderen Zwischenlager-Standort wohnen und dieses mit dem neuen Lager in Lubmin vergleichend diskutieren wollen.

Gegen das beantragte Ersatztransportbehälterlager (ESTRAL) in Lubmin habe ich folgende Einwendungen:

 

    1. Die Dauer der erforderlichen Aufbewahrungszeit der zu lagernden Behälter sollte sich an konservativen Schätzungen zur Inbetriebnahme des Endlagers orientieren und nicht an unrealistischen Angaben aus dem Standortauswahlgesetz. Die Dauer der Zwischenlagerung ist von großer Bedeutung: Sie bestimmt den Umfang der von der Behörde geforderten Sicherheitsanalysen und Einrichtungen für ESTRAL.
    2. Es ist es dringend erforderlich, das Alterungsmanagement auch auf das Innere der Behälter auszudehnen.
    3.  Aufgrund der zu erwartenden notwendigen langen Lagerzeiten sollte im ESTRAL eine „Heiße Zelle“ vorhanden sein, in der ein Austausch von Primärdeckeldichtungen sowie die Überprüfungen von Inventar und Einbauten im Behälterinnenraum möglich sind.  Die im ESTRAL aufzubewahrenden Behälter sind alle mit sehr speziellen Abfällen befüllt, auch daher ist eine stichprobenartige Überprüfung erforderlich.
    4. Im Lagergebäude sollte eine kontinuierliche Überwachung der Raumluft oder der Abluft installiert werden.
    5. Da bei der bisherigen Herstellung der CASTOR-Behälter Qualitätsmängel aufgetreten sind, muss dieses in den Sicherheitsanalysen als auch in der Betriebsüberwachung angemessen berücksichtigt werden.
    6. Der Nachweis, ob das Doppeldeckel-Dichtsystem nach einer langfristigen Zwischenlagerung einen sicheren Abtransport gewährleisten kann, muss deutlich vor Ablauf der Zwischenlagerzeit geführt werden.
    7. Es muss beschrieben werden, wie die Sicherstellung der Unterkritikalität bis zum tatsächlichen Ende der Aufbewahrung im ESTRAL gewährleistet werden soll.
    8. Für die Bewertung aller Ereignisse in der Störfallanalyse wird nicht die real zu erwartende Aufbewahrungszeit, sondern nur eine Aufbewahrungszeit von 40 Jahren berücksichtigt.
    9. Es sollte in dem UVP-Verfahren auch potenzielle Auswirkungen eines gezielten Absturzes eines Verkehrsflugzeugs untersucht werden.
    10. Auch wenn die Mauerstärke einen besseren Schutz gewährleistet als an anderen Standorten, sollte dargelegt werden, dass dieser Schutz sicherheitstechnisch ausreichend ist. Es ist davon auszugehen, dass ein „erfolgreicher“ Beschuss mit einer panzerbrechenden Waffe auf die Behälter möglich ist und erhebliche Auswirkungen auf die Bevölkerung in der Umgebung des ESTRAL haben wird.

Bitte unterschreiben Sie leserlich. Sie können zusätzlich persönliche Einwendungen schreiben. Die Antragsunterlagen finden Sie im Internet unter: https://www.base.bund.de/DE/themen/ne/zwischenlager/standorte/zln.html. Sie liegen bis zum 11. April 2022 aus.

Die Liste bis zum 07.04.2022 bitte unterschrieben zurückschicken an Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Mecklenburg-Vorpommern, Wismarsche Straße 152, 19053 Schwerin oder direkt an die Genehmigungsbehörde: Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE), Wegelystraße 8, 10623 Berlin.

Dirk Seifert